Baufinanzierung:Noch herrschen paradiesische Bedingungen

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Was ist am Ende preiswerter: die günstige fünf- oder die sichere zehnjährige Zinsbindung? Wenn man den kritischen Zins kennt, fällt die Entscheidung leichter.

Antje Schweitzer

Andere Branchen, andere Sitten. Während die großen Handelsketten die Verbraucher mit immer neuen Schnäppchen umwerben, halten sich Banken und Sparkassen mit ihren Angeboten weitgehend und eher vornehm zurück. Dabei hätten sie allen Grund dazu, ein großes Marketing- und Reklamerad zu drehen. Sind doch die Hypothekenzinsen nicht erst seit ein paar Tagen billig, sondern mittlerweile schon seit mehr als einem Jahr. So kostet Baugeld, abhängig von der Zinsbindung, zwischen 4,0 und 4,5 Prozent effektiv.

Zurzeit ist die Baufinanzierung noch sehr günstig, aber wie lange noch? Langfristige Prognosen sind wenig verlässlich. (Foto: Foto: dpa)

"Der langfristige Mittelwert ist deutlich höher", sagt Max Herbst, Chef der Frankfurter FMH-Finanzberatung. Dieser beträgt bei zehnjähriger Festschreibung der Konditionen etwa sieben Prozent.

Angesichts dieses paradiesischen Umfelds für Häuslebauer und -finanzierer, legt Herbst nach: "Das billige Baugeld verlangt geradezu nach einer langen Zinsfestschreibung." Im Gegensatz zu früher seien 15 Jahre beinahe Pflicht. Bisweilen lohne es sogar, die Zinskonditionen für 20 Jahre festzuschreiben. Dies ist zwar einige Zehntel Prozentpunkte teurer als kürzere Bindungen. "Allerdings hat der Finanzierer dadurch fast eine kleine Ewigkeit Kalkulationssicherheit", betont Herbst.

Wahl zwischen fünf und zehn Jahren

Ein Rechenexempel für Tüftler und Preisbewusste. Zwar sind lange Zinsbindungen von zehn und mehr Jahren deutlich preiswerter als im Schnitt der Vergangenheit, doch die kurze Leine von nur fünf Jahren kommt den Bauherrn absolut gesehen nochmals um einige Zehntel Zinspunkte billiger.

Bei einem Darlehen von 150.000 Euro beispielsweise bringt jedes Zehntel weniger eine Zinsersparnis von immerhin zirka 150 Euro im Jahr. Da können, abhängig von der Darlehenshöhe und dem Preisunterschied, etwa zwischen fünf- und 15-jähriger Zinsbindung, schnell sogar ein paar Hundert Euro Ersparnis jährlich zusammenkommen. Doch dieser Vorteil kehrt sich schnell in sein Gegenteil, sofern bei der späteren Anschlussfinanzierung nach Ende der Zinsbindung Baugeld deutlich teurer geworden ist.

"Dann muss der Bauherr zu schlechteren Konditionen abschließen, so dass die vorherigen Zinsersparnisse oft aufgezehrt werden und am Ende sogar eine höhere finanzielle Belastung herauskommt", warnt Max Herbst.

Eine Frage, die jedoch niemand beantworten kann, lautet deshalb: Wie hoch sind die Hypothekenzinsen bei der künftigen Anschlussfinanzierung?

Auch bei einem tiefen Blick in die Glaskugel sind Prognosen über die weitere Entwicklung der Hypothekenzinsen unmöglich. Letztlich orientieren sie sich an den Trends der internationalen Kapitalmärkte. Steigen die Renditen für Staatsanleihen, insbesondere von Pfandbriefen, dann wird auch Baugeld teurer. Und umgekehrt. Zwar deutet momentan nichts darauf hin, dass die Anleihen-Renditen in den nächsten Jahren dramatisch steigen werden, doch fällt auf, dass die Schwankungsbreite an den Rentenmärkten deutlich zugenommen hat.

Es wäre Pech, wenn Baugeld just zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung ein vorübergehendes Hoch erreichen würde. Doch weil viele Bauherren und Käufer ihre Finanzierungen erfahrungsgemäß recht eng ausgelegt haben, können "sie sich weder Pech leisten noch sollten sie Zinsunsicherheiten akzeptieren", rät Herbst.

Die einzig plausible Empfehlung lautet deshalb: sich die günstigen Konditionen möglichst zehn oder 15 Jahre, wenn nicht länger, zu sichern. Wer bindungswillig ist, aber mit unterschiedlichen Fristen liebäugelt, der sollte sich um den so genannten kritischen Zins kümmern.

Hinter ihm steht folgende Frage: Wie weit dürfen die Hypothekenzinsen bis zur Anschlussfinanzierung steigen, dass zweimal fünf Jahre Zinsbindung nicht teurer werden als einmal zehn Jahre? Problemlos lassen sich die Berechnungen des kritischen Zinses für andere Bindungsrelationen anstellen.

Zwar kann der Finanzierer mit der Berechnung des kritischen Zinses keine Prognosen über die künftigen Preise für Baugeld anstellen. Doch mehr als ein Blick in die Glaskugel ist die Kalkulation allemal. "Wenn der Bauherr den kritischen Zins kennt, weiß er, was auf ihn zukommen könnte. Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Bindungsfrist fällt dann einfacher", glaubt Herbst.

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