Urteil zu Klingeltönen:Kein Geld für fremde Ideen

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Der Bundesgerichtshof hat mit einem richtungsweisenden Urteil der Musikbranche eine Absage erteilt, ein Stück vom Download-Kuchen abzubekommen.

Jürgen Schmieder

Der Bundesgerichtshof hat dem Kläger zugestimmt - und dennoch hat dieser verloren. Der Komponist Frank Kretschmer hatte gegen einen Schweizer Klingeltonanbieter geklagt. Er war der Meinung, dass die im Wahrnehmungsvertrag festgelegte Lizenzgebühr an die Verwertungsgesellschaft Gema nicht ausreiche, sondern direkt vom Urheber lizensiert werden müsse.

Klingelton-Anbieter dürfen sich freuen: Der Bundesgerichtshof hat die Verarbeitung von Popsongs zu Handyklingeltönen deutlich erleichtert. (Foto: Foto: dpa)

Schließlich würden die Lieder zu Klingeltönen umgearbeitet und gekürzt, um sie für das Handy verwertbar zu machen. Bei der Nutzung für das Mobiltelefon würde man das Lied entfremden und das sinnlich-klangliche Erlebnis entfernen. Konkret ging es um den Song "Rock my life", mit dem Popsternchen Jeanette Biedermann im Jahr 2002 Platz drei der deutschen Singlecharts erreicht hatte .

Das Gericht gab Kretschmer in seiner Klage recht, er darf eine erhöhte Lizenzgebühr verlangen - allerdings nur deshalb, weil Teile der Melodie als Klingelton verwendet wurden. Grund für dieses Urteil ist, dass der Komponist einen Altvertrag mit der Gema aus dem Jahr 1996 besitzt, in dem noch keine Rechte an Klingeltönen enthalten sind. Seit 2002 ist das aber anders und das Gericht stellte deutlich, dass es nach dem neuen Vertrag genügt, wenn Klingeltonanbieter die Lizenz von der Gema, der Verwertungsgesellschaft der Komponisten, erwerben. Alle Komponisten, die die Neufassungen von 2002, 2005 und 2007 unterschrieben haben, dürfen auf kein erhöhtes Lizenzgeld hoffen.

Es ist ein richtungsweisendes Urteil des BGH, weil es klarstellt, dass ein Musikstück nicht entfremdet oder verzerrt wird, nur weil es als Klingelton angeboten wird. Es ist unerheblich, ob ein Song im Radio, auf einem MP3-Player oder einem Handy abgespielt wird. Das Urteil ist allein deshalb verständlich, weil die Qualität der Wiedergabe auf vielen Handys so hoch ist, dass man von einer Minderung oder gar Verfremdung nun wirklich nicht sprechen kann. Und wie lange ein Musikstück gespielt wird - 20 Sekunden als Klingelton oder in voller Länge - liegt nun wirklich im Ermessen des Hörers.

Das Urteil ist auch eine Absage an die Musikbranche, die bei diesem Musterprozess gehofft hatte, ein Stück vom immer größer werdenden Download-Kuchen abzubekommen, um so die Einbrüche bei den CD-Verkäufen kompensieren zu können. Das wird nicht funktionieren. Der BGH stellte klar, dass es kein zweistufiges Lizenzverfahren geben wird.

Die Musikbranche muss nun andere Wege finden, die Misere bei den Verkäufen auszugleichen. Bisher glänzte sie durch Ideenlosigkeit, sie ließ ihre Künstler bis zur Erschöpfung auf Tournee gehen und vermarktete alles rund um einen Interpreten - von T-Shirts bis Actionfiguren. Mehr fiel ihr bisher nicht ein. Es wäre nun ungerecht gewesen, wenn sie doppelt von den Ideen anderer profitiert hätte.

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