Energiepreise:Die Steuerentlastung kommt nicht

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Wegen der horrenden Preise sparen die Deutschen Energie - und dem Bund entgehen Steuereinnahmen in Millionenhöhe. Deshalb lehnt der Finanzminister die EU-Vorschläge für Steuerentlastungen ab.

Cerstin Gammelin

Die hohen Energiepreise führen dazu, dass die Deutschen weniger Auto fahren oder heizen und beim Strom sparen. Der Energieverbrauch sei deutlich gesunken, sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Deshalb seien auch die Einnahmen aus der Energie- und Stromsteuer in den letzten drei Monaten deutlich zurückgegangen.

Es sei falsch, dass sich der Staat an den hohen Benzinpreisen "dumm und dämlich" verdiene, sagt Peer Steinbrück. (Foto: Foto: AFP)

600 Millionen Euro weniger Steuereinnahmen

Hochrechnungen des Bundesfinanzministeriums ergaben, dass der deutsche Fiskus zwischen April und Juni 600 Millionen Euro weniger eingenommen hat als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Steinbrück sagte, es sei falsch, dass sich der Staat an den hohen Benzinpreisen "dumm und dämlich" verdiene.

"Das Gegenteil ist der Fall", sagte er am Rande des Treffens der europäischen Finanzminister in Brüssel. Weil Autofahrer immer öfter den Wagen stehen lassen würden, verliere der Finanzminister Geld. Allein im Mai sanken die Einnahmen des Bundes aus Steuern auf Kraftstoffe, Heizöl, Flüssiggas und Erdgas um mehr als sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf jetzt 3,1 Milliarden Euro.

Steinbrück gegen Steuerentlastungen

Die Bundesbürger sparen auch beim Strom, sie schalten Elektrogeräte und Lampen schneller aus. Deshalb sind die Einnahmen aus der Stromsteuer im Mai ebenfalls stark zurückgegangen. Sie sanken im Vergleichszeitraum um 16,5 Prozent auf rund 495 Millionen Euro. Der Minister betonte, dass den Steuerausfällen "rein preisinduzierte Verbrauchsrückgänge" zugrunde liegen würden. Das heißt, die Verbraucher reagierten auf die rasant steigenden Preise, indem sie weniger Auto fahren oder öfter das Licht ausschalten.

Der Bundesfinanzminister lehnte es trotz der Rekordpreise für Öl, Gas und Strom erneut ab, die Verbraucher steuerlich zu entlasten. Angesichts der finanziellen Ausfälle müsse jedem einleuchten, "dass der Bund keinen Spielraum für Steuersenkungen besitzt", erklärte Steinbrück. Niemand könne zudem garantieren, "dass Steuererleichterungen beim Kunden an der Zapfsäule ankommen". Unternehmer und private Konsumenten müssten "mit den Preissignalen leben".

Sparsame Autos sind gefragt

Der hohe Ölpreis führe zu "längst notwendigen Anpassungsprozessen der Wirtschaft", erklärte Steinbrück. Jede Subvention des Ölpreises verzögere die dringend notwendige Umstellung der Industrie auf energiearme Verfahren. Subventionen auf Energiepreise würden zudem verhindern, dass Verbraucher auf effiziente Produkte umstiegen.

Auch die deutsche Automobilindustrie bekommt zu spüren, dass ihre Kunden mehr und mehr auf den Verbrauch achten. BMW hat deshalb seine Entwicklungsabteilung für Antriebstechnik in diesem Jahr umstrukturiert. Statt weiter wie bisher leistungsstarke Motoren zu entwickeln, forsche BMW jetzt an effizienten Antrieben, erklärt ein Entwicklungsingenieur. "Immer öfter ruft jetzt der Händler an und will sparsame Autos für die Kunden", heißt es bei BMW. Der Autobauer will deshalb große Modelle mit Hybridantrieb ausrüsten lassen. Für Klein- und Mittelklassewagen sind Elektromotoren geplant.

Sarkozy für Entlastungen

Während ihres Treffens stritten die EU-Minister darüber, ob sie die Verbraucher und die Unternehmen steuerlich entlasten sollen. Der Streit entzündete sich unter anderem an einem Plan des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Dieser fordert, die Mehrwertsteuer auf Mineralöl in der EU auf einem bestimmten Niveau einzufrieren und bestimmten Branchen einen Teil zurückzuerstatten. Sarkozy wird von französischen Fischern und Landwirten gedrängt, den Preisdruck zu mindern.

Steinbrück lehnte den französischen Vorstoß ab. Dieser könne nur von kurzfristigem Erfolg gekrönt sein. "Was sollen wir machen, wenn der öffentliche Beifall nach vierzehn Tagen vorbei ist und der Ölpreis weiter steigt?", erklärte der Minister. "Wir können kurzfristig nichts tun, was sinnvoll ist. Das müssen wir den Menschen endlich sagen."

Das Beispiel Venezuela

Die EU-Minister diskutierten auch den Vorschlag, wonach die EU mithelfen soll, staatliche Subventionen auf Öl und Ölprodukte abzuschaffen. Weltweit unterstützten Staaten wie Venezuela, Nicaragua oder China den Verbrauch des Rohstoffs mit 600 Milliarden Euro, was einem Fünftel des gesamten Ölmarktes entspreche.

Die Subventionen heizten die Nachfrage künstlich an, was dann den Preis treibe, erklärte Steinbrück. In Venezuela kostet der Liter Benzin etwa drei Cent. Im September will die EU-Kommission einen Bericht zur Entwicklung auf den Ölmärkten vorlegen, dem bis Oktober Empfehlungen folgen sollen.

© SZ vom 09.07.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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