Deutsche Bank:Ackermanns Kamerad

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Die Deutsche Bank verpflichtet einen hohen Offizier der Schweizer Armee - für das Training ihrer Top-Manager. Bankchef Josef Ackermann kennt ihn.

Hans Leyendecker

Die Schweizer Armee galt viele Jahre als Kaderschmiede der Nation. Dennoch überraschte die Nachricht, dass einer der bekanntesten Offiziere des Landes, der Divisionär Ulrich Zwygart, im Alter von 54 Jahren und nach mehr als 25 Jahren Armeedienst einen eher ungewöhnlichen Wechsel plant: Der Kommandant der Höheren Kaderausbildung der Armee in Luzern soll im Sommer als "Managing Director" bei der Deutschen Bank in London beginnen und dort den Bereich "Global Head Learning & Development" übernehmen - sich also um Fortbildung und Personalentwicklung im Top-Management kümmern.

Die Personalie ist aus mehreren Gründen bemerkenswert: Dass ein Schweizer Offizier nach so vielen Jahren den Bundesdienst mit einem Job in der Finanzwelt tauscht, ist nicht alltäglich.

Dass er zu einem deutschen Geldinstitut wechselt, ist auch bemerkenswert. Die Berufsveränderung des promovierten Juristen und Rechtsanwalts wäre vermutlich ohne den Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der Oberst der Schweizer Armee ist, so nicht zustande gekommen.

Der sprachgewandte und auch im Ausland geschätzte Zwygart war unter anderem Kommandant einer Panzerbrigade sowie Kommandant von Panzertruppen- und Offiziersschulen und ist eine Führungs-Persönlichkeit im Wortsinn. So hat er etliche Bücher zu Fragen der militärischen Ausbildung, Erziehung und Führung verfasst.

Anleihen bei den Generalstabsschulen

Im deutschsprachigen Management ist vor allem sein im vergangenen Jahr erschienenes Lehrbuch "Wie entscheiden Sie?" viel beachtet worden. Anhand von zehn Beispielen vom Altertum bis zur Gegenwart erklärt der Offizier Entscheidungsprozesse. Hannibals Optionen im Kampf gegen Rom werden ebenso analysiert wie die Planungen, mit denen der legendäre General-Electric-Chef Jack Welch seine Nachfolge regelte.

Zwygart macht klar, dass die von Führungskräften gern für sich reklamierte Entscheidungsfreude auch einen Zwilling haben muss: Wer entscheidet, muss auch die Verantwortung übernehmen. Daran hapert es oft.

Der Offizier war in den vergangenen Jahren immer wieder als Kandidat für Spitzenpositionen in der Schweizer Armee gehandelt worden. Als er im vergangenen Jahr bei der Ernennung des neuen Heereskommandanten erneut übergangen wurde, soll er sich entschlossen haben, noch einmal die Seiten zu wechseln. Dass Zwygart zu Ackermanns Bank geht, ist kein Zufall. Die beiden kennen sich.

Der knapp sechs Jahre ältere Ackermann, der auf der Rekrutenschule seinen Spitznamen "Joe" bekam, hat nicht nur den für die meisten Schweizer obligatorischen Militärdienst absolviert, sondern früh auch eine Offizierskarriere angestrebt. Obwohl die Schweizer Armee manchmal als "Trachtenverein im Kampfanzug" verspottet wird, soll Ackermann den Militärdienst sehr ernst genommen haben.

Als Hauptmann war er Kommandant in einer Artillerie-Abteilung. Er wurde dann Abteilungs- und Batteriekommandant im Offizierskader und schließlich Oberst. Jedes Jahr trifft er sich mit den Kameraden vom Militär, von denen es einige auch in Geldhäusern, Konzernen und in der Politik recht weit gebracht haben.

Die Deutsche Bank gewichtet unter Ackermann die im Militär vermutete Analyse- und Entscheidungsfähigkeit hoch. So werden in der bankeigenen Risiko-Akademie in London methodische Grundsätze geübt, die in Generalstabsschulen üblich sind.

© SZ vom 11.03.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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