Gesundes Raumklima:Der "Kat" für die Wohnung

Teppich, Vorhang oder Farbe sollen Schadstoffe und schlechte Gerüche, die in der Raumluft stecken, ausfiltern.

In den eigenen vier Wänden herrscht nicht nur nach Partys "dicke Luft". Auch im Alltag können Tabakqualm, Essens-Düfte, der Geruch von Windel- und Abfalleimern oder Haustieren die Nase und das Wohlbefinden stören. Belastet wird die Raumluft oft auch durch Schadstoffe, die aus Heimtextilien, Farben, Klebern oder Möbeln stammen.

Gesundes Raumklima: Der Teppichboden "dura air" soll gesundheitsschädliche Stoffe wie Formaldehyd völlig oder teilweise in unkritische Bestandteile der Luft wie Wasserdampf und Kohlendioxid umwandeln und abbauen.

Der Teppichboden "dura air" soll gesundheitsschädliche Stoffe wie Formaldehyd völlig oder teilweise in unkritische Bestandteile der Luft wie Wasserdampf und Kohlendioxid umwandeln und abbauen.

(Foto: Illustration: dura air)

Um Frischluft in die Wohnung zu bekommen, muss mehrmals täglich gelüftet werden. Als Alternative bieten seit einiger Zeit verschiedene Hersteller Innenfarben, Gipsplatten, Teppichböden und Dekostoffe mit "luftreinigender" Wirkung an. "Diese Entwicklungen sind nicht mit Produkten gleichzusetzen, die als negativ empfundene Gerüche lediglich überdecken", urteilt Dirk Petersen von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Innovative Innenfarben sollen für frische Luft sorgen, ohne dass gelüftet werden muss. Vergleichbar mit der Abgasreinigung durch den "Kat" im Auto bauen katalytisch wirksame Pigmente in der Farbe unter Lichteinfluss Schadstoffe und Gerüche ab. "Zurück bleiben ungefährliche Stoffe wie Wasser oder Kohlendioxid", erläutert der Diplom-Ingenieur Andreas Oberle vom Farben-Hersteller Sto in Stühlingen (Baden-Württemberg). Die Katalysatoren veränderten sich und verbrauchten sich nicht.

Sto hat nach eigenen Angaben eine Innenfarbe entwickelt, die "als einziges photokatalytisch wirksames Produkt kein UV-Licht benötigt". Normales Raumlicht oder Kunstlicht von Glühbirnen und Leuchtstoffröhren reiche aus, um den Katalysator in der Farbe zu aktivieren.

Die Firma Knauf aus Iphofen (Bayern) hat eine Gipsplatte zur Verbesserung der Raumakustik auf den Markt gebracht, die auch Schadstoffe in der Raumluft vermindern soll. "Die Cleaneo-Platte besteht aus Gips und Zeolith", sagt Christoph Volkmann von Knauf. Zeolith sei ein wasserhaltiges Gestein vulkanischen Ursprungs. Durch das Entfernen des Wassers aus dem Gestein entstehe ein hochporöses Material mit Nanohohlräumen. In diese Hohlräume könnten Schadstoffe dauerhaft eingelagert werden. Während andere Produkte mit Luftreinigungseffekt Licht benötigten, um einen Schadstoff abbauenden Effekt zu erzielen, wirke die Platte unabhängig von Tageslicht.

Nachgewiesen werden konnte eine Absenkung der Geruchs- und Schadstoffe durch solche Platten nach Herstellerangaben für Zigarettenrauch, Gerüche aus Teppichböden und Matratzen, Fischgeruch, Fäkaliengeruch, Formaldehyd, Benzol, aromatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe. Neben laboranalytischen Nachweisen durch Umweltlabors lägen auch erste Langzeitmessungen aus der Praxis vor.

Nicht nur Baustoffe, sondern auch Teppichböden und Textilien können Gerüche beseitigen. "Unter der Bezeichnung drapilux air gibt es Dekorationsstoffe, die Schadstoffe und unangenehme Gerüche abbauen", sagt Bernd Möllers vom Hersteller Schmitz-Werke in Emsdetten (Nordrhein-Westfalen). Der patentierte Stoff arbeitet nach dem Katalysator-Prinzip. Unangenehmer, kalter Zigarettenrauch verschwinde über Nacht. Gerüche von Haustieren, aber auch Küchen- und Abfallgerüche würden abgebaut. Der Stoff sorge außerdem dafür, dass Schadstoffe und Wohngifte wie Formaldehyd, Acetaldehyd, Ammoniak und Nikotin kontinuierlich in harmlose Substanzen umgewandelt würden. Dass dieser Effekt tatsächlich erreicht werde, sei durch Tests des TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg bestätigt und zertifiziert worden.

Test-Ergebnisse

"Bei Teppichböden, die Gerüche und Schadstoffe in bessere Luft umwandeln, werden spezielle Kristalle in die Zwischenschicht zwischen Flor und Rücken eingebracht", erläutert Stefan Homann vom Hersteller Dura aus Fulda. Laut Prüfergebnissen von TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg seien die sich nicht aufbrauchenden Kristalle im Boden für Mensch, Tier und Umwelt unbedenklich.

In einem Praxistext hat das Institut für Fußboden und Raumausstattung Richard A. Kille (IFR) in Köln die Eigenschaften des Teppichbodens "Dura Air" und des Vorhangstoffs "Drapilux Air" geprüft. Im Test ging es darum, Gerüche zu neutralisieren und eine Lufthygiene herbeizuführen, die im Vergleich zur ursprünglichen Qualität der Luft als deutlich angenehmer empfunden wird.

Die getesteten Luftreinhaltungssysteme funktionieren dem IFR zufolge allerdings nur dann, wenn die Luft zirkuliert. Nicht belüftete Räume hätten nach wie vor einen Eigengeruch, der je nach Empfinden auch als unangenehm beurteilt werden könne.

Das Prinzip bestimmter Materialien, Schadstoffe in der Luft zu vermindern, kann Hans Ulrich-Raithel vom Umweltinstitut München nur bedingt überzeugen. Aus seiner Sicht ist es wirkungsvoller, die Quelle von Wohngiften - etwa mit Formaldehyd belastete Möbel - aus der Wohnung zu verbannen. Will ein Wohnungsbesitzer dennoch solche Produkte nutzen, sollte er auf unabhängige Prüfzeichen achten. Außerdem sollten die Produkte in realen Räumen und nicht nur unter Laborbedingungen getestet worden sein.

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