Prostitution in der Nachbarwohnung:Belastung für die Hausgemeinschaft

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Wohnungseigentümer müssen es nicht dulden, wenn eine Prostituierte Kunden in der Wohnung empfängt.

Andrea Nasemann

Wohnungseigentümer müssen es nicht hinnehmen, wenn der Mieter in seiner Wohnung Freier empfängt. Im Gegenteil: Prostitution im Haus kann ein Kündigungsgrund sein. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am 7. Juni 2004 entschieden (20 W 59/03).

Im vorliegenden Fall hatten die Wohnungseigentümer in ihrer Hausordnung festgelegt, dass die gewerbliche Nutzung der Wohnungen nicht erlaubt sei. Eine solche gewerbliche Nutzung liegt aber vor, wenn in einer Mietwohnung Prostitution ausgeübt wird.

Zudem bringe eine solche Nutzung, die ständig mit wechselnden Kunden verbunden ist, naturgemäß eine außerordentliche Belastung der Hausgemeinschaft mit sich, so die Richter. Konkrete Beeinträchtigungen der anderen Bewohner müssten daher nicht weiter nachgewiesen werden. Daran ändert auch das seit Ende 2001 geltende Prostitutionsgesetz nichts, durch das die juristische Diskriminierung von Prostituierten beendet werden sollte.

Der Vermieter wird schon deshalb seinem unliebsamen Mieter kündigen, weil die Nachbarn Mietminderung geltend machen können. Und wenn eine überhöhte Miete vereinbart wurde, die nur durch wirtschaftliche Ausbeutung der Prostituierten erwirtschaftet werden kann, ist schon der Mietvertrag nichtig.

Plüschiges Ambiente als Nachteil

Bei einer Eigentumswohnanlage können unter Umständen auch die Miteigentümer gegen Prostitution im Haus vorgehen. Zwar entschied der Bundesgerichtshof schon vor Jahren, dass ein Grundstücksnachbar keinen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch geltend machen kann, wenn keine Beeinträchtigungen von außen wahrnehmbar sind, sondern nur sein sittliches Empfinden verletzt wird.

Das Bayerische Oberste Landesgericht bezweifelte überdies, dass eine Wertminderung der übrigen Teileigentumseinheiten anzunehmen ist, wenn in einer Teileigentumseinheit der Prostitution nachgegangen wird (Beschluss vom 8. September 2004, 2Z BR 137/04).

Kommt es aber auf dem Anwesen zu ungewollten Konfrontationen mit dem Geschehen, die als anstößig empfunden werden können, haben die Wohnungseigentümer gute Karten. Dies war hier der Fall.

Jeder Bewohner oder Besucher, der das Gebäude betrat, musste damit rechnen, von Freiern nach dem "Puff" gefragt zu werden. Im Aufzug lagen Kondome herum, und die Aufzugtür öffnete sich unversehens auf der Bordelletage - mit Blick auf das plüschige Ambiente. Eine ungewollte Perspektive, vor allem für Familien mit Kindern. Daher, so das Bayerische Oberste Landesgericht, liege bei der gebotenen typisierenden, das heißt verallgemeinernden Betrachtungsweise ein Nachteil vor, den die anderen Teileigentümer nicht hinnehmen müssen.

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