Dämmstoffe:Der Thermoskannen-Effekt

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Wer sein Haus fachgerecht dämmt, erhält die Bausubstanz, steigert den Wert für sein Gebäude und kann bis zu 50 Prozent Energie sparen .

Wiebke Schodder

Der Mensch hat's gern behaglich in seinen vier Wänden. Gerade wenn draußen die Temperaturen fallen, möchte er drinnen um keinen Preis auf seine 23-Grad-Gemütlichkeit verzichten - und er heizt und heizt und heizt ...

Monat für Monat fallen nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur (dena) bundesweit mehr als dreißig Prozent der Betriebskosten für warme Räume und heißes Wasser an. Ein Phänomen, das sich in den letzten Jahren trotz steigender Energiepreise nicht verändert hat.

Doch spätestens mit dem für 2006 geplanten Inkrafttreten der neuen Energieeinsparverordnung und der damit verbundenen flächendeckenden Einführung von Energiepässen werden Hausbesitzer einer Frage nicht mehr länger ausweichen können: Wie kann die Wärme nicht nur in die vier Wände geholt, sondern dort auch gehalten werden?

Die Antwort ist vielschichtig, läuft aber in all ihren Varianten auf den Begriff "Dämmung" hinaus: Mit unterschiedlichen Materialien wird der Austausch von Energie verringert, ein Gebäude also so angelegt oder verändert, dass es wie eine Thermoskanne die gewünschte Temperatur möglichst lange im Inneren speichert und somit wenig Energie nach außen abgibt oder von dort aufnimmt.

Die Problematik ist so alt wie der Hausbau selbst. Die Suche nach einer Lösung, die nicht nur ihren Zweck erfüllt, sondern zusätzlich der menschlichen Gesundheit, der Umwelt, dem ästhetischen Bewusstsein und den finanziellen Mitteln gerecht wird, scheint endlos. Doch mittlerweile gibt es einige Möglichkeiten, die dem angestrebten Ideal sehr nahe kommen und auch nachträglich eingebaut werden können.

Für Oliver Völksch von der Energieagentur Rhein-Main ist der Klassiker bei der Fassadendämmung das so genannte Wärmedämmverbundsystem. "Es hat nur Vorteile", sagt der Bauingenieur. "Das Gebäude erhält eine Wertsteigerung, die Bausubstanz bleibt erhalten und vor allem wird Energie eingespart." Bei dieser Methode werden leichte Dämmstoffe mit einem relativ schweren Stein kombiniert und entweder von außen auf die Hauswand geklebt und anschließend verputzt oder bei einem verklinkerten Bau hinter die Steine in den vorhandenen Hohlraum eingebracht.

Die Materialien - meistens in Plattenform angefertigt - variieren dabei zwischen geschäumten Kunststoffen wie Polystrol, Mineralfasern und Pflanzenstoffen, so zum Beispiel Holzweichfaser. "Polystrol- und Mineralfaserplatten sind dabei von ihrer Dämmwirkung nahezu gleichwertig, die Holzweichfaser ist geringfügig schlechter", so der Energie-Experte.

Die Mineralfaserdämmung hat dabei aber zusätzlich noch die Vorteile, dass sie nicht brennbar und ökologisch verträglicher ist. Außerdem bietet sie als Faserstoff den besseren Schallschutz und die entstehenden Stäube sind - so die Ergebnisse einer Öko-Test-Untersuchung vom November 2005 - entgegen jahrelanger Vorurteile bei den heute verkauften Produkten nicht krebserregend.

Wer seine Fassade nicht nachträglich, sondern von vornherein energiesparend anlegen möchte, der hat neben der Verwendung eines Wärmedämmverbundsystems auch die Möglichkeit, mit einer so genannten monolithischen Lösung zu arbeiten. Auf einen Dämmstoff im engeren Sinne wird dabei verzichtet. Stattdessen besteht die Außenwand nur aus relativ leichten Steinen, die von innen und außen verputzt sind. "Es ist eine gute Alternative", sagt Völksch. "Ich würde aber jedem zu einem guten Wärmedämmverbundsystem raten. Mit einer geringeren Dicke wird hier ein wesentlich besserer Wärme- und Schallschutz gewährleistet."

Zwar gilt im Allgemeinen der Grundsatz, je dicker die Dämmung, desto besser - die architektonischen Grenzen sind aber schnell ausgereizt. So müsste eine Betonwand von 8,92 Metern errichtet werden, um die Dämmfähigkeit von 17 Zentimetern Mineralfaserplatte zu erreichen.

Was an der Hauswand bei einem großen Grundstück und mit aufwändigen Baumaßnahmen eventuell noch umzusetzen wäre, ist bei der Dachdämmung nahezu unmöglich. Hier gilt es zwingend, auf engstem Raum maximalen Wärmeschutz zu erreichen - und das nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer. "Das Dach ist eine leichte Baukonstruktion", erläutert Völksch. "Die Gefahr der Überhitzung ist dort recht hoch, da es an Masse fehlt, um die Energie von außen abzufangen." An der Außenwand wird das durch die Steine des Mauerwerks erreicht.

Beim Dach empfiehlt es sich, diesen Effekt durch einen recht schweren Dämmstoff zu erzeugen. Die Auswahl teilt sich ähnlich wie bei den Fassaden auch hier in Kunststoffe, Mineralfasern und pflanzliche oder tierische Materialien auf.

Egal ob Dach oder Wand - wer sein Haus dämmen will, der sollte mit Kosten von etwa 80 Euro pro Quadratmeter rechnen. Doch die Investition lohnt sich, und das nicht nur der Umwelt zuliebe, wie Oliver Völksch versichert: "Durch eine gleichzeitige Außenwand- und Dachdämmung können durchaus 40 bis 50 Prozent Energie eingespart werden." Wichtig ist dabei nur, sich für die richtige Variante zu entscheiden und sie fachgerecht einbauen zu lassen. Denn die beste Dämmung ist nur so gut wie ihr Monteur. Und trotz neuer Möglichkeiten kann bei falscher Anwendung schnell ein altes Klischee bedient werden und Dämmung mit Feuchtigkeits- und Schimmelbildung einhergehen.

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