EU-Regierungschefs einigen sich:Lieber gemeinsam durch die Krise

Lesezeit: 2 min

Alle für einen, einer für alle: Nach wochenlangen Querelen schwören die Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Sondergipfel dem Protektionismus ab. Gesonderte Hilfen für schwächere Mitglieder soll es nicht geben.

Martin Winter, Brüssel

Nach wochenlangen Spannungen haben die Mitgliedsländer der Europäischen Union ihren Streit über Protektionismus und die Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise weitgehend beigelegt. Bei einem kurzfristig einberufenen, informellen Sondergipfel einigten sich die Staats- und Regierungschefs am Sonntag auf eine enge Abstimmung der nationalen Rettungspläne für Banken und der Konjunkturprogramme. Schutzmaßnahmen für einzelne Industrien lehnten sie ab. Zugleich versicherten sie, dass sie die durch die Krisenbewältigung stark belasteten öffentlichen Haushalte schnell sanieren wollen.

Staatschefs Sarkozy, Tusk, Topolanek (v.l.) : "Europa braucht mehr Solidarität". (Foto: Foto: AFP)

Europa könne die Krise überwinden, "wenn es gemeinsam und koordiniert vorgeht", sagte der amtierende EU-Präsident und tschechische Regierungschef Mirek Topolanek. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die wegen eines technischen Defekts an ihrem Flugzeug zu spät gekommen war, sprach von einem "Signal der Gemeinsamkeit".

Das war nötig geworden, nachdem der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy die Hilfen für seine Autoindustrie an Auflagen wie Standortgarantie und Einkauf nur bei französischen Zulieferern binden wollte. Vor allem bei den osteuropäischen Ländern rief dies Unruhe hervor.

Angesichts dieser Kritik und deutlicher Widerstände vor allem aus Deutschland hatte Frankreich schon vor dem Treffen am Samstag seine Absichten geändert. In einem Schreiben an die EU-Kommission versicherte der französische Industrieminister Luc Chatel, dass Paris sich bei seinen Finanzhilfen an die Regeln des gemeinsamen Marktes halten werde.

Sarkozy versicherte seinen Kollegen, dass er "gegen Protektionismus" sei. Merkel betonte, dass alle Rettungsmaßnahmen für Opel der Prüfung durch die Kommission unterlägen. Nach Prüfung des Opel-Konzepts werde man in Gespräche mit den EU-Ländern eintreten, die ebenfalls Opel-Werke haben.

Ausführlich wurde auch über die Lage der mittel- und osteuropäischen Mitgliedsländer debattiert. Am Morgen des Gipfels hatten diese Länder auf Einladung Polens ein separates Treffen abgehalten. In ihren Hauptstädten wächst die Furcht, dass ihnen die wohlhabenden EU-Mitglieder unzureichend oder gar nicht helfen. Aber auf einen Kollisionskurs wollen sie offensichtlich nicht gehen. Nach dem Treffen äußerte sich der polnische Premier Donald Tusk vorsichtig. Er "spüre, dass wir mehr Solidarität und Verantwortungsbewusstsein für ganz Europa brauchen", sagte er.

Der Vorstoß des ungarischen Regierungschefs Ferenc Gyurcsany für ein spezielles "europäisches Stabilisierungs- und Integrationsprogramm für die Volkswirtschaften der mittel- und osteuropäischen Staaten" fand selbst bei diesen selbst kaum Unterstützung. Um diesen Ländern, zu denen Gyurcsany auch die Ukraine rechnet, über die gegenwärtigen Schwierigkeiten hinweg zu helfen, hatte er annähernd 200 Milliarden Euro gefordert. Topolanek lehnt wie alle anderen Regierungen eine Bildung von Gruppen innerhalb der EU ab. Jedes Land müsse als "Einzelfall" behandelt werden.

In Kürze haben die Europäer die Gelegenheit, ihre Rettungspläne mit dem neuen amerikanischen Präsidenten Barack Obama zu besprechen. Obama wird am 5. April seinen Antrittsbesuch beim EU-Präsidenten Topolanek in Prag machen.

© SZ vom 02.03.2009/grc/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: