Gas-Streit:Gazprom fordert juristische Schritte gegen Ukraine

Lesezeit: 2 min

Im anhaltenden Gas-Streit will der russische Monopolist Gazprom gegen den ukrainischen Staatskonzern Naftogaz vor Gericht ziehen. In der EU wächst die Sorge vor Lieferengpässen.

Der russische Gaskonzern Gazprom will das ukrainische Energieunternehmen Naftogaz wegen des anhaltenden Gasstreits vor das internationale Schiedsgericht für Wirtschaftsstreitigkeiten in Stockholm bringen.

Ukrainische Gaspipeline in der Nähe von Kiew. (Foto: Foto: AFP)

"Ich haben den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew über die geplanten rechtlichen Schritte informiert. Er hat der Entscheidung zugestimmt", sagte Gazprom-Chef Alexei Miller am Samstag laut Pressemitteilung. Russland hatte am Neujahrsmorgen wegen des Streits um Lieferbedingungen und Preise seine Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt.

Wenn die Ukraine die Transitmengen Richtung Westen manipuliere, komme dies einer Erpressung Russlands und Europas gleich, sagte Gazprom-Vizechef Alexander Medwedew nach Angaben der Agentur Interfax in Prag. Das ukrainische Unternehmen Naftogas pumpe täglich 35 Millionen Kubikmeter russisches Gas unbefugt aus den Pipelines, behauptete er. "Wenn die Ukraine diesen Diebstahl fortsetzt, werden die europäischen Konsumenten darunter leiden."

"Grobe Provokation"

Naftogas wies die Vorwürfe als "grobe Provokation" zurück. Das Unternehmen gewährleiste den Transit in vollem Umfang, sagte ein Sprecher in Kiew.

Wegen der Krise begann Medwedew in Tschechien, das die EU-Ratspräsidentschaft innehat, eine Reise durch mehrere europäische Länder. "Die EU soll ein realistisches Bild von den Schuldigen im Streit und den Lösungsvorschlägen erhalten", sagte der Vizechef.

Gazprom hatte der Ukraine am Neujahrstag den Gashahn zugedreht, weil die bisherigen Verträge an dem Tag ausgelaufen waren. Der finanziell angeschlagenen Ukraine ist der von Russland geforderte Preis von 250 Dollar je 1000 Kubikmeter Gas zu hoch.

Die Ukraine warnte wegen des anhaltenden Konflikts mit Russland vor Schwierigkeiten mit der Gasversorgung in Europa. "Sollte im Laufe der nächsten 10 bis 15 Tage keine Lösung gefunden sein, könnte es ernsthafte Probleme und Unterbrechungen bei der Gasdurchleitung durch die Ukraine geben", sagte der Beauftragte von Präsident Viktor Juschtschenko für die Energiesicherheit des Landes, Bohdan Sokolowski, am Samstag bei einer Pressekonferenz.

Entgegen der Beteuerungen beider Länder ist es in Osteuropa bereits zu ersten Liefereinschränkungen gekommen. Ungarn, Polen, Rumänien und Bulgarien berichteten am Wochenende von sinkenden Gasmengen. In Deutschland waren zunächst keine Probleme spürbar, wie eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums bestätigte. "Wir bekommen das Gas, das wir bestellt haben", sagte so auch ein Sprecher der größten deutschen Ferngasgesellschaft E.ON Ruhrgas.

Allerdings gebe es in der von Russland über die Ukraine nach Deutschland laufenden Transitleitung einen leichten Druckabfall. Dies liege offenbar daran, dass sich nur das für Westeuropa bestimmte russische Gas in der Leitung befinde und nicht mehr das für die Ukraine. Die Leitung selbst sei aber voll.

Bulgarien teilte mit, die Lieferungen aus Russland seien binnen 24 Stunden um bis zu 15 Prozent zurückgegangen. Bereits am Freitagabend hatte Polen erklärt, es seien sechs Prozent weniger Erdgas angekommen als vereinbart. Rumänien meldete sogar einen Lieferrückgang um knapp ein Drittel.

"Die Lager sind voll"

Die Ukraine warnte, wenn Russland nicht mehr Gas für EU-Länder bereitstelle, könne es in etwa zehn Tagen ernste Probleme geben. Wenn der Druck in den Leitungen falle, könne der Gas-Transit unterbrochen werden, sagte der Energieversorgungs-Experte des Präsidenten Viktor Juschtschenko, Bogdan Sokolowski.

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft warnte indes vor übertriebener Sorge vor einer drohenden Gasknappheit in Europa. "Die Lager sind voll", sagte der tschechische Vize-Regierungschef Alexander Vondra nach einem Treffen mit Gazprom-Vize Alexander Medwedew in Prag. Auch die Bundesregierung hatte Freitag erklärt, Verbraucher in Deutschland müssten keine Versorgungsengpässe fürchten.

Russland hatte am Neujahrsmorgen wegen des Streits um Lieferbedingungen und Preise seine Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt. Beide Länder hatten aber zugesichert, weiter Gas für die europäischen Länder einzuspeisen und durch die Pipelines nach Westen weiterzuleiten. Europa bezieht etwa ein Fünftel seines Gases über die Ukraine. Vor drei Jahren war bei einem ähnlichen Streit zwischen Russland und der Ukraine zeitweise weniger Gas nach Deutschland gelangt.

Die EU kündigte am Samstag an, dass der Konflikt Thema beim Treffen der Gaskoordinationsgruppe am Freitag in Brüssel sein soll. Sowohl Russland als auch die Ukraine hätten die Entsendung von Vertretern zugesagt, teilte EU-Sprecher Ferran Tarradellas mit.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/jkr/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: