Hypo-Vereinsbank:"Lernen Sie mich kennen. Ich bin ein guter Typ"

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Theodor Weimer hat eine internationale Karriere als Berater hinter sich - von Januar an soll er die Hypo-Vereinsbank führen.

Thomas Fromm

Vor mehr als einem Jahr suchte der damalige Unicredit-Investmentbanking-Chef Sergio Ermotti händeringend nach neuen Talenten für die von München aus geführte Geschäftssparte.

Vor Beginn der Kreditkrise brummte das Kapitalmarktgeschäft, und gute Investmentbanker waren rar. Ermottis Wahl fiel auf einen jungen Mann namens Theodor Weimer, der der deutschen Bankenszene vor allem von der anderen Seite des Schreibtischs bekannt war: Seit Jahren hatte der gebürtige Franke aus Wertheim am Main Institute beraten, drei Jahre lang als Partner beim US-Investmenthaus Goldman Sachs, sechs Jahre bei der Unternehmensberatung Bain & Company, sieben Jahre bei den Beratern von McKinsey.

Ein Jahr nach seinem erfolgreichen Vorstellungsgespräch in Mailand ist der 48-Jährige nun ganz oben angekommen: Im Januar soll er Wolfgang Sprißler als Chef der Münchner Unicredit-Tochter Hypo-Vereinsbank (HVB) beerben, der dem Haus künftig wohl als Berater erhalten bleibt. Bankenkreisen zufolge ist die Ernennung des Chefs der Unicredit-Investmentbanking-Sparte nur noch eine Formalie, die am Mittwoch noch vom Aufsichtsrat der Bank in Mailand abgesegnet werden muss.

"Die Chance soll man ihm geben"

Mit der Berufung des HVB-Neulings ist den Mailändern eine Überraschung gelungen. Selbst in Münchner Bankenkreisen wusste man bis vor kurzem offenbar nicht, wer auf den 62-jährigen Sprißler folgen würde.

Klar ist nur: Weimer war nicht zur HVB geholt worden, um als Nachfolger aufgebaut zu werden. Er habe sich erst "nach und nach dafür empfohlen", heißt es. Weimer weiß, wie das geht: Vor vielen Jahren - er hatte sein Betriebswirtschafts- und Geographie-Studium abgeschlossen - schickte er einen Brief an einen Professor in Tübingen. Damals wollte er unbedingt promovieren und schrieb: "Sie müssen mich mal kennenlernen, ich bin ein guter Typ."

Sprißler und Weimer - schon aufgrund ihrer Historie sind die beiden vollkommen unterschiedlich. Sprißler, der frühere HVB-Finanzvorstand, ist ein Mann der Zahlen. Weimer kennt eine andere Welt: Auf dem Land aufgewachsen und dann angelsächsisch geprägt, jahrelang als Berater unterwegs, ein mobiler Dienstleister der Finanzwelt.

Noch heute, berichten seine Mitarbeiter, nimmt er vier bis sechs Kundentermine in der Woche wahr. "Das wird sich wohl auch nicht ändern, wenn er Chef ist", heißt es. Mehr Gemeinsamkeiten als mit Sprißler hat Weimer mit Unicredit-Chef Alessandro Profumo. Beide waren bei Bain, und beide arbeiteten für McKinsey, bevor sie zur Bank wechselten. So etwas schafft Gemeinsamkeiten und verbindet.

Als Weimer jüngst auf die Auswirkungen der Kreditkrise für den Bankensektor angesprochen wurde, sagte er, die Krise werde sich "weltweit wie ein Teilchenbeschleuniger" auf die Konsolidierung der Finanzwelt auswirken. Sprißler hätte das gewiss anders formuliert.

"Weimer machte jahrelang alles, was anlag, man kam nicht an ihm vorbei", heißt es in der Branche. Zuletzt hatte er Sparkassenpräsident Heinrich Haasis bei dessen Gebot für die Landesbank Berlin beraten; aber auch in München braucht er sich nicht erst tief in die Bücher der Bank einzulesen.

"Er kennt die HVB schon in- und auswendig aus seiner Beratertätigkeit bei Goldman Sachs", heißt es. Immer wieder soll er die Bank beraten haben, viele Manager dort schon seit Jahren kennen. Der Rest ist Berufsgeheimnis. Diskretion ist Pflicht bei einem, der jahrelang die wichtigen Adressen unter Deutschlands Finanzdienstleistern unter seinen Fittichen hatte. Die bekannten Details aus seinem Privatleben sind übrigens recht überschaubar. Nur so viel: Weimer hat Familie.

In der Arbeitnehmerschaft will man zunächst abwarten, wie sich der Neue an der Spitze der Bank macht. "Weimer ist einer, der zuhört und mit dem man diskutieren kann", heißt es. "Sollte sich das in Zukunft ändern, nur weil er Vorstandssprecher der Bank geworden ist, hat er ein Problem."

Manche sind skeptisch, dass ausgerechnet ein früherer Manager des Investmenthauses Goldman Sachs Chef einer Bank mit drei Millionen Privatkunden wird. "Es kommt auf den Mann viel Neues zu", heißt es aus dem Aufsichtsrat des Instituts. "Als Investmentbanker muss er den Spagat zum Kundengeschäft hinbekommen - die Chance sollte man ihm geben."

Zurzeit fliegt Weimer nur alle zehn Tage über die Alpen, heißt es. Künftig wird er wohl öfter als bisher nach Mailand reisen, um dort über die Strategien des Hauses zu sprechen.

Themen gibt es genug: Die deutsche Bankenlandschaft und die Strategien der HVB; die Finanzkrise, die die Bank nach eigenen Worten noch weit bis ins laufende Jahr hinein spüren wird - und nicht zuletzt die juristischen Probleme der Bank mit den Klagen von Kleinaktionären.

© SZ vom 09.04.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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