Kindervorsorge:Viel Freiheit, wenig Bindung

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Wer sich um die finanzielle Zukunft seines Kindes kümmert, sollte auf Geldanlage statt Versicherungen setzen - und auf Flexibilität

Horst Peter Wickel

Ein Strampler in blau oder rosa, bunte Lätzchen oder die erste Rassel. Neben diesen Klassiker-Geschenken, bekommen viele junge Eltern zur Geburt oder zu Festtagen regelmäßig Geld geschenkt. Doch damit stellt sich gleichzeitig die Frage, wie dieses und auch eigene Ersparnisse für den Nachwuchs sinnvoll anzulegen sind. Verbraucherschützer und Finanzexperten empfehlen eine einfache, flexible Vorgehensweise - und warnen "vor Produkten mit wilden Namen aus der Comicwelt", so die Fachfrau Stefanie Kühn, besser ganz die Finger zu lassen.

Dabei bewerben Kreditinstitute und Versicherungen dasThema Private Altersvorsorge für die ganz junge Zielgruppe besonders stark. Sie versprechen, dass durch einen frühen Versicherungsabschluss dem Kind später eine üppige private Zusatzrente garantiert sei. Selbstverständlich mit der vertraglichen Alternative, bei Bedarf auch früher auf das Geld zurückgreifen zu können.

Merten Larisch, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Bayern gibt sich kritisch und sagt: "Wir nennen diese vom Markt so gerne angebotenen Produkte auch Methusalem-Policen." So stolperten viele Eltern nämlich über die sehr langen Laufzeiten von Rentenpolicen oder auch schon bei Ausbildungspolicen. Um seinem Kind einen guten Start ins Erwachsenenleben zu gewährleisten, "reicht im Grunde eine gute Berufsunfähigkeitsversicherung und eine Risikolebensversicherung", sagt Larisch. Denn beide würden dann zum Tragen kommen, wenn der Hauptverdiener krank wird oder stirbt.

Auch Stefanie Kühns Rat geht in die gleiche Richtung. "Als erstes müssen Eltern ihre eigene Finanzen in Ordnung bringen, sparen für das Kind ist zunächst nachrangig." Oft werde dieser Grundsatz aber nicht befolgt, auch "weil die Versicherungsprodukte für Kinder stark in den Markt gepeitscht werden." Bei den meisten seien aber die Zahlungsbedingungen längst nicht so flexibel, wie sie für moderne Erwerbsbiographien nötig wären. "Wenn der Vater sich selbständig macht, dann müssen die Zahlungen vielleicht auch mal drei Jahre ausgesetzt werden und nicht nur 12 Monate", sagt Kühn. Das ginge meist aber nicht.

Doch noch mal zurück zur Ausgangslage. Fast alle Eltern oder Großeltern starten mit ihren Überlegungen am gleichen Punkt: Später soll für das Kind Geld da sein. Somit ist dieses Ansinnen per Definition eine Frage der Geldanlage und nicht der Versicherung, so die Experten. "Viel rauskommen wird am Ende immer bei kostengünstigen Varianten und bei Produkte, die man auch ein bisschen kontrollieren kann", sagt Larisch. Kontrolle ist für ihn am besten durch Vergleich gegeben. "Suchen Sie sich einen Fondssparplan aus, der auf Grund unabhängiger Ratings gut abgeschnitten hat und der im Zweifelsfall auch austauschbar ist", sagt er. Bei einem Fondssparplan können Beiträge ausgesetzt werden, die Höhe der Zahlungen kann variiert werden und sogar Geld kann entnommen werden.

Bei einer klassischen Ausbildungsversicherung ist dem Verbraucher eine solche Flexibilität und ein solcher Vergleich nicht möglich. "Sie vertrauen dort auf das interne Geld-Management bei einer Gesellschaft, erhalten eine Garantie von 2,25 Prozent und eine vage Aussage zur Überschussbeteiligung" so Finanzexperte Larisch. Merken Eltern nun beispielsweise, dass diese Überschussbeteiligung nicht kommt, gilt meistens der alte Spruch "mitgehangen, mitgefangen". Wegen hoher Stornokosten nehmen viele am Ende vielleicht nur magere 3,5 Prozent Rendite in Kauf.

"Übersichtliche Lösungen stellen hier neben den Fondssparplänen auch insbesondere Tagesgeldkonten dar", sagt Finanzplanerin Kühn. Sie findet, dass gerade letztere eine sehr gute Möglichkeit bieten würden, Geldgeschenke dort einzuzahlen. Viele Menschen möchten nämlich das Aktienrisiko nicht eingehen, auch weil sie es nicht verstehen würden. "Da finde ich es eine sehr gute Idee, die Zinsen eines Tagesgeldkontos mitzunehmen", sagt Beraterin Kühn. Ein solches Konto bieten deutsche Institute derzeit mit bis zu 4,3 Prozent Verzinsung an.

Entscheidet sich eine Familie doch für einen Fonds, so kann bei einem kleinen Kind ruhig in einen Mischfonds oder einen Aktienfonds investiert werden, lauten die gängigen Empfehlungen. Hier gleichen sich Schwankungen über die Laufzeit aus. Bei einem Kind, das vielleicht schon zehn Jahre alt ist, raten Experten schon eher zu einem defensiveren Rentenfonds. Wer nun monatlich in einen Mischfonds 100 Euro nach Abzug von Steuern und Kosten anlegt und von einer momentan realistischen Rendite von fünf Prozent ausgeht, der kann nach 20 Jahren mit 40 000 Euro rechnen. "Zur Million, die sich viele Eltern wünschen, ist es ein weiter und utopischer Weg", sagt Larisch.

Bei der Verbraucherzentrale erlebt er momentan, dass viele Anbieter Kunden mit Versicherungen locken, weil sich so angeblich Steuern sparen ließen. Doch Finanzexperte Larisch sagt: "Mit diesem Argument packe ich doch nur Geld in eine solche Versicherung, wenn ich wirklich nennenswerte steuerliche Vorteile geltend machen kann." Für ein Kind gelte dies aber nicht. Da sei es viel klüger, 7864 Euro zusätzlich steuerfreie Kapitalerträge zu kassieren, wenn ein Konto auf den Namen des Kindes liefe.

Kühn gibt zu bedenken, dass dieser Schritt jedoch gut zu überlegen sei. "Läuft erstmal Geld auf den Kindsnamen und die Eltern müssen daran, vielleicht für den Hausbau, dann ist das oft schwierig." Insgesamt ist ihr bei der richtigen Geldanlage für Kinder aber wichtig, dass Eltern klar wird, wie viel auch mit kleinen Summen zu erreichen ist. Das gesparte Geld könne ruhig weiter auf den Namen der Eltern laufen. Kühn, die auch Autorin des "Finanzratgebers für Eltern" ist, will das Augenmerk der Anleger darauf richten, dass "bei vielen Modellen mit lockenden, bunten Namen der Versicherungsmantel am Ende Geld und Flexibilität kostet. Und die hohen Wertsteigerungen sind nicht garantiert." Für die Rente könnten die Kinder am besten später selbst sorgen. Und so lange sind ein Teddy oder ein Fahrrad auch nicht zu verachten.

© SZ vom 29./30.03.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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