Kreditverkäufe:Mauern bauen ums schnelle Geld

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Die Koalition macht Druck: Banken sollen nicht mehr so einfach Immobilienkredite weiterverkaufen können. Damit geraten auch wieder einmal die "Heuschrecken" in den Fokus der Regierung.

Claus Hulverscheidt

Manfred Webers Wort hat Gewicht im politischen Berlin. Wenn der Hauptgeschäftsführer des mächtigen Bundesverbands deutscher Banken bei Gesetzgebungsverfahren Position bezieht, dann kann er gewöhnlich davon ausgehen, dass er unter den Experten aus Ministerien und Bundestagsfraktionen viele aufmerksame Zuhörer findet.

Diesmal jedoch könnte der Chef-Lobbyist der großen deutschen Geldhäuser auf Granit beißen, denn selten gab es im Parlament über alle Parteigrenzen hinweg einen solch beinahe unheimlichen Gleichklang wie derzeit: Die zunehmende Praxis vieler Banken, Immobilienkredite ihrer Kunden ohne viel Federlesens an andere Finanzhäuser oder gar eine der berüchtigten "Heuschrecken" zu verkaufen, muss strenger geregelt werden.

Werden sich Union und SPD in den kommenden Wochen auch über die Details einig, könnte es mit einer gesetzlichen Neuregelung ungewöhnlich schnell gehen. Denn das Bundesfinanzministerium hat in dem vom Kabinett bereits verabschiedeten sogenannten Risikobegrenzungsgesetz eigens einen sehr allgemein gehaltenen Passus zum Thema Kreditverkäufe eingebaut, der im Zuge der parlamentarischen Beratungen durch konkrete Vorschriften ersetzt werden kann. "Der Bundestag wird diese Blankostelle im Gesetzgebungsverfahren füllen", heißt es vielsagend in Regierungskreisen. Offiziell geht es in dem Gesetz gar nicht um Kreditverkäufe, sondern um vermehrte Meldepflichten für hochspekulative Hedge-Fonds und Beteiligungsgesellschaften, also für "Heuschrecken".

Hinweise von den Banken eingefordert

Einvernehmen zwischen den Koalitionspartnern herrscht bereits darüber, dass die Banken ihre Kunden zunächst einmal deutlich darauf hinweisen müssen, dass ein Kredit weitergegeben werden kann. "Viele Menschen wissen das ja gar nicht", sagt Otto Bernhardt, Finanzexperte der CDU/CSU-Fraktion. Zudem müsse ein Institut, das verkaufen wolle, den betroffenen Schuldnern mindestens sechs Wochen im Voraus Bescheid geben. Darüber hinaus wird in der Union diskutiert, die Banken aufzufordern oder gar zu verpflichten, ihren Kunden künftig nichtveräußerbare Darlehen zu einem leicht höheren Zinssatz anzubieten.

Strittig zwischen Union und SPD ist noch die Frage, ob dem Kunden für den Fall eines Kreditverkaufs ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt werden soll. Zwar hat diese Idee auch bei CDU und CSU viele Anhänger. Die Union fürchtet jedoch, dass der Handel mit Krediten zum Erliegen käme, wenn im Falle einer Sonderkündigung keine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss. Mit dieser Entschädigung ersetzt der Gläubiger der Bank im Normalfall die entgangenen Zinseinnahmen. Nach Ansicht der SPD sind die Kunden aber gar nicht in der Lage, eine solche Entschädigung zu leisten, weil ihnen das Geld fehlt.

Auch die Grünen sind in der Frage eines Sonderkündigungsrechts noch unentschieden. Sie wollen aber im Gesetz in jedem Fall einen sogenannten "obligatorischen Sanierungsversuch" verankern, wie ihr Finanzexperte Gerhard Schick erklärt. Dahinter verbirgt sich die Pflicht des Gläubigers, vor einer Zwangsvollstreckung - und damit dem Rauswurf des Kreditnehmers aus seinem Haus - den Versuch einer Umschuldung zu unternehmen. Darüber hinaus verlangt die Partei, dass nicht nur künftige Schuldner von einer gesetzlichen Neuregelung profitieren sollen, sondern auch die vielen hunderttausend Menschen, die bereits heute über ein Darlehen verfügen. "Hier springt die Große Koalition bisher eindeutig zu kurz", so Schick.

So weit wie die Grünen will die marktliberale FDP nicht gehen. Dass es Handlungsbedarf gibt, räumt jedoch auch Vizefraktionschef Carl-Ludwig Thiele ein. Er fordert vor allem eine Unterscheidung zwischen Kreditnehmern, die ihre Zins- und Tilgungsraten in der Vergangenheit regelmäßig gezahlt haben, und jenen, denen dies nicht gelungen ist. "Wer selbst vertragsbrüchig geworden ist, darf sich nicht beschweren, wenn sein Kredit verkauft wird", erklärt Thiele, der im Übrigen vor allem auf mehr Aufklärung der Kunden durch die Banken setzt.

Linke überlegt noch

Noch nicht endgültig positioniert hat sich die Linke. "Die Tendenz geht aber dahin, dass wir für den Bereich der Unternehmensdarlehen deutlich höhere Transparenzpflichten verlangen und den Verkauf von Privatkrediten ganz verbieten wollen", sagt der zuständige Fraktionsexperte Axel Troost. "Wenn jetzt auch Sparkassen mit solchen Verkäufen anfangen, ist wirklich die Grenze erreicht."

Vor einem Verbot des Kredithandels warnt wiederum die Regierung. "Durch den Verkauf von Forderungen werden in den Büchern der Banken Eigenmittel frei, die dann zur Unterlegung neuer Darlehen verwendet werden können", heißt es in Regierungskreisen. "Ist das nicht mehr möglich, ist am Ende ebenfalls der Verbraucher der Dumme: Er kriegt nämlich keinen Kredit mehr."

© SZ vom 3./4.11.2007/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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