Kursrutsch an den Börsen:Angst vor weltweiter Finanzkrise

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Investoren warnen vor "beispiellosen Störungen" an den Kapitalmärkten - die Notenbanken helfen deswegen mit Milliarden.

Martin Hesse und Ulrich Schäfer

Die führenden Notenbanken der Welt haben zum zweiten Mal binnen zwei Tagen in die Krise an den Finanzmärkten eingegriffen. Sie stellten Banken erneut Milliarden zur Verfügung, um zu verhindern, dass das Geld knapp wird. An den Aktienmärkten sackten die Kurse dennoch weiter ab. Am Abend erholten sich die US-Börsen allerdings leicht.

An den globalen Finanzmärkten kursiert die Angst vor einer Kreditkrise, die das Wirtschaftswachstum bremsen könnte. Die Europäische Zentralbank (EZB), die amerikanische Notenbank Federal Reserve sowie andere wichtige Zentralbanken pumpten deshalb am Freitag erneut große Summen in das Bankensystem, um das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen. Allein die EZB stellt über das Wochenende gut 61 Milliarden Euro bereit, die die Geschäftsbanken kurzfristig ausleihen können.

Am Donnerstag hatte die europäische Notenbank den Banken bereits kurz entschlossen 95Milliarden Euro geliehen, damit diese über genug Geld verfügen. Auch die amerikanische Notenbank gab am Freitag erneut 38 Milliarden Dollar in das Bankensystem.

Gemeinsame Aktion

Zuvor hatten sich auch die Zentralbanken Japans, Australiens, Kanadas und der Schweiz an der Aktion beteiligt. Zu einem solch drastischen Eingriff hatten sich die Währungshüter zuletzt nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 entschlossen.

Damals wie heute zogen Investoren aus Furcht vor Verlusten rund um den Globus kurzfristig enorme Summen aus den Finanzmärkten ab. Als Ausgangspunkt für die aktuelle Krise gilt der amerikanische Immobilienmarkt. Nach einem jahrelangen Boom fielen dort in den vergangenen Monaten die Preise in sich zusammen.

Zehntausende amerikanische Hausbesitzer konnten ihre Hypothekenkredite nicht mehr abbezahlen, mehrere Banken sowie Fonds gerieten in Not. Deshalb steht den Finanzmärkten eine Kettenreaktion bevor. Investoren zogen zuletzt Geld aus allen riskanten Anlagen ab, zahlreiche Fonds gerieten in Schieflagen. In Deutschland konnte die Mittelstandsbank IKB nur durch eine Rettungsaktion privater und öffentlicher Banken sowie der Bundesregierung vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. Das Düsseldorfer Institut hatte sich am US-Hypothekenmarkt verspekuliert.

Leichtes Minus des Dow-Jones-Index

Die Finanzspritzen der Notenbanken sorgten im späten Handel für eine leichte Beruhigung. Der Dow-Jones-Index lag zum Börsenschluss nur 0,23 Prozent im Minus. Tags zuvor hatte das wichtigste Börsenbarometer in den USA, fast drei Prozent an Wert verloren. Der Deutsche Aktienindex Dax schloss mit einem Verlust von 1,48 Prozent.

Der TecDax, der vor allem Aktien von Hightech-Unternehmen enthält, verlor 3,7 Prozent. Ähnlich hoch waren die Verluste an den übrigen Börsen in Asien und Europa. "Überall wird Kasse gemacht, alle bauen ihr Risiko ab", sagte Händler Dirk Müller vom Brokerhaus ICF Kursmakler.

"Wenn sich Notenbanken rund um den Globus zu so etwas veranlasst sehen, dann ist Feuer unter dem Dach", sagte Müller der Nachrichtenagentur Reuters. Am Abend teilte allerdings der Internationale Währungsfonds mit: "Die Neubewertung des Kreditrisikos, die gerade stattfindet, wird beherrschbar sein."

Die größte amerikanische Hypothekenkreditfirma Countrywide Financial teilte mit, sie leide unter den ,,beispiellosen Störungen'' der Kapitalmärkte. Die Aktien des Unternehmens brachen um etwa ein Fünftel ein. Das Wall Street Journal berichtete zudem, dass die amerikanische Börsenaufsicht die Bücher mehrerer großer Banken prüfe. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehe die Frage, ob die Banken das Risiko bei hochspekulativen Kreditgeschäften korrekt verbucht hätten.

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