Regierung mischt sich ein:Postbank soll deutsch bleiben

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Beim Verkauf der Postbank zieht die Bundesregierung einen deutschen Wettbewerber als Käufer vor.

Thomas Fromm und Claus Hulverscheidt

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bevorzugt dem Vernehmen nach eine deutsche Lösung, um den Bankenstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb zu stärken.

Von Steinbrück wird beim geplanten Verkauf der Postbank in den kommenden Monaten vieles abhängen: Er kann jede Entscheidung des Haupteigentümers, der Deutschen Post, blockieren. Der Finanzminister besitzt im Fall der Postbank ein vertraglich vereinbartes Vetorecht. Schon allein dies dürfte ausländische Banken von einem Gebot abhalten. Allerdings ist das Vetorecht bis Ende des Jahres befristet.

Zugleich kann der Minister auch über den Aufsichtsrat der Post Einfluss auf die Entscheidung nehmen. In dem Kontrollgremium sitzt sein Staatssekretär Werner Gatzer. Steinbrück will jedoch zunächst abwarten, welche Lösung Post-Chef Frank Appel präsentiert. "Erst wenn sein Vorschlag auf dem Tisch liegt, werden wir uns damit befassen", hieß es in Regierungskreisen.

Interesse ausländischer Banken nimmt ab

Nicht zuletzt wegen der starken Stellung Berlins während des Bieterverfahrens war das Interesse ausländischer Banken an der Postbank in den vergangenen Wochen stark geschrumpft. Nachrichtenagenturen meldeten am Donnerstag, dass deswegen bereits mehrere Banken abgewunken hätten.

"Wir sehen die Gefahr, dass wir nur deswegen in den Bieterprozess geholt werden, um den Preis für die Postbank nach oben zu treiben", sagte ein hoher Manager einer ausländischen Großbank kürzlich.

"Angesichts des Vetorechts der Bundesregierung und der bekannten Präferenzen der Regierung ist dies für uns nicht sinnvoll." Die Regierung verfolgt das Ziel, dass mit dem Kauf der Postbank durch einen hiesigen Konkurrenten ein zweites großes Kreditinstitut von internationalem Rang neben der Deutschen Bank entsteht.

Unterdessen stellt die Post die Weichen für einen raschen Verkauf ihrer Bank. Interessenten sollen nach Angaben aus Finanzkreisen "relativ kurzfristig" Einblick in die Bücher der Tochter erhalten.

Es wird damit gerechnet, dass der Verkauf noch im Laufe dieses Jahres unter Dach und Fach kommt. Wie es weiter heißt, wird derzeit ein sogenannter Datenraum eingerichtet. Wer Details aus den Büchern der Bank wissen will, kann diese bereits im Juli in diesem Raum einsehen.

Noch ist vollkommen offen, wer den Zuschlag für die größte deutsche Privatkundenbank bekommt. Neben einer Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank gilt ein Dreierbündnis von Postbank, Commerzbank und der Allianz-Tochter Dresdner Bank als wahrscheinliches Szenario.

Dies sei jedoch nur "eine Möglichkeit von 23 verschiedenen Optionen", sagte Commerzbank-Finanzchef Eric Strutz am Donnerstag in Frankfurt.

Arbeitnehmer gegen neue Großbank

Die Arbeitnehmervertreter wollen sich mit aller Macht gegen die Bildung einer neuen nationalen Großbank stemmen. Sie rechnen damit, dass in einem solchen Fall bis zu 20.000 Arbeitsplätze verloren gehen.

Jörg Reinbrecht von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gibt sich kampfbereit: "Die Postbank ist unser bestorganisierter Betrieb. Wer sie verkauft, muss sich auf erbitterten Widerstand einstellen." Die Arbeitnehmervertreter ziehen einen Zusammenschluss mit einer ausländischen Großbank vor, da hier weniger Arbeitsplätze abgebaut werden dürften.

Branchenkreise schätzen den Preis der Postbank zurzeit auf etwa zwölf Milliarden Euro. Über diesen Betrag dürfte jedoch noch zu verhandeln sein: Laut Finanzkreisen wird wegen der befürchteten Proteste zurzeit über eine Klausel im Kaufvertrag diskutiert, mit der ein größerer Arbeitsplatzabbau in den kommenden Jahren ausgeschlossen werden soll.

Völlig unklar ist auch, welche Struktur die neue Großbank haben wird. Insbesondere bei einem Zusammengehen von Postbank, Dresdner und Commerzbank wären etliche Punkte zu klären. "Hier gibt es unter den Beteiligten noch völlig unterschiedliche Vorstellungen", hieß es in Finanzkreisen.

Manche Manager wollten alle drei Marken erhalten, andere bevorzugten einen einheitlichen Namen für die drei Institute. Völlig ungeklärt sei auch die Frage, ob die Postbank ihre Dienstleistungen bei einem Verkauf an einen deutschen Investor weiterhin in den gemeinsamen Filialen mit der Post anbieten würde.

© SZ vom 6.6.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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