Koalition: Steuerflucht härter bekämpfen:Die Angst der Kanzlerin

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Die Minister Steinbrück und Guttenberg verständigen sich auf eine härtere Gangart im Umgang mit Steuersündern - und zerschlagen so eine Befürchtung von Kanzlerin Merkel.

Claus Hulverscheidt

Nach wochenlangem Streit hat sich die große Koalition auf einen Gesetzentwurf zur schärferen Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht verständigt. Ein Regierungssprecher sagte am Montagabend, das Finanz- und das Wirtschaftsministerium hätten letzte Unstimmigkeiten ausgeräumt. Damit kann der Gesetzesantrag am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden, nachdem er zuvor bereits mehrere Male von der Tagesordnung der Ministerrunde hatte gestrichen werden müssen.

Endlich einig: Finanzminister Steinbrück (links) und Wirtschaftsminister Guttenberg. (Foto: Foto: dpa)

Mit der Reform will Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) es Unternehmen und Bürgern erschweren, Geld am Fiskus vorbei in Drittstaaten zu schleusen und Kapitaleinkünfte auf Konten im Ausland vor dem Finanzamt zu verstecken. Wer in Zukunft Geschäfte mit Partnern in sogenannten Steueroasen tätigt, soll nachweisen müssen, dass diese Geschäfte nicht der Steuerflucht dienen. Verweigert der Betroffene die Zusammenarbeit mit den deutschen Finanzbehörden, kann er bestimmte Kosten nicht mehr als Betriebsausgabe von der Steuer absetzen.

Die Union hatte moniert, dass die Regierung damit praktisch alle international tätigen Unternehmen unter den Generalverdacht der Steuerhinterziehung stelle und die Beweislast umkehre. Das Finanzministerium hatte dagegen von "völlig normalen Mitwirkungspflichten" der Steuerzahler gesprochen.

Wenn beide sich durchsetzen

Dem Vernehmen nach verständigten sich Steinbrück und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nun offenbar auf einen Kompromiss, von dem beide behaupten können, sie hätten sich gegen den jeweils anderen durchgesetzt. So kann Steinbrück darauf verweisen, dass es generell bei der Beweispflicht von Firmen und Bürgern bleibt. Zudem dürfen die Finanzämter bei Top-Verdienern im Inland mit einem Jahreseinkommen von mehr als 500.000 Euro verdachtsunabhängige Steuerprüfungen vornehmen. Guttenberg wiederum kann sich zugutehalten, dass in dem Gesetz die einzelnen Länder, die der Bund als Steueroasen betrachtet, nicht namentlich genannt werden.

Dies soll erst in Rechtsverordnungen nachgeholt werden, die nach Angaben aus Unionskreisen aber wohl nicht mehr vor der Bundestagswahl Ende September diesen Jahres erlassen werden können. Im Falle eines Wahlsiegs könnten CDU und CSU somit völlig auf sie verzichten.

Die Angst der Kanzlerin

Dass Guttenberg dem Kompromiss zustimmte, ist der Angst von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) davor geschuldet, dass die SPD die vermeintlich laxe Haltung der Union gegenüber Steuersündern zum Wahlkampfthema machen könnte. Führende Sozialdemokraten hatten bereits damit gedroht. Merkel hatte sich zudem vorhalten lassen müssen, dass sie auf internationaler Ebene für Maßnahmen plädiere, denen sie daheim die Zustimmung verweigere.

Mit der jetzigen Vereinbarung zwischen Union und SPD erhalten Staaten wie etwa die Schweiz mehr Zeit, die international vereinbarten Standards zur Bekämpfung der Steuerflucht umzusetzen, auf die Steinbrück pocht. Die Regierung in Bern hatte dies jüngst zugesagt.

Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums in Berlin räumte allerdings am Montag ein, dass die Regierungen beider Länder noch keinerlei Anstalten unternommen hätten, das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz neu zu verhandeln.

© SZ vom 21.04.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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