Gemeinschaftswährung auf Rekordstand:Deutsche Industrie klagt über starken Euro

Lesezeit: 2 min

Verluste beim Export: Das Rekordhoch des Euro besorgt die deusche Industrie - und beflügelt die Japanische Konkurrenz. Finanzminister Steinbrück lehnt Eingriff der Europäischen Zentralbank ab.

Karl-Heinz Büschemann und Helga Einecke

Nach dem Anstieg des Euro auf den neuen Rekordwert von fast 1,38 Dollar sorgt sich die deutsche Wirtschaft zunehmend um ihr Exportgeschäft. Fachleute halten es für denkbar, dass die europäische Gemeinschaftswährung schon bald die Marke von 1,40 Dollar erreichen wird. Grund seien die schwache Konjunktur in den USA und steigende Zinsen in Europa.

Japaner haben gut lachen. Ein starker Euro macht japanische Produkte relativ gesehen billiger auf dem Weltmarkt. (Foto: Foto: AP)

Der Rekordstand des Euro trug am Mittwoch stark zur Talfahrt an den Börsen bei. Der Dax verlor zeitweilig zwei Prozent seines Vortageswertes. Zu den Verlierern zählten die Autowerte, weil die Stärke der europäischen Währung im Verhältnis zum Dollar die Aussichten der Exportindustrie nachhaltig trübt.

Für die deutschen Exporteure wächst sich die Entwicklung, die vor allem eine anhaltende Schwäche von US-Dollar und Yen ist, zum Problem aus, weil die Preise für ihre Produkte auf den wichtigen Auslandsmärkten steigen. Olaf Wortmann, Konjunkturexperte vom Maschinenbauverband VDMA, sagt, der jetzige Dollarkurs sei weit von fairen Kursen entfernt.

"Viele Maschinenbauunternehmen erleben bereits einen starken Gegenwind auf den Auslandsmärkten." Die Branche, die in Deutschland 800.000 Arbeitsplätze stellt, habe "ein währungsbedingtes Wettbewerbsproblem".

1,20 Dollar für einen Euro gilt als gleichwertig

Auch in der Autoindustrie hinterlässt der starke Euro Spuren. Verbandspräsident Matthias Wissmann sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die Währungsentwicklung macht uns zunehmend Sorgen." Das gelte vor allem für die Schwäche des Yen, die den japanischen Autoherstellern in jedem Jahr "Zusatzgewinne in Milliardenhöhe" beschere. Bei einem Kurs von 1,40 Dollar werde es auch im amerikanischen Währungsraum "kritisch". In der Industrie gilt ein Kurs von 1,20 Dollar je Euro als gleichgewichtig.

Allein BMW erlitt 2006 wegen der ungünstigen Währungsrelation einen Gewinnausfall von 666 Millionen Euro. In diesem Jahr erwartet das Unternehmen noch einmal die gleiche Schmälerung des Jahresüberschusses. VW verbuchte im wichtigen Nordamerika-Geschäft gar einen Verlust von 600 Millionen Dollar. Konzernchef Martin Winterkorn erklärte, man müsse "über ein Werk in Nordamerika nachdenken, wenn der Dollarkurs auf dem jetzigen Niveau bleibt".

Auch Yen und Yuan eindeutig unterbewertet

Der Unternehmensverband Business-Europe rief die EU-Politiker auf, tätig zu werden. "Es muss Gespräche mit den USA, China und Japan über die Schwäche von deren Währungen geben", sagte Generalsekretär Philipp de Buck. Zumindest die Währungen Chinas und Japans seien eindeutig unterbewertet.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) lehnte Eingriffe der Europäischen Zentralbank (EZB) jedoch strikt ab. Euro-Verkäufe mit dem Ziel, die Währung billiger zu machen, seien keine Lösung. "Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften entscheidet sich nicht auf den Devisenmärkten, sondern durch ihre Fähigkeit zur Restrukturierung und zur Innovation", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Zudem sei die EZB unabhängig, und diese Unabhängigkeit sei "ein Wert an sich".

Steinbrück räumte ein, dass es natürlich Firmen gebe, die mit der Euro-Stärke zu kämpfen hätten. Schließlich habe allein der Yen in den letzten drei bis vier Jahren 60 Prozent seines Werts verloren. "Insgesamt aber hat die deutsche Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit in den vergangenen Jahren so deutlich gestärkt, dass sie weit weniger empfindlich auf Wechselkursveränderungen reagiert als früher", so der Minister. Zudem würden rund zwei Drittel des deutschen Außenhandels in Europa abgewickelt.

Ähnlich äußerte sich EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark. Das Euro/Dollar-Verhältnis sei nicht mehr so wichtig wie vor zehn Jahren. Der Eurokurs reflektiere schlicht die derzeitige wirtschaftliche Stärke in Europa.

© SZ vom 12.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: