Kursjagd an Chinas Börsen:"Vorsicht vor der Aktienblase"

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Die chinesischen Indizes sprengen alle Rekorde. Doch nun mehren sich Spekulationen, dass die Regierung ein Abkühlungsprogramm für die überhitzte Finanzwelt plant.

Janis Vougioukas

Die Lage am chinesischen Aktienmarkt bleibt wackelig. Die Talfahrt in Schanghai und Shenzen setzte sich zu Handelsbeginn am Donnerstag fort, allerdings wurden die Abschläge bis Geschäftsende aufgeholt. Am Vortag hatte der Shenzhen-Index 7,62 Prozent verloren; das war der stärkste Kurseinbruch in den vergangenen zehn Jahren.

Ende Januar wurden chinesische Anleger durch einen Preisverfall von fünf Prozent erstmals gewarnt. (Foto: Foto: AP)

Am Donnerstag sank das Börsenbarometer zeitweise um gut drei Prozent, konnte die Verluste jedoch wieder ausgleichen und endete mit einem leichten Plus. Zuvor hatte Cheng Siwei, Vizevorsitzender des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses und einer der einflussreichsten Wirtschaftspolitiker des Landes, vor einer Überhitzung der Aktienmärkte gewarnt.

Warnung der Anleger

"Der Markt ist aufgebläht. Investoren sollen sich über die Risiken im Klaren sein", zitierte ihn die Financial Times. Nur jede dritte börsennotierte Firma gelte auch nach internationalen Standards als gutes Investment, sagte Cheng. "In einem Boommarkt investieren viele Leute vergleichsweise irrational. Investoren glauben, dass sie gewinnen können, aber viele werden verlieren. Das ist ihr Risiko und ihre Entscheidung."

Viele Anleger verstanden Chengs deutliche Worte als Warnung. Denn kein anderer chinesischer Politiker hat bisher in vergleichbarer Form die Entwicklungen auf dem Aktienmarkt gegeißelt. Chinesische Medien und Analysten spekulierten, Chengs Warnung könnte ein Abkühlungsprogramm der Regierung ankündigen. Auch der Chef der Börse in Schanghai warnte in einem im Internet veröffentlichten Schreiben vor "Risiken".

Shanghai als Börsen-Superstar

Nach jahrelanger Baisse entwickelten sich die chinesischen Börsen im vergangenen Jahr zu internationalen Stars. Der Schanghaier Composite Index kletterte im vergangenen Jahr um 130 Prozent. 137 Neuemissionen mit einem Volumen von umgerechnet knapp 50 Milliarden US-Dollar gab es 2006 in China, und ständig wurden neue Rekordwerte aufgestellt.

Vor allem der erfolgreiche und international viel beachtete Börsengang der Industrial and Commercial Bank of China im vergangenen Oktober wirkte auf Unternehmer und Investoren wie eine Adrenalininjektion.

Seit einigen Wochen mehren sich die kritischen Stimmen. Der Markt sei um 400 bis 450 Punkte überbewertet, urteilte Ba Shusong vom Wirtschaftsforschungszentrum des Pekinger Staatsrates bereits Mitte Januar. "Vorsicht vor der Aktienblase", warnte der renommierte Ökonom Andy Xie im Finanzmagazin Caijing.

Regierung versucht gegenzusteuern

Auch die Regierung beobachtet den Aktienboom mit wachsender Sorge und hat bereits erste Maßnahmen ergriffen, um den Markt vor allzu großer Überhitzung zu schützen. Investmentfonds müssen das Tempo für die Auflage neuer Anlageprodukte künftig verlangsamen.

Die Pekinger Bankenaufsicht hat die Geldinstitute angewiesen, den Kapitalzufluss auf den Aktienmarkt zu drosseln. Doch viele Marktexperten halten weitere Kursverluste für möglich. "Demnächst ist mit weiteren Korrekturen zu rechnen, da einige Aktien überbewertet sind", sagte She Minhua von China Securities.

Doch die positive Grundstimmung ist noch nicht verflogen. "Kurzfristige Korrekturen werden die Bullenstimmung nicht abschwächen", sagte Qiu Zhicheng, Analyst der Haitong Securities. Einige Marktbeobachter begrüßten den Kurseinbruch vom Mittwoch. Denn stufenweise Kursverluste sind leichter zu verkraften als ein plötzlicher Knall.

© SZ vom 02.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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