Börse: Markus Frick:"Es tut mir leid"

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Der selbsternannte Börsenguru Markus Frick gibt vor Gericht zu, schlecht recherchiert und gut verdient zu haben. Tausende Anleger verloren ihr Geld. Jetzt muss das Gericht klären, ob er wirklich nur schlecht recherchiert hat.

Camilo Jiménez und Hannah Wilhelm

Auftritt Markus Frick. Ruhig ist er. So kennt man ihn gar nicht, den selbst ernannten Börsenguru, der bis vor einigen Jahren noch lautstark polternd im Fernsehen und auf großen Bühnen auftrat und Aktien anpries. An diesem Donnerstag, dem 3. März 2011, steht er auf keiner Bühne, sondern vor Gericht. Dem Berliner Landgericht, Saal 618, Wirtschaftskammer, Alt Moabit. Als Angeklagter.

Ein Kniefall vor seinen Anlegern und dem Gericht. Markus Frick weiß, zu wirken. (Foto: dpa)

Frick, 38, war in der Branche der Zocker einer der Großen. Der gelernte Bäckermeister aus dem Kraichgau moderierte eine Börsensendung beim Sender N24 und gab einen Börsenbrief mit Aktientipps heraus, den Anleger für Geld abonnieren konnten. Tausende pilgerten zu seinen Börsen-Seminaren, sie kauften die von ihm empfohlenen Aktien und seine Bücher mit Titeln wie "Ich mache Sie reich: Der Mann, der Millionäre macht" oder "Das Geld liegt auf der Straße. Das 30-Tage-Programm für mehr Erfolg und Gewinn". Ihm schien alles zu gelingen. Bis die Bankenaufsicht Bafin und dann auch die Staatsanwaltschaft gegen ihn zu ermitteln begannen.

Ihre Vermutung: Frick habe mit seinem Börsenbrief Kurse beeinflusst, eigentlich wertlose Aktien "hochgepusht" und damit Geld verdient. Seine Privat- und Geschäftsräume wurden durchsucht. 2007 war das. Die Medien berichteten über die Ermittlungen und über empörte Anleger. Frick verschwand kurzzeitig von den Bühnen und von der Bildfläche. Aber nicht lange: Er kam wieder, lud Anleger von früher zu Seminaren ein, empfahl wieder Aktien. Nur hielt sich Markus Frick etwas mehr im Hintergrund.

"Solider Typ"

Nun sitzt er auf dem Stuhl des Angeklagten. Schwarzer Anzug, blauweiß gestreiftes Hemd, dunkelblaue Krawatte. Frisch rasiert und frisiert. Wie ein Junge, der wegen einer Eskapade geschimpft worden ist und nun wieder brav an den Familientisch zurückkehrt. Der Rücken gerade, die Hände zu Fäusten geballt auf dem Tisch. "Solider Typ", sagt eine Frau im Publikum.

Der Staatsanwalt liest die Anklageschrift vor. Die Vorwürfe: Der Kerl im feinen Anzug habe in 49 Fällen den Kauf von Aktien empfohlen, ohne zugleich seine "bestehenden eigenen wirtschaftlichen Interessen" offen gelegt zu haben. Dies lief dann laut Staatsanwalt wie folgt ab: Die fast 20000 Abonnenten des Börsenbriefs investierten in die empfohlenen Aktien, wodurch die Kurse stiegen und Frick stillschweigend profitierte, da er sich selbst zuvor mit den Werten günstig eingedeckt hatte. Viele der Anleger verloren dagegen Geld. Der Staatsanwalt wirft Frick zudem vor, den Anlegern wertlose Aktien empfohlen zu haben. Dabei soll es sich um Papiere der Rohstofffirmen Star Energy, StarGold Mines und Russoil gehandelt haben, die Frick ebenfalls selbst besaß. Aufgrund von seinen Empfehlungen sollen die Kurse zunächst enorm gestiegen sein, bevor sie auf nahezu null abstürzten.

Es ist still im Saal 618 des Landgerichts, während der Staatsanwalt die Anklageschrift verliest und die berühmten Motti vom früher stets perlweiß lächelnden Frick rezitiert: "Wir erhöhen das Kursziel", "Prima Börsengang", "Sensation, deutsche Qualitätsaktien", "Gold gute Chance". Jede Minute scheint an der Geduld des Angeklagten zu zehren. Er wird unruhig, fährt sich durch die Haare, lässt seinen Blick übers Publikum schweifen.

Frick sei sich bewusst gewesen, sagt der Staatsanwalt indes, dass die Steigerung der Nachfrage ihm zugute kam.

Jetzt ist Frick dran. Ja, er möchte sich gerne äußern. Und dann ist er wieder ganz da, Markus Frick, der Showman. Seine Bühne, seine Rede: Er bedauere es, wenn Anleger Nachteile erlitten haben. Dies belaste ihn sehr. Er habe die Aktien empfohlen, weil er von ihnen überzeugt gewesen sei - und die schlechten Ergebnisse hätten auch ihn überrascht. Er wolle heute Fehler zugeben: Ja, er habe schlecht recherchiert. Zwei Herren aus den USA, die er als seriöse Geschäftspartner gekannt habe, hätten ihn mit positiven Nachrichten über Unternehmen "instrumentalisiert". Mit Recherche hätte er wissen können, sagt er, dass es den empfohlenen Aktien an Substanz fehlte. Er habe sein "mittelbares Interesse" an den von ihm empfohlenen Aktien den Anlegern gegenüber nicht offengelegt. "Wenn ich mich falsch verhalten habe und dies strafbar sein soll, übernehme ich dafür die Verantwortung", sagte er. Und: "Es tut mir leid." Ein Kniefall vor seinen Anlegern und dem Gericht. Markus Frick weiß, zu wirken.

Fünf Verhandlungstage hat das Gericht eingeplant. Fünf Tage also, in denen vor allem die eine zentrale Frage zu klären sein wird: Hat Frick tatsächlich nur schlecht recherchiert oder wusste er genau, was er tat?

© SZ vom 04.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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