Immobilienkredite:Schutz für Schuldner

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Neue Regeln für Kreditverkäufe verschaffen Immobilieneigentümern mehr Rechte - wie Betroffene sich künftig wehren können im Überblick.

Thomas Öchsner

Nach langem Hin und Her haben sich Union und SPD auf einen besseren Schutz für Kreditnehmer beim Verkauf von Immobilienkrediten geeinigt. Die Rechte der Verbraucher seien dadurch entscheidend gestärkt worden, heißt es bei beiden Fraktionen. Opposition und Verbraucherschützer sehen dagegen nicht nur Fortschritte. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Kompromiss im Überblick:

Der Gesetzgeber hat die Rechte von Immobilieneigentümern gestärkt - so lässt es sich entspannter bauen. (Foto: Foto: ddp)

Wann tritt das neue Gesetz in Kraft?

Voraussichtlich Ende nächster Woche wird der Bundestag das Maßnahmenpaket verabschieden. Frühestens im August, spätestens im Herbst 2008 sollen die Regelungen dann in Kraft treten.

Wie müssen die Banken über mögliche Kreditverkäufe informieren?

In jedem Immobilien-Kreditvertrag muss künftig ein deutlich gestalteter Hinweis sein, dass die Bank das Darlehen an Dritte verkaufen kann. Ist ein Kreditverkauf erfolgt, muss die Bank den Kunden unverzüglich (aber nicht bereits im Vorfeld) darüber in Kenntnis setzen. Bislang erfuhr der Kunde oft erst durch den Aufkäufer, dass er es mit einem neuen Vertragspartner zu tun hat. Nur wenn die Bank - trotz der Abtretung des Darlehens an Dritte - weiter nach wie vor der einzige Ansprechpartner des Kreditnehmers bleibt, muss sie den Kunden nicht informieren. Entscheidender Vorteil dieser neuen Offenheit: "Ob Häuslebauer oder mittelständischer Unternehmer, keiner muss in Zukunft einen Hypothekenkredit bei einer Bank aufnehmen, die auf ihr Recht pocht, den Kredit jederzeit an Dritte verkaufen zu können. Der Kunde kann sich auch ein anderes Institut suchen, das darauf von vorneherein verzichtet", sagt Arno Gottschalk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen.

Was ändert sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)?

Viele Banken haben AGB, mit denen sie sich vom Kunden von vorneherein das Recht geben lassen, Kredite abtreten zu dürfen. Die Zustimmung gibt der Kunde mit seiner Unterschrift - wobei vermutlich viele das Kleingedruckte in den AGB gar nicht lesen. Diese AGB-Klauseln dürfen die Banken künftig nicht mehr verwenden.

Was passiert, wenn der Darlehensvertrag ausläuft?

Bislang waren die Banken nicht immer verpflichtet, ihre Kunden darüber zu informieren. In Zukunft müssen die Gläubiger drei Monate vor Änderung oder Auslaufen des Darlehensvertrags mitteilen, ob sie eine Anschlussfinanzierung gewähren oder das Kreditverhältnis nicht verlängern. Nach Ansicht von Gottschalk kann sich diese neue Pflicht nur auf Verträge beziehen, bei denen das Darlehen zum Ende der Zinsfestschreibung auch fällig wird. "In diesen Fällen sind die drei Monate aber zu spät, um genügend Zeit für die Suche nach einer anderen Bank zu haben", sagt Gottschalk. Die CDU/CSU-Fraktion hält dagegen die Frist für ausreichend, um "Vergleichsangebote für eine Anschlussfinanzierung einzuholen".

Seite 2: Sonderkündigungsrecht, unberechtigte Zwangsvollstreckungen und obligatorische Sanierungsversuche.

Gibt es ein Sonderkündigungsrecht?

Nein, auch nicht, wenn der Kredit plötzlich verkauft wird. Verbraucherschützer Gottschalk hält dies für falsch: "Es wäre eine saubere Lösung gewesen, wenn pünktlich und ordentlich bediente Kredite nur mit Zustimmung des Darlehensnehmers veräußert werden könnten." Dafür hatte sich auch die FDP stark gemacht. Nach Ansicht der Oppositionspartei bietet der Kompromiss der Koalition deshalb "keinen ausreichenden Kreditnehmerschutz".

Wann ist ein Kredit notleidend und darf gekündigt werden?

Das neue Gesetz legt erstmals klipp und klar fest: Ein Immobilienkredit ist dann notleidend, wenn der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen und mindestens 2,5 Prozent des Nennbetrags des Darlehens in Verzug ist. Dann darf die Bank den Kredit auch kündigen.

Wird der Schutz vor unberechtigten Zwangsvollstreckungen verbessert?

Immobiliendarlehen werden in Deutschland üblicherweise durch eine Grundschuld abgesichert. Der Kreditnehmer räumt dabei seiner Bank das Recht der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen ein. Eine seriöse Bank macht davon aber nur Gebrauch, wenn der Kunde nicht mehr zahlt. Manche Aufkäufer, die vor allem die Immobilie schnell verwerten wollen, haben dieses Recht aber missbraucht. Das soll künftig erschwert werden. Der Eigentümer kann künftig jedem neuen Gläubiger seine Absprachen mit dem bisherigen Gläubiger entgegenhalten. Dieser kann sich nicht darauf berufen, die sogenannte Sicherungsabrede nicht zu kennen. Unberechtigte Vollstreckungen sollen - ganz unabhängig davon, ob die Bank oder der Aufkäufer dafür verantwortlich ist - mit einem Schadensersatzanspruch sanktioniert werden.

Gibt es die Pflicht zu einem obligatorischen Sanierungsversuch?

Die Grünen hatten dafür plädiert, dass bei notleidenden Darlehen ein Gläubiger vor einer Zwangsvollstreckung - und dem Rauswurf des Kreditnehmers aus seinem Haus - zumindest versuchen muss, mit dem Kunden eine Umschuldung zu erreichen. Diese Forderung blieb unerfüllt. Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, hält dies für einen entscheidenden Mangel im Koalitionspaket.

© SZ vom 20.06.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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