Aktienmarkt:Der schlimmste Juni seit der Großen Depression

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Hoher Ölpreis, hohe Inflation, niedrige Wachstumsraten: Weltweit brechen die Kurse ein: Die Wall Street erlebt gar den schlimmsten Juni seit der Großen Depression 1930.

Dow Jones: minus drei Prozent, Nasdaq: minus vier Prozent, Tokio: minus zwei Prozent - weltweit sind die Aktienkurse massiv unter Druck geraten.

Auch in Deutschland eröffnete der Dax erneut schwächer, nachdem er bereits am Donnerstag mehr als zwei Prozent verloren hatte.

Geballt treffen ungünstige Nachrichten die Anleger: Der Ölpreis eilt von Rekord zu Rekord und die Opec wird die Förderung nicht ausweiten. Die hohen Energiepreise werden weiter das Wirtschaftswachstum drücken und die Inflation antreiben.

Damit droht der amerikanischen Wirtschaft ein denkbar ungünstiges Szenario: Stagflation, die Kombination aus stagnierender Wirtschaft und gleichzeitig steigenden Preisen.

General Motors - halb so viel wert wie Ford

Die US-Notenbank stünde dann vor einem Dilemma: Sie müsste die Zinsen erhöhen, um die Inflation einzudämmen. Gleichzeitig würde sie damit die Wirtschaft abwürgen.

Schon jetzt hat in den Vereinigten Staaten die Arbeitslosigkeit das höchste Niveau seit dem Jahr 2004 erreicht.

Der Dow Jones hat im Juni bereits mehr als neun Prozent verloren. Damit könnte der Juni 2008 so schlecht enden wie seit fast 80 Jahren nicht mehr: Im Juni 1930 verlor der weltweit wichtigste Börsenindex 18 Prozent. Die Aktien sämtlicher Indexmitglieder fielen zurück.

Aber nicht nur die Furcht vor einem konjunkturellen Einbruch verschreckte die Anleger - die US-Investmentbank Goldman Sachs sorgte überdies mit Analysen zum Banken- und Automobilsektor für Aufsehen.

Die US-Banken Citigroup und Merrill Lynch stünden vor weiteren massiven Abschreibungen, hieß es.

Die Citigroup werde im zweiten Quartal wohl neun Milliarden Dollar abschreiben und sich frisches Kapital besorgen müssen.

Die Abschreibungen beim weltgrößten Broker Merrill Lynch könnten sich auf mehr als vier Milliarden Dollar belaufen.

Die Abschreibungen der Finanzindustrie summieren sich mittlerweile auf die ernorme Summe von 400 Milliarden Dollar.

Die Aktien beider Unternehmen verloren zwischen sechs und sieben Prozent.

Noch viel schlimmer traf es die Papiere von General Motors (GM), die zeitweise mehr als zwölf Prozent auf 11,21 Dollar verloren und damit vorübergehend auf den tiefsten Stand seit März 1955 rutschten. Die Goldman-Analysten hatten unter Hinweis auf die hohen Spritkosten und die zunehmend schwierige Situation auf dem Kreditmarkt die Aktien zum Verkauf gestellt.

GM hat jetzt nur noch einen Marktwert von 6,5 Milliarden Dollar - damit ist der Konzern halb so viel wert wie der kleinere Ford-Konzern und gar 23-mal weniger wert als das etwa gleich große Unternehmen Toyota.

Gerüchte über Chrysler

Bei Chrysler machten am Donnerstag gar schon Spekulationen die Runde, das Unternehmen könnte Gläubigerschutz anmelden. Chrysler-Sprecher Dave Elshoff sagte aber in einem Interview, das Unternehmen habe keine derartigen Pläne.

Chrysler gehört dem Investor Cerberus und ist nicht börsennotiert. Daimler ist aber noch mit 20 Prozent an der Ex-Tochter beteiligt.

Trotz allen negativen Vorzeichen gab es am Freitag aber auch Grund zu vorsichtigem Optimimus: Die Umsätze bei den US-Hausverkäufen stiegen um zwei Prozent und zum zweiten Mal in den letzten zehn Monaten. Selbst wenn das Niveau noch immer 16 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegt, hoffen manche Experten nun auf eine Bodenbildung am Immobilienmarkt.

Allerdings sinken die Durchschnittspreise für Häuser in den USA vorerst weiter - auch, weil die Zahl der Zwangsverkäufe laufend zunimmt.

In Deutschland glückte zudem der bisher größte Börsengang des Jahres. Die Aktien des Solartechnikhersteller SMA kosteten am Freitag zeitweise mehr als 50 Euro - der Ausgabepreis lag bei 47 Euro.

"Ich finde es großartig, dass wir trotz der heutigen Schwierigkeiten des Gesamtmarktes einen so guten Start hatten", sagte der Vorstandsvorsitzende und Mitgründer des Unternehmens, Günther Cramer, zum Börsenstart.

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