Pressestimmen zur US-Zinssenkung:"Die Fed riskiert viel"

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Die Entscheidung von US-Notenbankchef Ben Bernanke, die Zinsen zu senken, wird von der internationalen Wirtschaftspresse unterschiedlich bewertet. In einem sind sich aber alle einig: Durch ihr Eingreifen hat die Fed endlich Stärke gezeigt.

Financial Times

Ben Bernanke: Seine ünerraschende Entscheidung erntet international Lob und Tadel. (Foto: Foto: dpa)

"Die Federal Reserve hat mit ihrer Zinssenkung um 75 Basispunkte ein Signal gesetzt, um die Deflation zu verhindern. (.......) Unter normalen Umständen wäre das besorgniserregend, doch angesichts der Schlagzeilen über einbrechende Immobilienpreise und einer drohenden Rezession ist die Gefahr wohl gering, dass nun eine Inflationsspirale von höheren Löhnen und Preisen in Gang gesetzt wird. Alle Wirtschaftsdaten sprechen für geringere Zinsen, obwohl diese Entwicklung eigentlich bereits bei der letzten Fed-Sitzung im Dezember absehbar war. (......) Aber die US-Notenbank muss auch die Umkehr ihrer heutigen Politik akzeptieren: Wenn sich die Wirtschaft stabilisiert, müssen die Zinsen so schnell steigen, wie sie gefallen sind."

New York Times

"Die überraschende Zinssenkung - wie auch das Konjunkturprogramm, das Präsident Bush am Freitag angekündigt hat - sind vor allem wichtig, um zu zeigen, dass die verantwortlichen Stellen bestimmt handeln. Das ist besser als die monatelange Ambivalenz und Verleugnung, die zu der jetzigen Situation geführt haben. (......) Es gibt aber noch keine Garantie, dass es ausreicht, um die Wirtschaft aus dem Loch zu ziehen. (.......) Seit letzten September (.......) haben die Fed und ihr Chairman Ben Bernanke den Eindruck hinterlassen, dass sie auf Entwicklungen reagieren, anstatt sie zu steuern."

Wall Street Journal

"Durch ihre explizite Reaktion auf die Marktentwicklungen nur eine Woche vor der angesetzten Zinssitzung riskiert die Fed viel. Investoren könnten den Schritt als Panikreaktion sehen. (.......) Die nun getroffene Entscheidung könnte dazu führen, dass die Investoren den Erfolg der Notenbank in Zukunft an der Performance der Aktienmärkte und nicht der Wirtschaft als ganzes messen."

The Guardian

"Die übergroße Zinssenkung - drei Mal höher als die übliche Dosis - brachte erhebliche Risiken mit sich. Wenn Investoren glauben, die Fed habe versucht, eine Abschwächung zu bewirken, verdunkelt das den Horizont nur noch mehr. Mit Zinssätzen von 3,5 Prozent werden außerdem Ängste geschürt, die Verantwortlichen hätten ihr Arsenal fast ganz ausgeschöpft. (......) Aber viel wichtiger ist - und das kann bezweifelt werden - ob die Effekte der Zinssenkung eine amerikanische Wirtschaft retten können, die derzeit nur aufgrund eines Rückstands in der Datenerfassung nicht offiziell in der Rezession steckt.

El País

"Die Zinssenkung ist das Eingeständnis der US-Notenbank, dass die Krise wirklich ernsthaft ist. Die Entscheidung ist richtig, aber sie kommt ein wenig zu spät. Die Notenbank hätte schon Ende vorigen Jahres Zinssenkungen vornehmen sollen. Damit hätte sie den Gefahren einer Rezession entgegenwirken können."

© sueddeutsche.de/dpa/ckn/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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