Standort München:So geliebt und so teuer

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München hat sich als Top-Standort in Europa etabliert. Besonders begehrt sind innerstädtische Lagen.

Peter Horn

Nicht überrascht hat viele Marktbeobachter offenbar, dass die von den USA ausgelöste Finanzkrise am deutschen Bürovermietungsmarkt bisher kaum Wirkung gezeigt hat. Denn fast unbeeindruckt davon entwickelten sich die lokalen Märkte weitgehend positiv. Das trifft auf den Investmentbereich zu, aber auch auf die Flächennachfrage. Angesichts geringer Leerstände haben es Firmen deshalb nicht immer einfach, geeignete Räumlichkeiten in ausreichendem Maße zu finden.

Überregional gilt München schon länger als Top-Standort für Immobilieninvestitionen. (Foto: Foto: dpa)

Vor allem in den bevorzugten Lagen herrscht eher ein Mangel. Überregional gilt München schon länger als ein Top-Standort für Immobilieninvestitionen. So hat sich die Stadt im "European Regional Economic Growth Index 2007'" (E-Regi) gerade um fünf Plätze verbessert und Paris von Platz zwei verdrängt. Damit dürfte München gleich nach London der für Investoren attraktivste Immobilienstandort in Europa sein. Bewertet werden im Index 14 Kriterien, die eine Region für Investoren interessant machen. Unter anderem zählen dazu Wirtschaftswachstum, Kaufkraft und Wohlstand. Doch auch im aktuellen "Zukunftsatlas 2007'" der Prognos AG, der die Standortqualitäten aller 439 kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland untersucht, liegt München an der Spitze.

Stabiles Wachstum

Die ersten beiden Plätze belegen der Landkreis sowie die Stadt München. Das Ranking wird anhand verschiedenster makro- und sozioökonomischer Indikatoren ermittelt. Warum schneidet München so gut ab? Unter anderem hängt das mit der gut diversifizierten Wirtschaftsstruktur in Bayern zusammen.

In der Landeshauptstadt verstärken sich diese Vorzüge eher noch. Schwerpunkte bilden wachstumsstarke Branchen. Vorn dabei: Finanzdienstleister, Versicherungen, Forschung und IT-Firmen.

Die Arbeitslosigkeit liegt auf einem niedrigen Niveau. Mit 5,2 Prozent liegt sie in München deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von neun Prozent. Dadurch ist die Kaufkraft hier besonders hoch, was wiederum einen positiven Effekt auf die Entwicklung des Einzelhandels hat. Wenn es um Kaufkraftvergleiche geht, nehmen Stadt und Landkreis München einen der ersten Plätze in Deutschland ein. Dass sich das natürlich auf die Immobilienpreise auswirkt, ist die Kehrseite der Medaille. Nirgendwo in Deutschland kosten Einzelhandelsimmobilien so viel wie in München.

Der Maklerfirma Atisreal zufolge liegen die Preise etwa bei dem 20- bis 23-Fachen der Jahresmiete. Auch die Mietpreise sind deutlich höher als im Durchschnitt. Atisreal stellt fest: Münchens "gute Stube" hat ein "Dauerabonnement auf den Spitzenplatz der bundesweiten Einzelhandelshöchstmieten". In Bestlagen der Kaufinger Straße und der Neuhauser Straße müssen etwa 260 Euro pro Quadratmeter gezahlt werden, immerhin 40 Euro mehr als auf der Zeil in Frankfurt.

Neben dem Einzelhandelsmarkt profitiert inzwischen auch der Büroimmobilienmarkt von der Wirtschaftskraft. Als bedeutender Bürostandort hatte München viele Jahre stark unter dem Niedergang der sogenannten "New Economy" gelitten. Der Leerstand war in dieser Zeit stark angestiegen. Denn neue Flächen kamen erst zu einem Zeitpunkt auf den Markt, als die Konjunktur bereits einbrach.

Seit 2004 sinkt der Leerstand jedoch wieder, auch aufgrund geringerer Bautätigkeit. Nach Angaben des Beratungsunternehmens Jones Lang LaSalle ging der Leerstand von 9,6 Prozent im Jahr 2004 auf 8,7 Prozent Ende 2007 zurück. Der Büromarkt dürfte von der kontinuierlich steigenden Zahl von Bürobeschäftigten profitieren, ist sich die Agentur Feri Rating&Research sicher. "Die Zuwachsraten werden über dem bundesweiten Durchschnitt liegen, was vor allem mit dem sich überdurchschnittlich entwickelnden Dienstleistungs- und Informationstechnologie-Sektor zusammenhängt", sagt Analyst Wolfgang Kubatzki.

München: bundesweit höchster Flächenumsatz und nach Frankfurt die teuersten Mietpreise für Büros. (Foto: Foto: SZ)

Auch die IVG Immobilien AG sieht sie in ihrem aktuellen Immobilien-Barometer vom 3.Quartal 2007 ganz vorn. Der Büromarkt entwickle sich von Quartal zu Quartal mit enormen Nachfrage- und Umsatzzuwächsen sehr positiv. "Der Jahresgesamtumsatz wird bei deutlich mehr als 700000 Quadratmetern liegen und die Leerstandsquote unter neun Prozent", berichtet Jürgen Schmid, Niederlassungsleiter der IVG Asset Management GmbH.

Die Entwicklung ist insgesamt also positiv. "Derzeit nutzen allerdings viele Mieter die auch in guten Lagen vorhandenen Leerstände und die noch günstigen Mieten, um in höherwertige Flächen umzuziehen. Innerstädtische Lagen sind besonders gefragt, hier ist bereits eine Verknappung des Angebots zu verzeichnen", sagt Klaus Kirchberger, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bayerischen Bau und Immobilien Gruppe in München.

In den nächsten Jahren sei mit steigenden Mieten und einem weiteren Abbau der Leerstände zu rechnen, mittelfristig auch in den Nebenlagen von München. "Vom Rekordniveau aus dem Jahr 2000 mit den sehr hohen Mieten und Kaufpreisen bei geringem Leerstand ist München derzeit allerdings noch weit entfernt", stellt Kirchberger fest. Auch der Münchner Wohnimmobilienmarkt ist für Investoren attraktiv: Im aktuellen Feri-Wohnimmobilienmarkt-Rating belegt München unter 67 deutschen Städten Platz 2 nach Starnberg. Das Bevölkerungswachstum liegt entgegen der Entwicklung in Deutschland im zweistelligen Bereich und die Zahl der Haushalte stieg in den letzten zwei Jahrzehnten stärker als die Zahl der Einwohner.

"Um die Wohnungsversorgung in München sicherstellen zu können, müssten jährlich mehr als 7000 Wohnungen gebaut werden", rechnet Kirchberger vor. Mit durchschnittlich fast 6000 Wohnungen pro Jahr sei der Wohnungsneubau in den vergangenen Jahren zwar stabil gewesen, habe jedoch niedriger gelegen als die von der Stadt angestrebte Zielgröße. "Die Diskrepanz zwischen Bevölkerungsentwicklung und Wohnungsneubau führt zu einem Versorgungsdefizit. Die unvermindert wachsende Nachfrage bei gleichzeitigem Wohnraumdefizit lässt langfristig die Mieten steigen", sagt Kirchberger. Laut Mietspiegelindex des Instituts Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt liegen die Mieten in München um 60 Prozent höher als im bundesdeutschen Durchschnitt. "Wer langfristig plant, in Wohnungen zu investieren, für den sind die Rahmenbedingungen günstig", so Kirchberger.

JLL-Deutschlandchef Christian Ulbrich sieht, wie zum Trost, auch für den Rest Deutschlands keinen Grund, in "tiefe Depression zu fallen".

© SZ vom 18.01.2008/ang - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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