Krise in Russland:Der Rubel rutscht gefährlich ab

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Russlands Regierung hat bereits ein Drittel der Devisenreserven verbrannt, um den Fall der Währung zu stoppen. Sie befürchtet, dass die Anleger in Panik geraten könnten.

S. Zekri

Der Rubel rutscht trotz milliardenschwerer Stützungskäufe in die Nähe einer psychologisch wichtigen Marke. Seit August hat die russische Zentralbank 200 Milliarden Dollar und damit ein Drittel ihrer Währungsreserven in Stützungskäufe investiert, dennoch näherte sich die russische Währung am Montag einer erst vor wenigen Wochen proklamierten Untergrenze.

(Foto: Foto: Reuters)

Im Januar hatte die Notenbank garantiert, dass der Rubel innerhalb einer Spanne von 26 bis 41 Rubel für einen Korb aus Euro und Dollar bleibt. Am Montag aber lag das Verhältnis für das Währungsgemisch bei 40,80 Rubel.

Vor elf Jahren hatten der Staatsbankrott und die radikale Abwertung des Rubel über Nacht das Vermögen von Millionen vernichtet. Um eine Panik unter den Sparern zu vermeiden, hat sich die russische Führung diesmal zu einer allmählichen Anpassung entschlossen.

Fast ein Drittel verloren

Seit Herbst wurde der Rubel über 20-mal abgewertet, insgesamt hat er 30 Prozent verloren. Analysten vermuten, dass Spekulanten auf die Abwertung des Rubel setzen und die Währung unter Druck setzen.

Mit Spannung wird deshalb erwartet, was sich die Zentralbank die Verteidigung ihrer selbstgesetzten Marke von 41 Rubel für den Euro-Dollar-Korb in den nächsten Tagen kosten lässt. Dass der Rubel eine internationale Leitwährung wird, wie es der russische Präsident Dmitrij Medwedjew noch vor Monaten propagierte, ist heute undenkbar.

Verglichen mit der auftrumpfenden Haltung der Vorjahre ist die russische Führung ohnehin kleinlaut geworden. Auf dem Wirtschaftstreffen in Davos verzichtete Premierminister Wladimir Putin fast auf seine gewohnten Ausfälle gegen den Westen und warnte zum Erstaunen aller stattdessen vor dem schädlichen Einfluss des Staates in der Wirtschaft. In Wahrheit gelten die Verquickung von Staat und Wirtschaft, die Bildung riesiger staatlicher Industriekonglomerate auf oberster Ebene und behördliche Willkür auf unterer als ein Grund für die Kapitalflucht.

Im vergangenen Jahr haben ausländische Investoren 130 Milliarden Dollar abgezogen, hat Finanzminister Alexej Kudrin zugegeben. In diesem Jahr rechnet er mit einer Kapitalflucht von bis zu 110 Milliarden Dollar.

Für ein Land mit schwacher Infrastruktur und dünner Kapitaldecke ist das ein herber Schlag. Dabei hat gerade die Krise gezeigt, wie eng Russland inzwischen mit dem Westen verbunden ist: Ausländische Investoren besaßen große Anteile an russischen Unternehmen, nach ihrer Flucht ging der russische Aktienmarkt in die Knie.

Tausende demonstrieren

Ohne ausländische Geldgeber und ausländisches Know-how aber kann Russland seine Gas- und Ölreserven nicht erschließen. Zudem haben russische Unternehmer ihre internationalen Einkaufstouren mit Krediten in London oder New York finanziert, nun hoffen sie auf den russischen Staat, der ihre Verbindlichkeiten übernehmen soll.

Russlands Wirtschaft wird nach zuletzt sieben Prozent Wachstum in diesem Jahr schrumpfen. Auf Putins Anweisung berechnet Kudrin gerade einen Nachtragshaushalt, der nicht mehr von 95 Dollar pro Barrel Öl ausgeht, sondern von 41. Die politischen Folgen sind nicht absehbar. Am Wochenende hatten in ganz Russland Tausende Menschen demonstriert.

Die Zahl der Arbeitslosen ist bislang nur moderat gestiegen, dafür haben viele Unternehmen auf Kurzarbeit umgestellt oder zahlen keine Löhne. Bislang bemüht sich die Regierung, Kürzungen bei den Sozialausgaben zu vermeiden, sie hat ein Programm zur Belebung des Arbeitsmarktes aufgelegt. Am Freitag aber erklärte der erste Vizepremier Igor Schuwalow, die Regierung werde "höchstwahrscheinlich" ihre Ausgaben kürzen.

© SZ vom 03.02.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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