Hausratversicherung:Die böse Überraschung danach

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Bei Schaden ist die Hausratpolice an sich eine gute Sache. Wer allerdings unterversichert ist oder fahrlässig handelt, bekommt nur die Hälfte des Versicherungswerts. Dieser sollte daher regelmäßig neu berechnet werden.

Andreas Kunze

Drei Viertel der deutschen Haushalte haben eine Hausratversicherung. Die Police sollte allerdings regelmäßig überprüft werden, um Unterversicherung zu vermeiden. Zudem sind die Konditionen vielfach besser geworden, sodass ein Wechsel vorteilhaft sein kann.

Schaden wegen grober Fahrlässigkeit - Ein häufiger Streitpunkt mit der Versicherung. (Foto: Foto: dpa)

Eine Hausratversicherung zahlt üblicherweise bei Schäden, die durch Risiken am Hausrat verursacht worden sind: Feuer, Leitungswasser, Blitzschlag, Explosion, Einbruchdiebstahl, Raub und Sturm. Schäden durch Feuer und Einbruchdiebstahl kommen am häufigsten vor.

Die Unwetter in jüngster Zeit zeigen, dass der Schutz bei Blitzschlag oder Sturm ebenfalls sehr nützlich sein kann. Zahlreiche Schäden in der Praxis könnten die Opfer selbst zahlen, ohne ruiniert zu sein.

Die Hausratversicherung gehört daher nicht zu den Policen mit höchster Priorität, wie Verbraucherschützer sagen. Eine ausgebrannte Wohnung dürfte aber für die meisten Menschen ein Tiefschlag sein.

Da sich bei günstigen Anbietern eine Versicherungssumme von 50.000 Euro je nach Wohnort schon für etwa 60 Euro Jahresprämie versichern lässt (Tabelle), stellt sich die Frage, ob jemand für eine vergleichsweise geringe Ersparnis das Feuerrisiko mit möglichen Verlusten von mehreren zehntausend Euro wirklich selbst tragen will. Bei einer Hausratversicherung ist unter anderem auf folgende Punkte zu achten:

Versicherungssumme: Wie viel Wert sich angesammelt hat, wird meist unterschätzt. Schon einige Anzüge können mehrere tausend Euro ausmachen, für die Sammlung von Damenschuhen gilt das erst recht. Maßgeblich für die Hausratversicherung ist stets der Neuwert - also der Betrag, der aktuell notwendig wäre, um beschädigte oder verschwundene Sachen wiederzubeschaffen.

"Gerade junge Familien sollten öfter mal durch die eigenen vier Wände gehen und schauen, was neu hinzugekommen ist", sagt der gerichtlich zugelassene Versicherungsberater Andreas Kutschera. "Meist fangen junge Leute mit wenig an, und nach fünf Jahren hat sich der Hausratswert bereits verdoppelt oder verdreifacht."

Unterversicherung: Mit der Versicherungssumme hängt die Unterversicherung eng zusammen. Ein Thema, das im Schadenfall häufig für böses Blut sorgt. Unterversicherung bedeutet, dass die Versicherungssumme zu gering war. Dem Durchschnittskunden leuchtet noch ein, dass er maximal 25.000 Euro Entschädigung erhalten kann, wenn sich die Versicherungssumme auf 25.000 Euro belief, der Hausrat aber tatsächlich 50.000 Euro wert war.

Dass aber einzelne Teile des Hausrats, etwa ein Fernseher, in so einem Fall ebenfalls nur zur Hälfte ersetzt werden, gehört zu den Merkwürdigkeiten der Versicherungswelt.

Der geklaute Fernseher

Angenommen, ein Fernseher für 1.000 Euro wird von Einbrechern mitgenommen. Bei einer Versicherungssumme von 25.000 Euro müsste man davon ausgehen, dass dieser Schaden voll gedeckt ist. War aber der gesamte Hausrat 50.000 Euro wert, so bestand eine Unterversicherung von 50 Prozent - der einzelne Fernseher würde deshalb nur zu 50 Prozent bezahlt, also mit 500 Euro.

Hausratsversicherer bieten eine Unterversicherungsverzichtsklausel an. Wird pro Quadratmeter ein Mindestwert (600 bis 700 Euro) versichert, so wird nach einem Schaden in keinem Fall Unterversicherung geltend gemacht. Eine Wohnung mit 75 Quadratmetern müsste bei 650 Euro Mindestsumme mit etwa 50.000 Euro versichert werden.

Ärger im Schadenfall kann es trotzdem geben. Kutschera: "Der einzelne Fernseher würde nun immer voll bezahlt."

Die Unterversicherungsverzichtsklausel schützt aber nicht davor, bei einem Totalschaden auf einem Teil des Schadens sitzenzubleiben. Brennt die Wohnung komplett aus, so zahlt der Versicherer bei "Unterversicherungsverzicht" maximal die Versicherungssumme von beispielsweise 50.000 Euro - selbst dann, wenn der Hausrat 70.000 Euro wert war.

Eine regelmäßige Bestandsaufnahme des Hausrates ist deshalb sinnvoll. Bei spartanisch lebenden Menschen könnte sich dabei auch herausstellen, dass die Pauschalen zu hoch sind.

Überspannungsschäden: Dabei verursacht vor allem der indirekte Blitzschlag Schäden, wenn er zum Beispiel in die Dachantenne fährt und im Stromnetz eine Überspannung auslöst.

Hausbrand wegen Beischlaf

Das kann teure Geräte wie Fernseher, HiFi-Anlagen oder Computer demolieren. Eine solche indirekte Blitzfolge ist nur dann versichert, wenn in der Police Überspannungsschäden mitversichert sind. In neueren Versicherungsbedingungen sind Überspannungsschäden meist mit enthalten - allerdings mit Höchstgrenzen, und zwar mitunter nur fünf oder zehn Prozent der Versicherungssumme.

Sind viele teure Geräte im Haushalt, wie zum Beispiel Laptops oder Fernseher, kann dieser Schutz zu wenig sein. Wer einen High-Tech-Haushalt hat, sollte auf höhere Entschädigungsgrenzen achten. Bietet der Versicherer das nicht in der Basisversion, so kann die Entschädigungsgrenze entweder per Prämienzuschlag oder durch die Wahl eines besseren Tarifes erhöht werden.

Tipp: Im Fachhandel gibt es Überspannungsschutz-Steckdosenleisten, die Geräte vor Überspannungsschäden schützen können.

Grobe Fahrlässigkeit: Ebenso berüchtigt wie die Unterversicherung ist der Vorwurf des Versicherers, der Kunde habe sich grob fahrlässig verhalten und den Schaden dadurch erst ermöglicht. Deshalb werde kein Cent gezahlt. Klassiker sind etwa die nicht verschlossene Balkontür, die unbeaufsichtigte Waschmaschine oder die Zigarette vor dem Einschlafen. Legendär wurde das Advents-Sex-Urteil: Ein junger Mann aus Mönchengladbach hatte den Adventskranz mit brennenden Kerzen unbeobachtet gelassen, weil seine Freundin mit ihm spontan etwas anderes vorhatte. Die Kerzen brannten herunter und setzten das Wohnzimmer in Brand, Schaden: 62.000 Euro.

Die Hausratversicherung lehnte die Regulierung ab. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied jedoch: "Ein Außerachtlassen eines Adventskranzes für die Dauer von bis zu einer halben Stunde stellt sich subjektiv bereits als grob fahrlässig dar".

Auf den Vorwurf grober Fahrlässigkeit kann man verzichten

Jedoch müsse "selbständig festgestellt werden, dass dem Versicherungsnehmer ein unentschuldbares Fehlverhalten auch persönlich vorzuwerfen ist". Da der junge Mann auf Grund der körperlichen Reize seiner Lebensgefährtin ungeplant abgelenkt worden sei, könne ihm kein Vorwurf gemacht werden (Az: 4 U 182/98).

Mittlerweile bieten einige Versicherer in günstigen Basistarifen einen Verzicht auf den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit, was Rechtsstreitigkeiten vermeidet. Die Klausel sollte möglichst unbegrenzt gelten, also bis zur Höhe der Versicherungssumme. Mitunter setzen die Versicherer eine Grenze, etwa bei 5.000 Euro.

Wertsachen: Außerhalb eines Tresors sind Wertsachen nur begrenzt mitversichert. Üblich sind pauschal 20 oder 30 Prozent der Versicherungssumme. Vereinzelt werden noch Höchstbeträge für Bargeld, Wertpapiere, Pelze und Schmuck genannt.

Je höher die Entschädigungsgrenze, desto besser. Kunden sollten darauf achten, dass sie auch belegen können (Quittungen, Fotos), welchen Schmuck und welche Pelze sie hatten.

Fahrräder: Bei manchen Versicherern sind Fahrräder mit einem Prozent der Versicherungssumme (bei 50.000 Euro also 500 Euro) bereits in Basistarifen mitversichert. Bei allen Versicherern lassen sich Fahrräder gegen Zuschlag versichern. Zwischen 22 und sechs Uhr ist das Rad draußen üblicherweise nur versichert, wenn es sich noch "in Gebrauch" befindet, also wenn es etwa für einen Kneipenbesuch kurzzeitig abgestellt wurde.

© SZ vom 15.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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