Deutsche Bank und die Finanzkrise:Wie Josef Ackermann die Kreditwirtschaft rettete

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Der Chef der Deutschen Bank beschreibt sich als Feuerwehrmann. Doch andere halten ihn für einen Brandstifter: Erst vermittelte das Geldhaus Geschäfte an die IKB - dann zog es die Notbremse.

Helga Einecke

Ist Josef Ackermann in der Finanzkrise ein Feuerwehrmann, ein Zündler oder alles in einer Person? Letzteres glauben Kritiker der Deutschen Bank. Sie unterstellen dem deutschen Branchenprimus, er habe an der Schieflage der Mittelstandsbank IKB mitverdient, wenn nicht sogar mit Schuld.

Die Schelte macht sich daran fest, dass die Deutsche Bank die Geschäfte ihres Kunden IKB erst vermittelte und verwaltete, dann aber abrupt die Notbremse zog und die Bankenaufsicht informierte.

Solche Schuldzuweisungen müssen den 59-jährigen Ackermann schmerzen. Gerade hat er sein während des Mannesmann-Prozesses erworbenes Image als Buhmann der Nation abgelegt und ist in der öffentlichen Wahrnehmung zum prima vorzeigbaren Bankier mit globalem Flair und fast väterlichen Förderer des Standorts Deutschland geworden. Also nutzte er den derzeit stattfindenden Handelsblatt-Bankenkongress, um seine Sicht der Dinge loszuwerden.

Es ist eine Geschichte darüber, wie Ackermann die heimische Kreditwirtschaft rettete. Hätte die Deutsche Bank nicht rechtzeitig auf die Schwierigkeiten der Mittelstandsbank IKB hingewiesen, wäre nicht unter Ackermanns tätiger Mithilfe über ein Wochenende hinweg eine Auffanglösung gefunden worden, hätte es am Montag danach große Verwerfungen im deutschen Bankenmarkt gegeben. Punktum.

Auch Selbstkritik ist angebracht

Dann knöpfte er sich seine Kritiker vor. Als seine Kunden an denjenigen Finanzprodukten gut verdienten, deren Kreditlinien nun platzten, habe er nie einen Anruf bekommen, also praktisch keinen Dank.

Aber nun, wo es schiefgelaufen sei, werde so getan, als habe die Deutsche Bank ihren Kunden diese Produkte aufgedrängt. "Ich finde dieses Verhalten etwas besonders", sagte Ackermann, unverkennbar ein Schweizer in Akzentuierung und Wortwahl.

Hinter verschlossenen Türen würde er härtere Worte finden, fügte er drohend hinzu. "Ethik und Moral wären wichtig", richtete er dann das Wort an seine eigene Branche, also die hemdsärmeligen Investmentbanker und Börsenhändler.

Marktteilnehmer und Spin-Doktoren würden Gerüchte in die Welt setzen und damit Geld verdienen, weil sie die Aktienkurse bewegen. Dem müsse Einhalt geboten werden. Ohne Rückfragen bei den betroffenen Unternehmen dürften solche Spekulationen nicht mehr weitergetragen werden.

Tatsächlich war in den letzten Wochen an den Finanzmärkten von Verlusten der Deutschen Bank, einer bevorstehenden Gewinnwarnung oder wahlweise einem Rücktritt von Ackermann die Rede; dabei sank der Aktienkurs. Ein Auftritt des mächtigen Bankiers, ein paar erklärende Worte zum laufenden Quartal und die Botschaft, die Risiken im Griff zu haben, hoben ihn dann andererseits gleich wieder an. Die Investoren sind zurzeit nervös.

Ackermann bettete seine Botschaften flüssig als Einsprengsel in einen Rundumschlag zur Analyse der US-Subprime-Krise und ihrer Auswirkungen ein, jede Menge Charts und einen Schnellkurs in Finanztechniken inklusive. Das meiste hatte er zuvor schon in einem Zeitungsbeitrag geschrieben, was als Rüge für die Manager anderer Banken, vor allem für die Führung von IKB und die SachsenLB, aufgefasst wurde. Diese Auslegung überraschte den Autor nach eigenen Angaben. ,,Ich schließe die Deutsche Bank mit ein'', sagte er. Selbstkritik sei angesichts der Krise und ihrer Auswirkungen schon angezeigt.

"Ohne Emotionen, ohne Politik"

Worin genau diese Selbstkritik besteht, ließ Ackermann offen. Da könnte ihm Heinrich Haasis, Präsident des Sparkassenverbandes, auf die Sprünge helfen. Haasis war auch an der Rettungsaktion der IKB beteiligt, ist also gut im Bilde.

Er bemängelte, das eine oder andere Geldhaus hätte ja an der Kreditvergabe an die IKB mitgearbeitet und mitverdient. Haasis stellt die Frage, ob ausgerechnet diejenigen, die Brennholz sammelten, hinterher zu Ratgebern für Brandschutz werden sollten.

Dieses Spiel mit dem Feuer scheint dem Sparkassenpräsidenten nicht zu gefallen, und er gesellt sich zu den Kritikern der Deutschen Bank, ohne diese namentlich zu nennen. Das persönliche Verhältnis zwischen Haasis und Ackermann gilt dennoch als entspannt.

Ob aber die deutsche Kreditwirtschaft mit ihren drei Lagern Sparkassen, Genossenschaftsbanken und privaten Banken wirklich gestärkt aus dieser Krise herauskommt, bleibt offen. Ackermann hat auch dafür eine Perspektive.

Er will "ohne Emotionen, ohne Politik" darüber beraten, ob das deutsche Bankensystem nicht umzuorganisieren sei. "Kann man die Kräfte nicht irgendwie bündeln, gemeinsam für Deutschland operieren?", fragte er kühn und patriotisch in die Runde. Da war er wieder ganz Feuerwehrmann und Galionsfigur der einzigen globalen Bank Deutschlands.

© SZ vom 06.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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