Dax-Geburtstag:Partyschreck Steinbrück

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Die Feierstunde hatte so schön begonnen: Mit Torte und mit prominenten Feiergästen. Dann verdarben jedoch zwei Dinge den Dax-Geburtstag: Finanzminister Steinbrück - und die Realität.

Martin Hesse

"Mister Dax" steht auf Dirk Müllers neuer Visitenkarte. Und darauf ist der Kursmakler heute besonders stolz, das sieht man seinem Gesicht an, das für viele die Börse symbolisiert. 20 Jahre ist der Dax an diesem Dienstag geworden und ein bisschen Geburtstag hat deshalb auch Müller. Entspannt sieht er von seinem Ufo-ähnlichen Händlerplatz seinen prominenten Gästen zu, die sich um eine in den Börsenfarben weiß und blau gehaltene sechsstöckige Geburtstagstorte drängen.

Da hatten sie noch gut lachen: Finanzminister Steinbrück (links) und Deutsche-Börse-Chef Francioni schneiden die Geburtstagstorte an - kurze Zeit später fielen die Kurse. (Foto: Foto: dpa)

Selten war so anschaulich wie heute, dass die Deutsche Börse keine Präsenzbörse mehr ist - für einen solchen Menschenauflauf ist auf dem mit Computern zugestellten Parkett kein Platz.

Ganz vorne steht Reto Francioni, der gewichtige Chef der Deutschen Börse. Umringt wird er von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Bundesbankchef Axel Weber und Finanzminister Peer Steinbrück. Steinbrück und Francioni demonstrieren dann erst einmal, warum der eine Börsenchef geworden ist und der andere Politiker.

Der halbierte Dax

Francioni spricht spröde von Milliardenumsätzen, Optionsscheinen und der Dax-Wirtschaftselite. "Wer drin ist, ist in." Steinbrück hält sich nicht länger mit Elogen auf den Dax auf, als das Gebot der Höflichkeit erfordert. Er kritisiert stattdessen, dass Dax-Vorstände ihre Gehälter in 20 Jahren um 650 Prozent gesteigert haben und warnt vor den Folgen der Bankenkrise.

Mister Dax gefällt das. "Respekt, dass er hier auch mal die strukturellen Probleme anspricht", sagt Müller. Doch so richtig verderben will auch Steinbrück die Geburtstagsparty nicht. Er wünscht dem Dax "merkwürdige Laufbewegungen" - kurz und langsam soll es rückwärts gehen, vorwärts aber schnell und ausgiebig. Schließlich verdient an Kursgewinnen auch der Finanzminister.

Doch dann wird es gefährlich. "Ihr halbiert gerade den Dax", ruft einer aus den hinteren Reihen. Doch zum Glück gilt das nur für die Torte, die Francioni und Steinbrück gemeinsam anschneiden. "Ich habe die Hälfte schon im Anzug", sagt der Minister. Er gönnt sich und Francioni nur ein kleines Häppchen, ehe er kurz von der Traube der Fernsehkameras und Journalisten geschluckt wird und noch ein paar Spitzen gegen die straffe Geldpolitik der Europäischen Zentralbank setzt - Rücken an Rücken mit dem Bundesbankpräsidenten.

Die Glocke bimmelt, die Kurse fallen

Dann rucken alle Köpfe noch oben. Noch wenige Sekunden bis 9 Uhr. Francioni, die Börsenglocke in der Hand, ruft den Minister zu sich. "Sie müssen sie nach oben halten, sonst gehen die Kurse runter."

Steinbrück folgt, die Glocke bimmelt, die Kurse fallen trotzdem.

Drei Etagen der Torte sind abgetragen, als der Minister sich abwendet. "Ach Herr Ackermann, dass Sie sich das antun", ruft er dem Deutsche-Bank-Chef noch zu. Bald danach gehört das Parkett wieder den Geburtstagskindern. Zu feiern hat an diesem Tag keiner mehr was. Der Dax sackt in sich zusammen, allen voran Ackermanns Bank-Aktie.

© SZ vom 02.07.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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