Commerzbank:Der Staat als Banker

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Staats-Milliarden für die Commerzbank: Der Bund korrigiert Manager-Fehlentscheidungen und ermöglicht eine von höchster Stelle gewünschte Bankenfusion, die ansonsten platzen würde.

Thomas Fromm

Es war eine dieser nur schwer verdaulichen Finanzmitteilungen, die die Commerzbank am Donnerstagabend verschickte. Ein kurzer Text, gespickt mit vielen Zahlen und noch mehr technischen Begriffen. Nur ein Satz war auf den ersten Blick glasklar, und es war wohl der wichtigste von allen: "Die Übernahme der Dresdner Bank" stehe "kurz vor dem Abschluss."

Wenn der Staat mitbestimmt: Der Bund steigt mit 25 Prozent plus einer Aktie bei der zweitgößten deutschen Privatbank - der Commerzbank - ein. (Foto: Foto: ddp)

"Vor dem Abschluss" - so klingt in der Sprache der Banker die Ankündigung eines Happy Ends. Für die beteiligten Finanzinstitute ist es auch eines: Die Commerzbank bekommt Hilfen in Höhe von 18,2 Milliarden Euro, akzeptiert dafür den Bund als neuen Großaktionär mit über 25 Prozent; und hat nun genug Geld, um die Übernahme der Allianz-Tochter Dresdner Bank doch noch zu stemmen. Finanziert wird das Happy End vom Staat und seinen Steuerzahlern. Der Bund pumpt Milliarden in die Commerzbank - eine Bank, die gerade mal noch vier Milliarden Euro wert ist. Ob er das Geld jemals wieder sehen wird, ob sich der 25-Prozent-Anteil des Staates an der Commerzbank tatsächlich irgendwann mit Gewinn veräußern lässt - all das ist ungewiss. Gute Geschäfte sehen anders aus.

Dass der Staat Milliarden in die Commerzbank schießt, lässt sich daher auch nur zum Teil durch die Finanzkrise erklären. Die Regierung greift auch deshalb ein, weil die Commerzbank im Spätsommer eine folgenschwere Entscheidung getroffen hat, die sie jetzt aus eigener Kraft nicht mehr umsetzen kann: den Kauf der Dresdner Bank. Damit geht es um mehr als die Rettung einer Bank. Der Bund korrigiert die Fehlentscheidungen von Managern und ermöglicht mit seinen Milliarden eine von höchster Stelle gewünschte Bankenfusion, die ansonsten platzen würde. Das ist gut so, weil die Folgen eines Zusammenbruchs von Commerzbank und Dresdner wohl noch schlimmer wären. Und es ist gleichzeitig schlecht, weil der Staat eine Rolle bei der Neuordnung des deutschen Finanzsektors einnimmt, die ihm nicht zusteht.

Am folgenreichsten aber ist, dass der Staat mit seinen zwei Vertretern im Aufsichtsrat des Instituts automatisch in die Rolle eines Bankers schlüpft. Eine Rolle übrigens, auf die er sich noch nie verstanden hat. Nicht bei der beinahe pleite gegangenen Mittelstandsbank IKB, und schon gar nicht bei den Landesbanken, die stärker als jedes private Institut von der Finanzkrise erwischt wurden. Besonders anschaulich lässt sich dies am Beispiel der BayernLB illustrieren. Jahrelang haben hier politische Funktionäre regiert und kontrolliert. Oft auch zum eigenen Nutzen. Heute braucht die Bank, die einst an den großen Finanzplätzen der Welt mitspielte und dabei Milliarden verlor, zum Überleben öffentliche Hilfen von 30 Milliarden Euro. Dass sie selbst inzwischen weniger als eine Milliarde Euro wert ist, erinnert von den Dimensionen her an die Commerzbank - und zeigt das ganze Ausmaß an Absurdität.

Vor allem diejenigen, die bisher dem Credo des freien Marktes anhingen, müssen sich nun auf merkwürdige Weise verbiegen, um den Ereignissen noch folgen zu können. FDP-Chef Guido Westerwelle zum Beispiel. Der Liberale, der bislang nicht unbedingt als Verfechter staatlichen Bankenbeteiligungen auftrat, kann dem Ganzen durchaus noch eine marktwirtschaftliche Logik abgewinnen, da ja der Staat Aktienanteile gegen Bares tausche. Der Staat, so Westerwelle, sei zwar nicht der bessere Banker, er habe einfach nur "mehr Geld". Was Westerwelle nicht sagt: Könnte der Steuerzahler frei entscheiden, würde er sich womöglich nicht auf einen solchen Deal einlassen. Schon jetzt ist klar, dass sich der Bund auch zum Großaktionär anderer Krisenbanken aufschwingen wird. So ist bereits vom angeschlagenen Hypothekenfinanzierer Hypo Real Estate die Rede. Zur Gewohnheit sollte dies aber auf keinen Fall werden. Der Staat hat zurzeit zwar tatsächlich mehr Geld als die Banker. Aber es gehört den Steuerzahlern.

© SZ vom 10./11.01.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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