Edelmetall:Scharf auf Gold

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Privatleute lecken sich die Finger nach Gold und Silber in Form von Geldstücken oder Barren. Warum das gerade jetzt sinnvoll ist - und wie Liebhaber auf ihre Kosten kommen.

Simone Boehringer

"Praktisch jeder versichert sein Auto gegen Unfälle und sein Haus gegen Feuer. Genauso ist Gold eine notwendige Versicherung für wirklich schlechte Zeiten." So beschreibt der amerikanische Rohstoff-Guru Jim Rogers gerne den Sinn einer Geldanlage in physische Edelmetalle. Und er fügt hinzu: "Hoffen Sie, dass Sie weder Ihre Feuerversicherung noch Ihr Gold jemals brauchen."

Tatsächlich ist das Investment in Gold und Silber in den vergangenen Monaten zunehmend populärer geworden: Die Kreditkrise im Bankensektor, der schwache Dollar und die steigenden Inflationszahlen haben bei Privatanlegern zu einer Renaissance von Barren- und Münzanlagen geführt.

Einige Banken und Vermögensberater empfehlen zwar schon seit längerem, bis zu zehn Prozent des Portfolios in Edelmetalle zu investieren. Dabei stehen jedoch zumeist Goldminenfonds oder börsengehandelte Edelmetall-Zertifikate, sogenannte Exchange Traded Commodities (ETC), im Vordergrund.

Einige Anbieter solcher ETC, wie etwa die Société-Générale-Tochter Lyxor, die britische Barclays oder die Zürcher Kantonalbank werben damit, dass die Papiere zu hundert Prozent mit dem physischen Material hinterlegt sind.

Starker Schutz gegen Inflation

Die Schweizer Credit Suisse rät dazu, zwei Drittel der Edelmetallanlagen physisch zu halten. "Wir rechnen mit einem Anstieg des Goldpreises auf 1000 Dollar pro Unze und empfehlen unseren Kunden bis zu fünf Prozent ihres Portfolios in Gold anzulegen", sagt Philipp Vorndran, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwaltungsarms der Credit Suisse (derzeit notiert Gold bei etwa 800 Dollar).

Das sei "die beste Protektion gegen Inflation und Probleme im Finanzsystem", fügt Vorndran an. Kleinere Institute wie die Berliner Quirin Bank legen ihren Kunden sogar bis zu zwanzig Prozent Edelmetall-Investments ins Depot.

"Die enormen Risiken innerhalb des Finanzsektors, die durch die übertriebene Verbreitung von Derivaten unkalkulierbar geworden sind, legen eine solch konservative Anlagestrategie nahe", begründet Claus Vogt, leitender Anlagestratege bei Quirin, das Vorgehen.

Während die Banken bei ihrem Portfolio-Management überwiegend auf physisch besicherte Edelmetall-Papiere und manchmal auch große Barren zurückgreifen, gibt es an Bankschaltern und bei den großen Münzhändlern der Republik einen Boom für kleiner gestückelte Edelmetalle zu Anlagezwecken.

Das sind in erster Linie Münzen, die in ihrem Herkunftsland gesetzliches Zahlungsmittel sind. Man erkennt sie daran, dass sie, anders als Sammlermünzen, einen aufgeprägten Nennwert haben. Ausnahme: Für die beliebteste Anlagemünze, den südafrikanischen Krügerrand, wird der Nennwert variabel in Abhängigkeit vom Goldpreis festgestellt.

Er steht daher nicht auf der Münze. Der Wert von Anlagemünzen bemisst sich allerdings meist rein nach dem dahinterstehenden Metallwert. Name und Nennwert dienen nur dem Echtheitsnachweis und damit der Handelbarkeit der Münze; für den Wert spielen sie praktisch keine Rolle.

Grundsätzlich gilt: Je größer die Metalleinheit, also eine Unze (31,10 Gramm), 100 Gramm oder ein Kilogramm, desto geringer fällt relativ zum Materialwert der Aufpreis aus, der für Produktion, Transport, Händlerprovision und andere Nebenkosten bezahlt werden muss.

Allerdings ist umgekehrt auch zu berücksichtigen, "dass kleinere Einheiten für Anleger flexibler in der Nutzung sind", erklärt Mirko Schmidt, Geschäftsführer bei Pro Aurum in München, einem der führenden Händler für Barren und Münzen in Deutschland.

Die gefragtesten Produkte seien derzeit die Ein-Unzen-Goldmünzen Krügerrand aus Südafrika, der Maple Leaf aus Kanada und der Wiener Philharmoniker, berichtet Schmidt (aktuelle Daten unter sueddeutsche.de).

Aber auch Silbermünzen in Ein-Unzen-Größe wie der American Eagle aus den USA, der australische Koala und der Maple Leaf fänden mehr und mehr Abnehmer. "Silber ist wegen seiner industriellen Nutzung knapper als Gold und könnte daher die besseren Kurschancen haben", meint Credit-Suisse-Experte Vorndran.

Bei Exoten heißt es: Warten

"Generell nutzen viele Kunden die jüngste Kurskorrektur der Edelmetalle zum Einstieg", so Schmidt von Pro Aurum. Dies habe zu Lieferzeiten von bis zu acht Wochen geführt. "Im Moment ist die Lage entspannt", sagt Schmidt.

Nur auf bestimmte Silbermünzen wie die Unze Maple Leaf oder die Kilo-Münze Kookaburra aus Australien müssten Kunden bis zu drei Wochen warten.

Über ähnliche Probleme berichtete zuletzt auch die Dresdner Bank. "Es ist genügend Material am Markt, aber bei großer Nachfrage kommen die Münzanstalten mit der Prägung nicht nach", so Karlheinz Jockel, Leiter des Edelmetallhandels bei dem Institut.

Der Barren-Hersteller Heraeus in Hanau meldet eine steigende Nachfrage nach 100- und 250-Gramm-Goldbarren. "Lieferfristen gibt es derzeit nicht", sagt Verkaufsleiter Wolfgang Wrzesniok-Roßbach.

Wegen der großen Kapitalbindung im Barrenhandel könnten aber Engpässe kurzfristig auftreten, "weil wir immer für den augenblicklichen Bedarf produzieren".

Trotz der jüngsten Silber-Euphorie dominieren Goldbarren und -münzen immer noch klar in der Gunst der Anleger. Das liegt vorwiegend an der Besteuerung. Auf Gold fällt in Deutschland keine Mehrwertsteuer an, auf Silber sehr wohl.

Silbermünzen werden mit sieben Prozent Steuer belegt, Barren mit 19 Prozent. Platin- und Palladium-Produkte gibt es ebenfalls mit 19-prozentigem Aufschlag, weshalb sie für Anlagezwecke eine untergeordnete Rolle spielen.

© SZ vom 16.11.2007/sms - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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