Société Générale:Einzeltäter oder Sündenbock?

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In der milliardenschweren Betrugsaffäre bei der Société Générale werden immer mehr Details bekannt. Während das Finanzministerium die Bank als unschuldiges Opfer eines Einzeltäters sieht, haben die Verteidiger des Aktienhändlers eine andere Theorie.

Der Börsenhändler Jérôme Kerviel, der der französischen Bank Société Générale (SG) einen Schaden von fast fünf Milliarden Euro zugefügt haben soll, hat nach Angaben von Finanzministerin Christine Lagarde offenbar alleine gehandelt.

Wieviel Schuld trägt die Bank an dem Zocker-Skandal? (Foto: Foto: AFP)

Es gebe gegenwärtig keinen Grund zu glauben, dass nicht er als Einzelperson verantwortlich sei, sagte die Ministerin am Montag. Auch die SG selbst hat erklärt, Kerviel habe allein gehandelt. Die Bank korrigierte den angerichteten Schaden am Montag leicht nach unten auf 4,82 Milliarden Euro.

Trotz der Milliardenverluste kann die Bank nach Einschätzung der Regierung selbstständig bleiben. Die Bank stehe nicht unter Zwang, mit einem anderen Institut zu fusionieren, sagte Lagarde.

Außerdem konnte das Pariser Finanzministerium bisher kein Fehlverhalten des Instituts festgestellt. Es gebe keinen Grund, daran zu zweifeln, "dass die Bank das gemacht hat, was sie nach den Bestimmungen tun musste", sagte Lagarde. Nun stelle sich die Frage, "wie verhindert werden kann, dass so etwas wieder vorkommt". Lagarde wird demnach bis Freitag Premierminister François Fillon entsprechende Vorschläge vorlegen.

Die Société Générale wirft Kerviel vor, Kontrollen der Bank für nicht erlaubte Spekulationen ausgehebelt zu haben, die zu einem Verlust von 4,9 Milliarden Euro führten.

Der 31-Jährige befindet sich seit Samstag in Polizeigewahrsam. Am Montag soll entschieden werden, ob gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Kerviels Anwalt Christian Charrière-Bournazel ging von einem Ermittlungsverfahren aus. Es gebe aber aus seiner Sicht keinen Grund, seinen Mandanten in Haft zu lassen, sagte er im Sender Europe 1.

Die Société Générale hat wegen der Affäre Klage wegen Unterschriftenfälschung und Angriffs auf ihre Computersysteme eingereicht. Ein Kleinaktionär hat daneben wegen Betrugs geklagt.

Bei einer Verurteilung könnten Kerviel bis zu fünf Jahre Haft drohen. Der Händler, der Termingeschäfte auf Aktienindizes wie den deutschen Dax tätigte, durfte normalerweise nur kaufen, wenn er im gleichen Maße verkaufte. Dennoch habe er Positionen von "ungefähr 50 Milliarden Euro" aufgebaut, teils verschleiert durch fiktive Gegengeschäfte. Dazu habe er sich unter anderem Ausführungscodes anderer Händler besorgt und Dokumente gefälscht, um die fiktiven Operationen zur Verschleierung seiner Geschäfte zu tätigen.

Die Bank habe Kerviels Positionen nach der Entdeckung angesichts der Höhe des Risikos dann ab dem 21. Januar "so schnell wie möglich" verkauft, hieß es weiter. Dies sei bis zum 23. Januar erfolgt. Dabei habe die Bank versucht, nicht mehr als acht Prozent des Handelsvolumens durch die Verkäufe zu erzeugen, um keine zu starken Schwankungen auf den Märkten zu erzeugen. Angesichts der schlechten Börsenlage sei dem Institut am Ende ein Verlust von 4,9 Milliarden Euro geblieben.

Kerviels Anwälte werfen der Bank dagegen vor, durch eine Panikreaktion, einen Großteil der nun Kerviel zugeschriebenen Verluste verursacht zu haben. Demnach gehen 4,5 Milliarden Euro auf die Notverkäufe der Bank ab dem 21. Januar. Gleichzeitig behaupten die Verteidiger, die Société Générale habe Kerviel zum Sündenbock gemacht, um die Aufmerksamkeit von Verlusten durch die US-Immobilienkrise abzulenken.

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/AFP/woja/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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