Immobilienkredite:Kaufen, tricksen, plattmachen

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Angst vor skrupellosen Finanzinvestoren: Auch ordentliche Zahler müssen fürchten, dass ihr Hauskredit weiterverkauft wird.

Thomas Öchsner

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries verspricht: "Wir machen es den Banken schwerer." Nach langem Hickhack wollen sich Union und SPD jetzt auf ein Gesetz einigen, um Bankkunden beim Verkauf ihrer Immobilienkredite besser zu schützen. Am Mittwochabend trafen sich Vertreter beider Fraktionen, um letzte Details zu besprechen.

Wer gerade dabei ist, eine Immobilie zu finanzieren, sollte das Kreditinstitut sorgfältig auswählen. (Foto: Foto: dpa)

Für die Bundesjustizministerin ist aber schon jetzt klar: Häuslebauer, deren Hypothekendarlehen an einen Finanzinvestor veräußert wurde, mussten und müssen sich keine Sorgen machen, wenn sie ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt haben.

"Wer seine Raten ordentlich zahlt, hatte auch bislang nichts zu befürchten", sagte die SPD-Politikerin. Betroffene Kreditnehmer und deren Rechtsanwälte berichten jedoch das Gegenteil: Nach ihren Angaben treiben Kreditaufkäufer auch pünktliche und ordentliche Zahler in die Zwangsvollstreckung - mit raffinierten Methoden.

Der Abwehrzins

Gefährlich kann es für Kunden mit einem verkauften Kredit immer dann werden, wenn sie ein neues Darlehen brauchen, weil die Laufzeit ihres alten Kredits zu Ende geht. Ein Finanzinvestor hat in der Regel gar kein Interesse, den Kreditvertrag über längere Zeit fortzuführen. "Das sind keine Banken, die von der Kreditvergabe leben. Ihnen geht es um die schnelle Verwertung der Immobilie", sagt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Julius Reiter, der als Sachverständiger im Finanz- und Rechtsausschuss des Bundestags zum Thema Kreditverkauf auftrat.

Manche Aufkäufer stellen deshalb das komplette Restdarlehen fällig. Oder aber sie verlangen für eine kurzfristige Weiterführung des Kredits extrem hohe Zinsen. Die SZ berichtete zum Beispiel über einen Finanzinvestor, der für einen Überbrückungskredit von sechs Monaten mehr als neun Prozent Zinsen kassieren wollte.

Nach Ansicht von Reiter handelt es sich hier um "Abwehrzinsen, die darauf abzielen, ohne Rücksicht auf den Kunden das Vertragsverhältnis schnell zu beenden."

Nun könnte der Kreditnehmer versuchen, bei einer Bank eine Anschlussfinanzierung zu finden. Dies ist jedoch schwierig. "Ein Kunde, dessen Kredit verkauft wurde, hat für die Banken einen gewissen Makel. Solche Leute nehmen die Geldhäuser nicht gerne, obwohl die pünktlichen Zahler unter diesen Kreditnehmern ja gar nichts dafür können, dass ihr Kredit verkauft wurde", sagt Reiter.

Die Sicherheit

Der Kreditaufkäufer behauptet, der Wert des finanzierten Objekts sei auf Grund von veränderten Konstellationen am Immobilienmarkt gefallen. Vom Kunden werden neue Sicherheiten verlangt. Er kann diese aber nicht vorlegen. "In so einem Fall kann der Kreditaufkäufer das Darlehen kündigen und in die Zwangsvollstreckung gehen", erläutert Reiter. Dagegen könne sich der Kreditnehmer mit einer Vollstreckungsabwehrklage wehren. "Es sind für ihn nun aber höchst unangenehme Fakten geschaffen. Zum Beispiel hat er dann einen negativen Eintrag bei der Schufa", so der Anwalt.

Die Grundschuld

Immobiliendarlehen werden durch eine Grundschuld abgesichert. Der Kreditnehmer räumt dabei der Bank das Recht der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen ein. Das geht in Ordnung, solange - wie vom Gesetzgeber vorgesehen - dieses Recht nur dann genutzt wird, wenn der Kreditnehmer vertragsbrüchig wird und nicht zahlt.

"Einige Finanzinvestoren missbrauchen dieses formale Recht aber in krimineller Weise. Sie betreiben aus der Grundschuld die Zwangsvollstreckung, obwohl der Kunde vielleicht seine Raten wie vereinbart bezahlt hat", sagt der Münchner Honorarprofessor Martin Schütte. Schütte war selbst 15 Jahre im Vorstand der Hypo-Bank und der Hypo-Vereinsbank.

Die Zwangsverwaltung

Wer im Besitz der Grundschuldurkunde ist, kann auch die Zwangsverwaltung beantragen. Nach Angaben von Schütte gibt es Finanzinvestoren, die dieses Verfahren gerne bei gewerblichen Kreditnehmern anwenden, die für die Abzahlung von Darlehen auf Mieteinnahmen aus Immobilien angewiesen sind. In diesem Fall gehen die Mieten an den Zwangsverwalter, der davon seine eigenen Kosten abzieht. "Die Folge kann sein, dass der Eigentümer der Immobilien seine Kredite nicht mehr abbezahlen kann. Dadurch wird künstlich ein Grund geschaffen, die Kredite zu kündigen", sagt Schütte. Auch hier bleibt dem Kreditnehmer nur der finanziell aufwendige Klageweg.

Betroffenen Kreditnehmern bleibt deshalb nichts anderes übrig, als einen Rechtsanwalt einzuschalten. Besser sieht es für Bankkunden aus, deren Kredit noch nicht verkauft wurde: Sie können darauf hoffen, dass das neue Gesetz der Regierungskoalition mehr Schutz bietet. Außerdem können sie versuchen, sich von ihrer Bank rechtsverbindlich zusichern zu lassen, dass ihr Kredit nicht verkauft wird.

Wer gerade dabei ist, eine Immobilie zu finanzieren, kann sich ein Institut suchen, das von vorneherein einen Verkauf zumindest von nicht notleidenden Darlehen ausschließt.

© SZ vom 19.06.2008/jpm/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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