Nachfragen zahlt sich aus:Das Schweigen der Berater

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Anleger können Fonds in vielen Fällen günstiger über die Börse kaufen - doch in der Bank wird ihnen das meist nicht gesagt.

Hans von der Hagen

Bei fünfstelligen Anlagesummen nehmen sich die meisten Kundenbetreuer in der Bank schon ein paar Minuten Zeit für die Beratung. Immerhin lohnt sich das Geschäft auch für die Bank - wenn der Kunde zum Beispiel am Ende Fondsanteile kauft und über den Ausgabeaufschlag indirekt für die Beratung bezahlt. Immerhin drei bis fünf Prozent der Anlagesumme sind das bei gängigen Fonds - wer beispielsweise 15.000 Euro investiert, zahlt leicht 750 Euro seiner Anlagesumme an die Bank statt ins eigene Depot.

Bei der Beratung für den Fondshandel unterlassen es Banken häufig, die Kunden über billigere Formen des Erwerbs zu informieren. (Foto: Foto: John Foxx)

Dass die Fondsanteile schon seit Jahren oft auch ohne Ausgabeaufschlag an der Börse zu bekommen wären, verschweigen die Berater oft - und machen sich damit womöglich schadensersatzpflichtig. Die Bank müsse ihre Kunden unter bestimmten Umständen über die Möglichkeit informieren, heißt es beispielsweise bei der Verbraucherzentrale Bremen.

Aufklärung bei Nachfrage

Sie verweist auf das Wertpapierhandelsgesetz und eine so genannte Wohlverhaltensrichtlinie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin): "Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss dem Kunden vor der Erbringung der Dienstleistung in geeigneter Weise ermöglichen, Informationen über Berechnung, Höhe und Art der Kosten (...) zur Kenntnis zu nehmen, und diese auf Nachfrage erläutern", heißt es in der Richtlinie.

Die Aufklärung über Berechnung und Höhe der Kosten erfordere auch eine Aufklärung, ob es eine Form des Erwerbs gibt, bei der die Gebühren nicht anfallen, sagt der auf Anlegerecht spezialisierte Münchner Rechtsanwalt Werner Meier.

Möglicher Schadensersatz

Auch Philipp Härle aus der Berliner Kanzlei Tilp Rechtsanwälte sieht eine mögliche Schadensersatzpflicht: Das Wertpapierhandelsgesetz verlange von den Banken, auch in einem solchen Interessenkonflikt die Belange des Kunden zu berücksichtigen. Die Wohlverhaltensrichtlinie, auf die sich die Verbraucherberatung stütze, sei zwar für die Gerichte nicht bindend, würde aber regelmäßig zur Urteilsfindung herangezogen.

Trotzdem ist das Thema strittig - womöglich wird erst die geplante EU-Richtlinie für die Finanzmärkte (Mifid) Klarheit schaffen. Selbst eine Sprecherin der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin - also der Institution, die die Wohlverhaltensrichtlinie verfasst hat - zeigt sich vorsichtig: "Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage gibt es keine eindeutige Verpflichtung der Banken, auf den möglichen Erwerb über die Börse hinzuweisen."

Beim Bundesverband deutscher Banken kann man deshalb derweil keine Verletzung der Auskunftspflicht erkennen: Per "Basisinformationen über die Vermögensanlage in Wertpapieren" würden die Kunden über den Börsenhandel aufgeklärt. Die Pflichtlektüre für den Kleinanleger liegt in den Schalterhallen aus.

Lieber selber nachrechnen

Zumindest teilweise bekommen die Lobbyisten Unterstützung vom auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Darmstädter Rechtsanwalt Markus Trenkler. Bei Fondsanteilen gebe es - anders als bei Aktien - keinen Börsenvorrang. Wenn eine Bank am Handel von Investmentfonds an der Börse gar nicht teilnehme - und dazu sei sie nicht verpflichtet - dann müsse sie auch nicht über die Möglichkeit informieren.

Falls doch, sieht aber auch Trenkler eine Hinweispflicht. "Es liegt ja in der Natur der Sache, dass die Rentabilität der Kapitalanlage - die sich auch aus den Anschaffungskosten ableitet - elementarer Zweck einer Kapitalanlage ist und damit auch Gegenstand der Beratung sein muss", sagt er.

Kauf über die Börse kann auch teurer sein

Allerdings muss die Beratung nicht immer zugunsten des Fondshandels ausgehen. Denn mitunter kann der Kauf über die Börse auch teurer sein als der bei der Bank. Vor allem dann, wenn die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis hoch ist. Zusätzlich fällt eine Handelsprovision an, die bei Filialbanken bei rund einem Prozent liegt. Deshalb kann der Ausgabeaufschlag die günstigere Alternative sein.

Auch bei der Rückgabe können Anleger den Verkauf über die Börse erwägen. Zwar nehmen die Fondsgesellschaften die Anteile ohne Gebühren zurück, doch zu welchem Kurs die Rücknahme erfolgt, sieht der Kunde meist erst danach. Beim Verkauf an der Börse kennt er jedoch den Preis, zu dem er den Verkauf auslöst. Allerdings zahlt er in diesem Fall eine Provision an die Bank.

© SZ vom 5.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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