Chelsea Clinton:In ihrem Bunde die Dritte

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Chelsea, die Tochter von Hillary und Bill Clinton, unterstützt ihre Mutter im Präsidentschaftswahlkampf - und macht nebenbei auch noch Karriere an der Wall Street.

Nikolaus Piper

Zu den Stereotypen des amerikanischen Wahlkampfs gehört der Begriff "die Clintons". Republikanische PR-Berater benutzen ihn gerne, um die Kandidatin Hillary Clinton zu dämonisieren: Würde sie gewinnen, dann kehrten "die Clintons" ins Weiße Haus zurück, heißt es zum Beispiel. Das suggeriert, dass Hillary gar nicht so sehr in eigener Verantwortung handelt, sondern als Teil eines mächtigen Clans oder gar der "Clinton-Maschine".

Seite an Seite durch den Wahlkampf: Chelsea und Hillary Clinton. (Foto: Foto: Reuters)

In den vergangenen Wochen allerdings hat der Begriff einiges an Plausibilität gewonnen. Hillarys Ehemann Bill mischte sich plötzlich in den Wahlkampf ein und ging den Konkurrenten seiner Frau, Barack Obama, persönlich an. Und nun schaltet sich auch noch die Dritte der Familie in den Wahlkampf ein: Chelsea Clinton. Die Tochter von Bill und Hillary zeigt sich nicht nur auf Siegesfeiern, wie diese Woche am Abend des Super Tuesday in New York. Sie tritt auch als Rednerin und Diskutantin auf.

Der plötzliche Einsatz Chelseas ist insofern bemerkenswert, als Hillary Clinton immer strikt darauf achtete, ihre Tochter von der Öffentlichkeit abzuschirmen, seit diese als zwölfjähriges Mädchen mit Zahnspange und unsicherem Lächeln ins Weiße Haus eingezogen war. Es gelang ihr auch weitgehend, die "First Daughter" aus den Skandalen und den Schlammschlachten Washingtons herauszuhalten. Warum jetzt diese Wende? Amerikanische Journalisten spekulierten bereits, Chelsea solle den verheerenden Eindruck ausgleichen, den ihr Vater bisher im Wahlkampf machte.

Avenue Capital: Interessante Firma, interessanter Chef

Chelsea Victoria Clinton hat mit ihren 27 Jahren bereits eine selbst für amerikanische Verhältnisse steile Karriere hinter sich. Sie studierte an der angesehenen Stanford-Universität in Kalifornien, zunächst Chemie, später Geschichte. Anschließend wechselte sie an die Universität Oxford und schloss als Master ab. Nach dem Examen heuerte sie mit 23 Jahren bei der Unternehmensberatung McKinsey in New York an; dort verdiente sie zum Start mehrere hunderttausend Dollar, wie amerikanische Medien damals berichteten. Ende 2006 kündigte sie bei McKinsey und wechselte als Analystin zu dem Hedgefonds Avenue Capital.

Avenue ist eine unter vielen Aspekten interessante Firma. Sie wurde 1995 von dem Investmentbanker Marc Lasry gegründet und verwaltet heute ein Vermögen von ungefähr 20 Milliarden Dollar. Die Strategie des Fonds besteht im Wesentlichen darin, notleidende Kredite mit einem kräftigen Abschlag zu kaufen und die darin enthaltenen Restwerte zu realisieren. Besonders in der jetzigen Finanzkrise spielen diese "Distressed-Debt"-Fonds eine wichtige Rolle als spekulative Käufer, wenn niemand mehr bereit ist Risiken einzugehen. Avenue Capital gehört dabei zu den Etablierten der Branche. Die Investmentbank Morgan Stanley ist zu 15 Prozent beteiligt.

Eine Sprecherin von Avenue wollte sich am Donnerstag weder zur Person von Chelsea Clinton noch zur Art ihrer Beschäftigung äußern. Interessant ist aber auf jeden Fall der Gründer von Avenue Capital: Marc Lasry ist ein einflussreicher Mann im Hintergrund der Demokratischen Partei und einer ihrer wichtigsten Spender. Nach der offiziellen Statistik der Bundeswahlkommission in Washington hat Lasry den Demokraten bisher 192.900 Dollar gespendet; ein erheblicher Teil des Geldes kam dabei Hillary Clinton für ihren Wahlkampf als Senatorin in New York zugute. Die Zahlen geben jedoch kaum Aufschluss über die wahre Bedeutung Lasrys. Individuelle Parteispenden sind in den Vereinigten Staaten streng reguliert, viel wichtiger für die Demokraten dürfte Marc Lasry als "Fundraiser" sein, als jemand, der andere zum Spenden bewegt.

Karriere und Ehrenamt

Unbeschadet der tatsächlichen Arbeit von Chelsea bei Avenue Capital zeigt deren Jobwahl, wie eng die Familie Clinton der Wall Street verbunden ist. Eine Schlüsselfigur ist, neben Lasry, Robert Altman. Altman betreibt in Manhattan eine kleine Investmentbank namens Evercore Partners und ist der wichtigste Wirtschaftsberater von Hillary. Ursprünglich kommt Altman von Lehman Brothers, er arbeitete mit Stephen Schwarzman bei dessen Private-Equity-Firma Blackstone zusammen und war schließlich stellvertretender Finanzminister im Kabinett von Bill Clinton. Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluss von Robert Rubin, Clintons einstigem Finanzminister. Vor seiner Zeit in Washington hatte Rubin bei Goldman Sachs Karriere gemacht, heute ist er die graue Eminenz im Verwaltungsrat von Citigroup, der größten Bank Amerikas und Vizepräsident des einflussreichen Council on Foreign Relations. Rubin gehört dem Wahlkampfteam von Hillary Clinton als Wirtschaftsberater an.

Chelsea Clinton macht unterdessen nicht nur Karriere, sie nimmt auch nach und nach Ehrenämter an, wie man dies in Amerika von einer jungen Frau ihrer Prominenz erwartet: Sie sitzt im Verwaltungsrat der School of American Ballet in New York und arbeitete als Fundraiser für die Stiftung ihres Vaters Bill.

© SZ vom 08.02.2008/sma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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