Private Equity:Rüffel von den Pensionsfonds

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In Deutschland wurden sie als Heuschrecken beschimpft, jetzt geraten Private Equity-Fonds auch in den USA in die Kritik: Den mächtigen Pensionsfonds ist ihr Vorgehen zu riskant und Star-Investor Warren Buffet wirft ihnen Plünderung von Firmen vor.

Andreas Oldag

Sie gelten als die tolldreisten Kerle der Finanzmärkte: Die Manager der mächtigen Beteiligungsgesellschaften wie Blackstone, Kohlberg Kravis Roberts (KKR), Carlyle oder Texas Pacific Group verwalten immer gut gefüllte Kriegskassen, um weltweit auf Einkaufstour zu gehen.

In Deutschland wurden Private Equity-Fonds als Heuschrecken bezeichnet, nun wird auch in den Vereinigten Staaten immer mehr Kritik laut. (Foto: Foto: AP)

Mit den Milliarden treiben sie selbst mächtige Wirtschaftsbosse vor sich her - vor allem, seit sie zunehmend die ihnen anvertrauten Anlegergelder zusammenlegen, um gemeinsam immer größere Konzerne zu kaufen.

Kritik kommt von den mächtigen Pensionsfonds

Doch mit diesen so genannten "Club Deals" bringen die Manager der Beteiligungsgesellschaften zunehmend ihre Investoren gegen sich auf und schaffen sich so eine Opposition, die womöglich mächtiger ist als alle politischen Kritiker: Die Pensionsfonds, die Milliarden für die Altersvorsorge der Amerikaner bei den Beteiligungsgesellschaften anlegen.

Paradebeispiel ist die vor kurzem verkündete 33-Milliarden-Dollar-Übernahme des US-Krankenhausbetreibers HCA durch ein Konsortium unter Führung von KKR, Bain Capital und Merrill Lynch Global. Die Akquisition übertrifft sogar den bislang größten Erwerb des Nahrungsmittelkonzerns RJR Nabisco für 25 Milliarden Dollar (19,8 Milliarden Euro) durch KKR im Jahr 1988.

Übernahme von Freescale umstritten

Die an diesem Montag bekannt gewordene mögliche Übernahme des amerikanischen Chipherstellers Freescale durch Texas Pacific, Blackstone und Permira für etwa 16 Milliarden Dollar gehört ebenfalls zu den umstrittenen Geschäften.

Denn die Manager der Pensionsfonds fürchten, dass "Club Deals" zu einer allzu starken Konzentration von Risiken führen. "Scheitert ein Geschäft, könnte das die gesamte Branche in Turbulenzen bringen", heißt es in Fonds-Kreisen.

Fonds bekommen kalte Füße

US-Pensionsfonds haben 22 Prozent ihres Kapitals in Private-Equity-Firmen gesteckt. Zwar haben sie damit selbst den Boom dieser Kapitalanlagegesellschaften angeheizt. "Doch jetzt bekommen die Fonds offenbar kalte Füße. Sie haben Angst vor ihrer eigenen Courage", sagt ein Wall-Street-Banker.

Der Trend zu Allianzen zwischen Private-Equity-Gesellschaften steht nach Ansicht von Experten im Zusammenhang mit wachsenden Problemen der Branche, geeignete große Übernahmekandidaten zu finden. Blackstone-Präsident Tony James räumte im Wall Street Journal ein, dass sein Unternehmen zunehmend Mühe habe, Anteilseigner börsenotierter Unternehmen zu überzeugen, die von Beteiligungsgesellschaften umworben werden.

Warren Buffet wirft den Private Equity-Gesellschaften Plünderung vor. (Foto: Foto: Reuters)

Auch die höheren Zinsen in den USA wirken sich negativ aus: Die schuldenfinanzierte Übernahme von Unternehmen ist viel teuerer geworden.

Vorjahresrekord wird übertroffen

Immerhin wird es in diesem Jahr noch gelingen, den Vorjahresrekord zu übertreffen: So betrug das Volumen der von Beteiligungsgesellschaften eingefädelten Übernahmen bis Juni 73 Milliarden Dollar - im gesamten Jahr 2005 waren es 93 Milliarden. Weltweit wird die Branche nach Schätzung der US-Analysefirma Private Equity Intelligence 2006 mindestens 280 Milliarden Dollar sammeln.

Private Equity ist der Oberbegriff für die Kapitalbeteiligung privater und institutioneller Anleger an einer Firma, die in der Regel nicht an der Börse notiert ist. Bei einem so genannten "Leveraged Buyout" setzen Beteiligungsfirmen möglichst viel Fremdkapital ein, um eine hohe Rendite auf ihr Kapital zu erzielen. Die Zinsen werden der übernommenen Firma aufgebürdet, die so finanzielle Probleme bekommen kann.

Warren Buffet spricht von Plünderung

"Buy it, strip it, flip it" (Kaufe es, plündere es, schnippe es weg) - die Praktik sorgt für hohe Renditen, hat aber auch zum schlechten Ruf der Branche beigetragen. Harsche Kritik an Private-Equity-Firmen übt unter anderem der milliardenschwere US-Investor Warren Buffett. Er wirft den Gesellschaften vor, Unternehmen auszuplündern.

Die Debatte um Nutzen oder Schaden von Private-Equity-Gesellschaften wird zwar in den USA weniger ideologisch geführt als in Deutschland. Doch in Washington wächst der Druck, die weitgehend unregulierte Branche zu beschränken.

Vorbild Hedge-Fonds

Vorbild könnte die Anmeldepflicht von Hedge-Fonds sein, die die US-Börsenaufsicht SEC vor kurzem beschlossen hat. Die SEC-Auflagen werden allerdings derzeit vor amerikanischen Gerichten angefochten.

Für die SEC geht es um die heikle Frage, wie das Verhältnis zwischen Regulierung und Deregulierung austariert werden soll. Lobbyisten der Private-Equity-Branche in Washington weisen darauf hin, dass "Leveraged Buyouts" ein Ergebnis der Regulierung börsennotierter Firmen sind.

Die wenden sich deshalb von der Börse ab und suchen nach anderen Wegen zur Kapitalaufnahme. Vor allem das 2002 verabschiedete Sarbanes-Oxley-Gesetz gegen Bilanzbetrug hat zum Verdruss in den Chefetagen beigetragen, weil es viel Bürokratie bedeutet.

Die Chefs wollen nicht länger von Behörden gegängelt werden

"Wieviel Zeit muss ein Firmenchef heute aufwenden, um sich um irgendwelche Untersuchungen der Börsenaufsicht zu kümmern oder aber sich zu sorgen, ob vierteljährliche Quartalsberichte den Erwartungen der Investoren entsprechen?", fragt John Marren, Partner von Texas Pacific. Die Chefs seien es leid, von Behörden gegängelt zu werden und würden deshalb einen Rückzug von der Wall Street favorisieren.

"Wenn man eine börsennotierte Firma führt, ist man ständig an die Volatilität der Erträge gebunden", sagt Christobal Conde, Chef von SunGard Data Systems. Der kalifornische Softwareanbieter wurde im vergangenen Jahr mit einem 11,3 Milliarden Dollar schweren "Buyout" privatisiert - daran beteiligt waren insgesamt sieben Private-Equity-Firmen. Er könne sich viel besser um die Zukunftsstrategie von SunGard kümmern als früher, als die Firma an der Börse notiert war, sagt Conde.

Manager können kräftig kassieren

Dafür kann der Chef des privatisierten Unternehmens auch kräftig kassieren. Nach Unterlagen der US-Börsenaufsicht SEC haben die Top-Manager große Aktienoptionen als Privatisierungsprämie erhalten - allein bei Conde könnten es laut Wall Street Journal leicht 149 Millionen Dollar sein. Eine Privatisierung erweist sich für die Manager eines Unternehmens häufig als "Jackpot".

"Die Stärke von Private-Equity-Firmen sind ihre großzügigen Vergütungen", konstatiert Wirtschaftsprofessor Josh Lerner von der Harvard Business School. Eine Interessenüberschneidung droht allerdings: Eigentlich ist das Management auch den Kleinaktionären eines bislang an der Börse notierten Unternehmens verpflichtet.

© SZ vom 12.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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