Anlageberatung:Schlechte Noten für Bankberater

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Schwaches Ergebnis für die Banken: Bei 90 Prozent der Beratungsgespräche registrierten Experten zum Teil erhebliche Mängel.

Die Beratungsqualität von Banken und Sparkassen ist nach einer Studie der Universität Bamberg oft mangelhaft. Privatanleger werden in Sachen Geldanlage fast immer unzureichend und nicht selten sogar falsch informiert, lautet das Ergebnis der Untersuchung unter Leitung des Wirtschaftswissenschaftlers Andreas Oehler.

Zur Beratung in einer Bank sollten Kunden bereits informiert erscheinen. (Foto: Foto: dpa)

Banken unter der Lupe

"Die Berater nehmen sich in der Regel nur sehr wenig Zeit für den Kunden, es mangelt an einer Aufklärung zu den Risiken, und ob die empfohlenen Produkte tatsächlich passen, ist eher vom Zufall abhängig", sagt Oehler, der den Lehrstuhl für Finanzwirtschaft an der Universität Bamberg leitet.

Nach den Untersuchungsergebnissen sei eine gute Anlageberatung die absolute Ausnahme. Für ihre Studie führten die Wissenschaftler anonym 90 Beratungsgespräche in mehreren süddeutschen Städten und ländlichen Regionen durch. Dabei nahmen sie alle großen Kreditinstitute unter die Lupe.

Bei den Gesprächen gaben die Tester an, 50.000 Euro aus einer Erbschaft anlegen zu wollen. Dabei wurden drei verschiedene Anlegertypen dargestellt, darunter zwei risikoscheue und in Finanzfragen unsichere Anleger sowie ein erfahrener und risikobereiter Kunde.

Beschämendes Testergebnis

Das Ergebnis der Gespräche dokumentierten die Tester in einem vereinheitlichten Protokollbogen. Bewertet wurden dabei unter anderem die Qualität der Kundenbefragung, die Aufklärung über Risiken der Geldanlage und die empfohlenen Produkte.

Das Ergebnis ist beschämend für die Banken. So dauerten die Beratungsgespräche im Schnitt nur rund 40 Minuten. "Das reicht kaum für eine Kundenbefragung aus, geschweige denn für eine ganze Anlageberatung", sagt Oehler. Nur in jedem zweiten Beratungsgespräch wurden Einkommenssituation und Renditewünsche des Kunden erfragt. Zugleich informierten sich nur zehn Prozent der Berater über das verfügbare Einkommen und lediglich vier Prozent fragten die Testkunden nach ihren Kenntnissen von Anlagerisiken.

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Auch bei den Produktempfehlungen gab es erhebliche Defizite. So wurden den wenig informierten und risikoscheuen Kunden entgegen deren Bedürfnissen oftmals Aktien und Anleihen empfohlen. "Nur in wenigen Fällen wurde das Kapital sinnvoll aufgeteilt, oftmals wurde sogar geraten, die 50.000 Euro in einen einzigen Fonds zu investieren", sagt Oehler.

Insgesamt registrierten die Experten bei 90 Prozent der Anlageberatungen erhebliche Mängel, weniger als zehn Prozent der Empfehlungen passten der Studie zufolge gut zum jeweiligen Kunden.

Die Kreditinstitute weisen die Vorwürfe zurück. "Wir wissen aus repräsentativen Untersuchungen, dass die große Mehrheit der Deutschen von den Leistungen ihrer Bank überzeugt ist", sagt Christian Lipicki vom Bundesverband deutscher Banken (BdB). Nach jüngsten Umfragen seien neun von zehn Bürgern zufrieden oder sogar sehr zufrieden.

Zudem hätten die Kreditinstitute ein eigenes Interesse an einer optimalen Betreuung, denn nur dann blieben die Kunden ihrer Bank treu. Dem entgegnet Oehler, dass die Befragungen der Kreditinstitute oft oberflächlich seien. Ein Indiz für dieUnzufriedenheit sei auch, dass immer mehr Kunden ihre Bank wechselten.

Vertrauen durch Wissen ersetzen

Deutsche Bürger haben immer noch ein starkes Vertrauen in die Bankberater. Deren Situation hat sich in den vergangenen zehn Jahren allerdings stark verändert. Der Verkaufsdruck ist gewachsen. "Es gibt klare Absatzziele pro Filiale je Berater", sagt ein ehemaliger Kundenberater einer deutschen Großbank.

"Das Fachwissen wurde durch das Vertriebswissen ersetzt." Die Ausbildung ist auch schlechter geworden. "Lehrlinge lernen das Bankgeschäft nicht mehr von Grund auf", kritisiert die Gewerkschaft Verdi.

Anleger sollten sich deshalb vor einer Beratung möglichst selbst umfassend informieren und sich über die eigene Risikobereitschaft und die Renditeerwartungen im Klaren zu sein. Hilfreich können auch Gespräche mit bankenunabhängigen Experten sein.

Hier bezahlt der Kunde zwar ein Honorar, er kann andererseits aber davon ausgehen, dass die Beratung nicht absatzgetrieben ist: Ein Honorarberater verkauft anders als der Kollege bei der Bank keine Produkte, sondern seine Expertise. Allerdings kommt es im Einzelfall immer auf die Kompetenz des Beraters an, unabhängig davon nach welchem Gebührenmodell er abrechnet.

Die Bamberger Studie ergab, dass gut informierte Kunden in der Regel eine bessere Beratung erhalten als unerfahrene. Das liegt vermutlich daran, dass ein aufgeklärter Kunde den Experten stärker fordert.

Neben kritischen Fragen empfiehlt Oehler, eine Begleitperson mit zum Beratungstermin zu nehmen. Das wirke sich unmittelbar auf die Qualität des Gesprächs aus und sei wichtig, um später eventuelle Schadensansprüche wegen Falschberatung durchzusetzen

© SZ vom 16.8.2008/AP/kim/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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