Machtvoller Vorstoß in den USA:Obama will Wall Street scharf kontrollieren

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Es ist die größte Finanzmarktreform seit 75 Jahren: Die US-Notenbank darf Geldinstitute und Hedgefonds künftig lückenlos überwachen.

Nikolaus Piper, New York

US-Präsident Barack Obama hat umfassende Kontrollen und schärfere Regeln für die Wall Street verkündet. Ein 100-Seiten-Dokument des Finanzministeriums umreißt die größte Finanzmarktreform in den USA seit mehr als 75 Jahren. An den Märkten solle künftig "verantwortungsbewusstes Handeln und nicht Gier und Rücksichtslosigkeit" belohnt werden, sagte Obama. Die Notenbank erhält zusätzliche Vollmachten. Eine neue Behörde soll die Verbraucher besser schützen.

Obama geht neue Wege - und will strengere Regeln für die Wall Street. (Foto: Foto: ddp)

Lücken in der Regulierung der Finanzmärkte gelten als eine der zentralen Ursachen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Eine Reform ist unabdingbar, um wieder Vertrauen in das globale Finanzsystem zu bringen. Die US-Regierung will nun die größten Mängel beseitigen. "Ich werde entschlossen vorgehen, um den angerichteten Schaden an der Wirtschaft zu beheben", sagte Obama.

Im Zentrum der Reform steht die US-Notenbank, die mit neuen Kompetenzen ausgestattet wird. Die Federal Reserve (Fed) soll künftig alle großen Finanzinstitute der USA überwachen, einschließlich deren Auslandstöchter. Dazu werden auch Versicherungen gehören. Spekulative Hedgefonds müssen sich, anders als bisher, registrieren lassen und bestimmte Regeln einhalten. Droht eine Bank zahlungsunfähig zu werden, kann die Fed sie nach Rücksprache mit dem Finanzministerium unter Zwangsverwaltung stellen. Damit soll eine ungeordnete Insolvenz wie bei der Investmentbank Lehman Brothers im September verhindert werden.

Neue Behörde

Als zweiten Schritt sieht die Regierung eine neue Behörde für Verbraucherschutz vor. Sie soll das Geschäft mit Kreditkarten und Hypotheken überwachen. Während des Immobilienbooms waren viele US-Familien auf unseriöse Geldverleiher hereingefallen und sind nun, in der Krise, ruiniert. Die Behörde soll dafür sorgen, dass Verbraucher Finanzprodukte verstehen, sie wird aber keine Grenzen für Kreditkartenzinsen verordnen können, wie Verbraucherschützer verlangt hatten. "Mit den heute vorgeschlagenen Reformen wollen wir Regeln schaffen, die Innovationen fördern und den Missbrauch eindämmen", sagte Obama.

Im Gegensatz zu Empfehlungen wird der Präsident an der verwirrenden Vielfalt von acht US-Regulierungsbehörden fast nichts ändern. Um zu verhindern, dass wie bisher die Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Behörden ausgenutzt werden, soll ein Rat für Finanzmarktaufsicht entstehen. Die Regulierung der US-Finanzmärkte wurde im Wesentlichen 1933 nach der Weltwirtschaftskrise eingeführt. Ziel sei nun eine Neuordnung, "wie wir sie seit den Reformen nach der Großen Depression nicht mehr gesehen haben", sagte Obama.

Für viele Maßnahmen braucht der Präsident Gesetze, die der Kongress beschließen muss. Das Verfahren birgt dabei für die Regierung Risiken. Vielen Abgeordneten ist die Machtfülle der Fed bereits jetzt zu groß. Bei den Republikanern gibt es Widerstand gegen mehr Staatseinfluss auf die Wirtschaft, manchen Demokraten gehen Obamas Pläne nicht weit genug.

Interessenvertreter der Banken kündigten Proteste an, weil sie höhere Kosten fürchten. Ihnen hielt Obama entgegen: "Das bisherige System hat uns an den Rand der Katastrophe gebracht. Das sollte niemand vergessen." Wie wirksam die neuen Regeln sein werden, hängt auch von Details ab, die bisher noch nicht feststehen. Dazu gehören Vorschriften für die Bezahlungsstruktur von Bankmanagern, für den Handel mit komplexen Finanzprodukten und für das Eigenkapital der Banken.

© SZ vom 18.06.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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