Abmahnungen und Abo-Fallen am Telefon:Bei Anruf Abzocke

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Dubiose Inkasso-Briefe, Abo-Fallen am Telefon: Unredliche Massenabmahnungen sind ein Millionengeschäft. Die Justizministerin will mit einem Gesetz dagegen vorgehen und Verbraucher besser schützen - unter anderem durch drakonische Geldstrafen.

Daniela Kuhr

Bei Geschäften per Internet oder Telefon sollen Verbraucher künftig nicht mehr so leicht über den Tisch gezogen werden können. Anfang 2012 will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ein Gesetzespaket vorlegen, das die Rechte der Kunden bei solchen Geschäften stärkt. Nach wie vor seien Verbraucher in dem Bereich "ärgerlichen Methoden ausgesetzt, denen ich mit einem kompakten Gesetz einen Riegel vorschieben will", sagte Leutheusser-Schnarrenberger am Mittwoch zur Süddeutschen Zeitung.

Drei Ärgernisse will die Ministerin angehen. Da wäre zum einen der sogenannte Abmahnmissbrauch, mit dem einige Anwaltskanzleien ohne jeden Aufwand mittlerweile sehr viel Geld verdienen. So mahnen sie beispielsweise massenhaft private Internetnutzer ab wegen einer angeblichen Verletzung von Urheberrechten. Oder sie mahnen Kleinunternehmen wegen geringster Wettbewerbsverstöße auf ihrer Webseite ab. Beides - sowohl die Urheberrechtsverletzung als auch die Wettbewerbsverstöße - lässt sich heutzutage mit einer modernen Software problemlos per Knopfdruck ermitteln. Trotzdem verlangen die Anwälte für die Abmahnungen zum Teil horrende Gebühren.

Vor allem kleine Unternehmen könnten von solchen Abmahnungen "existenziell bedroht werden", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Deshalb will sie künftig für wettbewerbliche Abmahnungen niedrigere Gebühren vorschreiben. Auch soll es nicht mehr so leicht möglich sein, dass die Anwälte sich das Gericht, vor dem sie klagen, frei aussuchen können. Missbräuchlich Abgemahnte erhalten zudem Anspruch auf Kostenersatz.

Doch auch bei Urheberrechtsverletzungen seien "unredliche Massenabmahnungen ein lukratives Geschäft", stellt Leutheusser-Schnarrenberger fest. Um welche Summen es dabei gehen kann, zeigt der Fall einer Regensburger "Abmahnkanzlei", die kürzlich angebliche Forderungen eines Mandanten in Höhe von 90 Millionen Euro versteigert hat. Auch in dem Bereich will das Ministerium neue Vorschriften schaffen. Anders als bei wettbewerblichen Abmahnungen stehen die Details jedoch noch nicht fest.

Das zweite Ärgernis, das mit dem Gesetzespaket aufgegriffen werden soll, sind die zum Teil äußerst dubiosen Methoden einiger Inkassofirmen. Eine Untersuchung des Bundesverbands der Verbraucherzentralen hatte kürzlich aufgezeigt, dass 99 Prozent der Beschwerden über unseriöse Inkassopraktiken berechtigt sind. In 84 Prozent der Fälle gab es von vornherein überhaupt keine Hauptforderung, die hätte eingetrieben werden dürfen.

Ministerin will Bußgeld versechsfachen

Meist stecken dahinter untergeschobene Verträge, die durch Abo-Fallen im Internet, unerlaubte Telefonwerbung oder Gewinnspielwerbung angebahnt wurden. Leutheusser-Schnarrenberger betonte, dass es nur wenige Inkassounternehmen seien, die "für Verdruss" sorgten. Auch die Untersuchung der Verbraucherschützer hatte gezeigt, dass die allermeisten der 2000 registrierten Inkassounternehmen ordentlich arbeiten. Rund dreiviertel aller Beschwerden richteten sich gegen gerade einmal zehn Unternehmen. Doch um diesen wenigen das Geschäft zu erschweren, plant die Ministerin nun eine strengere Aufsicht, "empfindliche" Bußgelder sowie die Pflicht zu mehr Transparenz. "Verbraucher sollen sofort erkennen können, welche Inkassokosten sie zu erstatten haben", sagte sie.

Das dritte Ärgernis, gegen das Leutheusser-Schnarrenberger vorgehen will, ist die unerbetene Telefonwerbung. Zwar ist sie schon lange verboten, doch gibt es immer noch zahlreiche Beschwerden von Verbrauchern - oftmals verbunden mit Beschwerden darüber, dass nach so einem Anruf behauptet wurde, man habe einen Vertrag geschlossen und müsse nun zahlen. In aller Regel geht es dabei um eine Teilnahme an Gewinnspielen. Bislang kann die Bundesnetzagentur für solche Anrufe ein Bußgeld von maximal 50.000 Euro verhängen. Leutheusser-Schnarrenberger will den Betrag nun auf 300.000 Euro versechsfachen. Zudem werden "Verträge über Gewinnspiel-Dienste", die etwa 70 bis 80 Prozent der Beschwerden ausmachen, nur noch dann wirksam sein, wenn sie schriftlich, per Fax oder per E-Mail geschlossen wurden", kündigte sie an.

Auch gegen Verträge, die Verbrauchern im Netz untergeschoben werden, will die Ministerin vorgehen. Künftig soll ein solcher Vertrag nur wirksam sein, wenn der Kunde eigens auf einen Button klickt, der ihn eindeutig auf seine Zahlungspflicht hinweist. Diese neue Regelung wird allerdings nicht in dem für Januar angekündigten Gesetzespaket enthalten sein. Sie wurde bereits vom Parlament in erster Lesung beraten und soll 2012 beschlossen werden.

© SZ vom 29.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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