Stellenabbau nach Bankenfusion:Bittere Briefe im Advent

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Radikaler Jobabbau bei der neuen Commerzbank: Tausende Mitarbeiter werden wohl gehen müssen. Einigen Dresdner-Bank-Vorständen soll bereits am Sonntag mit dem Rausschmiss gedroht worden sein.

Wer nach der Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank gehen muss, wollen die Banken Mitte Dezember bekannt geben. Einigen Dresdner-Bank-Vorständen soll bereits am Sonntag mit Entlassung gedroht worden sein.

Commerzbank-Chef Martin Blessing (vorne), Allianz-Chef Michael Diekmann (links, Mitte) und der Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank Herbert Walter (hinten). (Foto: Foto:)

Jobabbaupläne bis Mitte Dezember

"Um es klar zu sagen: Wir brauchen in Zukunft keine zwei Konzernzentralen mehr, in denen zwei Abteilungen das Gleiche machen." Klare Worte von Commerzbank-Finanzvorstand Eric Strutz. Kurz vor Weihnachten wird es ernst für die Beschäftigten: Bis Mitte Dezember sollen die Pläne der Dresdner Bank und der Commerzbank für den angekündigten Stellenabbau feststehen. "Gespräche mit den Betriebsräten beider Häuser werden wir schon in diesem Monat aufnehmen", kündigte Dresdner-Bank-Chef Herbert Walter an. "Wir haben schon mit den Betriebsräten besprochen, dass es betriebsbedingte Kündigungen bis 2011 nicht geben wird und sie auch danach vermieden werden sollen."

Von insgesamt 6500 Stellen in Deutschland sollen 2200 Jobs im Bereich Privat- und Geschäftskunden wegfallen. Dies werde durch die Zusammenlegung von Filialen erreicht, teilte die Commerzbank mit. Die Zahl der gemeinsamen Zweigstellen soll demnach von 1540 auf 1200 reduziert werden. Weitere 2000 Stellen sollen im Bereich Service gekappt werden, etwa durch die Zusammenführung der Rechenzentren der Banken. 1600 Stellen würden in der Konzernführung gestrichen. Insgesamt will die Commerzbank 9000 Arbeitsplätze abbauen.

Betriebsbedingte Kündigungen als "letztes Mittel"

Der Stellenabbau solle "so sozialverträglich wie möglich" erfolgen, teilte die Bank weiter mit. Betriebsbedingte Kündigungen seien "das absolut letzte Mittel". Der Stellenabbau solle demnach durch einen Einstellungsstopp bewerkstelligt werden. Daneben werde es ein Abfindungsprogramm geben, Arbeitskräfte sollten konzernintern weitervermittelt werden. Instrumente wie Vorruhestand oder Altersteilzeit würden derzeit noch geprüft, erklärte die Commerzbank. Insgesamt werde sich der Stellenabbau "aus unserer Sicht zu einem Großteil auf das Investment-Banking fokussieren", erklärte die Bank.

Commerzbank und Allianz hatten die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank am Sonntagabend offiziell bekannt gegeben. Die neue Bank hat Konzernangaben zufolge insgesamt elf Millionen Privatkunden in Deutschland.

Widerstand im Dresdner-Bank-Vorstand

Im Vorstand der Dresdner Bank hatte es nach Informationen des Manager-Magazins erheblichen Widerstand gegen den Verkauf des Unternehmens an die Commerzbank gegeben. Am Sonntag hätten bis auf Vorstandschef Herbert Walter alle Vorstandsmitglieder gegen den Verkauf gestimmt, schrieb das Blatt in seiner Online-Ausgabe. Von der Dresdner Bank war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Hauptgrund für den Widerstand seien offenbar fehlende Arbeitsplatzgarantien, schrieb das Magazin weiter. Der einzige Dresdner-Bank-Vorstand, der in das Leitungsgremium des gemeinsamen Instituts einziehen soll, ist Bankchef Walter.

Verzögerungen am Sonntag

Laut dem Bericht sollen die Juristen der Dresdner-Bank-Eigentümerin Allianz den rebellierenden Bankvorständen, unter ihnen Privatkundenchef Andreas Georgi und Investmentbanker Stefan Jentzsch, mit der sofortigen Entlassung gedroht haben. Als die Topmanager dies als Nötigung zurückgewiesen hätten, habe die Allianz kurzfristig eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen und den Dresdner-Bank-Vorstand verpflichtet, dem Verkauf zuzustimmen.

Wegen dieser Auseinandersetzungen habe sich die Entscheidung über den Verkauf am Sonntag bis in die Abendstunden verzögert, schrieb das Manager Magazin weiter.

Für die Commerzbank fiel die Börsenreaktion auf die Übernahme der Dresdner Bank am Montag vernichtend aus. Anleger am deutschen Aktienmarkt stießen Commerzbank-Papiere in großem Stil ab und sorgten so für Kursverluste von bis zu neun Prozent auf 18,24 Euro. Das belastete auch den Dax, der 0,7 Prozent auf 6380 Punkte fiel. Commerzbank-Aktien machten knapp ein Drittel der Dax-Umsätze aus.

Leidenszeit für Commerzbank-Aktionäre

Investoren sehen zwar strategische Vorteile für die Commerzbank in der Übernahme der Dresdner, senkten aber angesichts des Kaufpreises von knapp zehn Milliarden Euro den Daumen. "Hohe Restrukturierungskosten und die Ausgabe neuer Aktien im Tausch für eine Verluste schreibende Einheit werden die Gewinne der Commerzbank belasten", urteilte Marktanalyst Heino Ruland von FrankfurtFinanz.

"Die Aktionäre der Commerzbank werden einige Jahre zu leiden haben." Auch die angepeilten Synergien von fünf Milliarden Euro sind aus Sicht der Börsianer mehr als ambitioniert gerechnet, zudem sei der geplante Stellenabbau nicht einfach umzusetzen.

Der Dresdner-Mutterkonzern Allianz sei bei dem Deal hingegen der Gewinner. "Sie sind ihr Sorgenkind los und haben einen ordentlichen Preis bekommen", sagte ein Händler. Allianz-Aktien hielten sich leicht im Plus.

Nach der Bankenübernahme warten Anleger nun auf Bewegung bei der noch verbliebenen Braut Postbank. "Die Frage, was macht eine Deutsche Bank, um der nun wieder größeren Konkurrenz auf dem deutschen Markt zu begegnen, bleibt latent im Markt", sagte ein Börsianer. "Irgendein Schritt wird kommen, aber es ist unsicher, ob dass die Postbank sein dürfte".

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/AP/jkr/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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