Hypo Real Estate: Der Bund greift durch:Eine Enteignung, die eigentlich gar keine ist

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Der Bund übernimmt ein Institut, das künstlich am Leben erhalten wird - weil dessen Eigentümer sich als unfähig erwiesen haben.

C. Hulverscheidt

Da soll noch einmal jemand behaupten, Wirtschaft wäre ein dröges, ja emotionsloses Geschäft. Wer sich anschaut, wie hysterisch die CDU auf die geplante Verstaatlichung der Krisenbank Hypo Real Estate (HRE) und die mögliche Enteignung ihrer Aktionäre reagiert, muss zu einem anderen Ergebnis kommen.

Der Bund greift durch - nachdem schon etliche Milliarden in die HRE geflossen sind. (Foto: Foto: istock/AP)

Von "Tabubruch" ist da die Rede, von "Wahnsinn", von "Verrat" gar. Selbst in unionsinternen Runden kreieren die Diskutanten lieber Wortungetüme wie "Rettungsübernahme", als den Begriff "Enteignung" in den Mund zu nehmen. Manchem kommt es vor, als geriete die Welt endgültig aus den Fugen, als wolle ausgerechnet eine CDU-Kanzlerin in Deutschland den Sozialismus wieder einführen.

Das ist, um Angela Merkel selbst zu zitieren, blanker Unsinn. Die Eigentumsgarantie ist ein Eckpfeiler der Verfassung, Enteignungen sind - gegen Entschädigung wohlgemerkt - nur im Ausnahmefall möglich. Die Causa HRE ist ein solcher Ausnahmefall, wobei man sogar fragen kann, ob der Begriff Enteignung hier überhaupt korrekt ist. Richtiger wäre wohl, dass die Regierung aus gesamtwirtschaftlichen Erwägungen heraus ein Institut übernimmt, das sie seit Monaten künstlich am Leben erhält, dessen Eigentümer sich ergo als unfähig erwiesen haben. Letztlich ist eine Verstaatlichung damit sogar aus marktwirtschaftlicher Sicht konsequent, erst recht, wenn die Gefahr besteht, dass die Geretteten den Retter am Ende noch erpressen.

Die Selbstquälerei der CDU erscheint umso unverständlicher, wenn man einen Blick ins Ausland wirft: Nirgendwo wurde so viel verstaatlicht und enteignet wie in den kapitalistischen Musterländern Großbritannien und USA - mit der Begründung, Gefahr sei im Verzug. Das aber gilt für die HRE allemal: Tag für Tag verliert die Bank Millionen, nicht einmal die Zinszahlungen für die bereits gewährten Staatshilfen kann sie erwirtschaften. Erhält sie nicht spätestens im April neue Milliarden, werden die Aufsichtsbehörden nicht mehr umhinkommen, die HRE sofort zu schließen. Es kann aber nicht sein, dass der Bund eines Tages für die gesamte Bilanz der Bank geradestehen muss, ohne zugleich als Aktionär maßgeblich Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen zu können.

Ein Konkurs scheidet als Alternative aus, weil das Institut im Pfandbrief- und Derivategeschäft mit anderen Banken und Versicherern verbandelt ist. Bräche die HRE zusammen, würden ihr andere Banken folgen. Was das für die taumelnde Weltwirtschaft bedeuten könnte, hat der Fall der US-Bank Lehman Brothers gezeigt. Deren Bilanzsumme entsprach übrigens fast exakt derjenigen der HRE.

Der Verdacht mancher Unionspolitiker, der Staat beteilige sich aus Begeisterung für das Bankgeschäft an der HRE oder hoffe gar auf Gewinne, ist dabei abwegig: Enteignet die Regierung die Aktionäre am Ende tatsächlich, wird sie rund 250 Millionen Euro an Entschädigungen zahlen müssen. Im Gegenzug erhielte sie eine Bank im Wert von exakt null Euro.

© SZ vom 19.02.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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