UMTS:Sendemast im Taschenformat

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Innerhalb eines Gebäudes ist der Netzempfang oft miserabel oder gar nicht vorhanden. Kleinstsender sollen jetzt die Netzlücken schließen.

Funkschatten in Großstädten, Funklöcher auf dem Land: Jeder kennt die Verbindungsschwierigkeiten, die an bestimmten Orten bei Handy-Telefonaten auftreten. Besonders ärgerlich ist es, wenn es in den eigenen vier Wänden kein Netz gibt und Gespräche wahlweise im Garten oder auf dem Balkon geführt werden müssen.

Funknetz: Wer zu Hause keinen Netzempfang hat, kann mit Sendern im Kleinstformat die Funklöcher stopfen. (Foto: Foto: ddp)

Netzwerkausstatter und Netzbetreiber arbeiten indes an einer Lösung, die UMTS-Empfang selbst im Keller ermöglichen sollen. Die Rede ist von sogenannten Femto-Zellen - kleine, in ihrer Reichweite begrenzte UMTS-Basisstationen für daheim oder fürs Büro. Noch gibt es in Deutschland keinen Netzbetreiber, der seinen Kunden Femto-Zellen anbietet. In Großbritannien testet Vodafone die neue Technik, in Deutschland beispielsweise T-Mobile.

Das US-Beratungsunternehmen ABI Research rechnet damit, dass die Endgeräte 2010 die kritische Preisgrenze von 100 US-Dollar erreicht haben werden und das Marktvolumen für die Mini-Basisstationen dann auf eine Stückzahl im zweistelligen Millionenbereich steigt. 2012 soll das Marktvolumen schon bei 70 Millionen Stück jährlich liegen.

Angebunden ans Internet

Erste Femtozellen hatten Hersteller wie Ericsson, Netgear oder NEC auf der Mobilfunk-Messe 3GSM 2007 und 2008 in Barcelona vorgestellt. Geräteindustrie und Netzbetreiber haben sich im Femto Forum zusammengeschlossen. Technisch ist eine Femtozelle über einen im Haus vorhandenen DSL- oder Kabelanschluss an das System des Netzbetreibers angebunden.

Per Ethernet-Kabel wird sie mit dem jeweiligen Modem oder einem Router verbunden und leitet die Gespräche über das Internet an den Mobilfunkanbieter weiter. Weil die Zelle, die wie ein WLAN-Router aussieht, ein herkömmliches UMTS-Netz geringer Reichweite erzeugt, müssen keine speziellen Handys angeschafft werden. Außerdem makelt die Zelle nahtlos zwischen dem "großen" Mobilfunknetz und dem "kleinen" Femto-Netz daheim.

Sollten die Mobilfunkanbieter entsprechende Tarifoptionen in ihr Programm aufnehmen, dürften die Zellen subventioniert angeboten werden, sagt Markus Weidner vom Berliner Telekommunikationsportal teltarif.de voraus. "Die Netzbetreiber sollten Interesse daran haben, dass auch zu Hause Minuten vertelefoniert werden und nicht nur unterwegs."

Lieber den Anbieter wechseln

Trotzdem rät Weidner Privatkunden, bei schlechter Netzabeckung in Wohnung oder Haus zuerst einmal den Anbieter zu wechseln, beispielsweise durch die Anschaffung einer neuen Prepaid-SIM-Karte für ein anderes Netz. "Für Vieltelefonierer und die berufliche Nutzung lohnen sich Femtozelle aber auf jeden Fall", sagt der Experte.

Die ständige berufliche Erreichbarkeit über eine Mobilfunknummer ließe sich auch durch Internet-Telefonie (VoIP) in einem WLAN-Netz kaum ersetzen. Solche Lösungen für WLAN-fähige Handys hätten bisher nur die Mobilfunkanbieter Vodafone und Solomo im Angebot.

Auf der nächsten Seite: Warum sich die kleinen Netze nicht für Privatpersonen lohnen.

Der Begriff Femto steht für den Einheitenvorsatz ein Billiardstel -das sind Zahlen mit 15 Nullen nach dem Komma. Das soll einen Hinweis auf die geringe Sendeleistung einer Zelle geben. Sogenannte Pikozellen - Piko steht für ein Billionstel - werden bereits eingesetzt, um beispielsweise auf Bahnhöfen oder in ganzen Bürogebäuden den Empfang zu verbessern. Im Gegensatz zu Femtozellen werden Pikozellen aber direkt an das sogenannten Backbone-Netz der Mobilfunkbetreiber angeschlossen.

"Für den Privatanwender wird das eine Sache sein, die sich letztendlich nicht lohnt", sagt Rudolf Opitz von der Zeitschrift c't voraus. "Natürlich wollen die Netzbetreiber daran verdienen." Die Kunden bekämen fertig konfigurierte Hardware und würden sich noch weiter an ihren Anbieter binden. Wer zu Hause nur noch aufs Handy zum Telefonieren setzt, könne auch ein WLAN-Netz nutzen.

Telefonieren über Wlan

"Die besseren Smartphones bekommt man mittlerweile fast schon standardmäßig mit eingebautem WLAN", sagt Opitz. Die Internet-Telefonie (VoIP) per Handy und WLAN funktioniere inzwischen sehr gut. "Die Mobilfunknetzbetreiber sehen das überhaupt nicht gerne." Ob die Netzbetreiber Kunden mit Femto-Zelle - wie bei Home-Zone-Angeboten - irgendwann einmal sowohl Telefonate als auch Internetverbindungen zu günstigen Festnetz-Konditionen anbieten, steht in den Sternen.

Es läge auch im Ermessen der Anbieter, Handy-Datenverbindungen entweder in das eigene Backbone-Netz zu leiten oder diese gleich in das vorhandene DSL- oder Kabelnetz zu entlassen. Der Hersteller NEC sieht die Möglichkeit eines solchen "IP Breakout" vor -beispielsweise beim Streamen eines Videos oder eines Internet-Radios.

Der japanische Netzbetreiber Softbank Mobile hat angekündigt, von Januar 2009 an NEC-Femto-Zellen anbieten zu wollen. Vielleicht hat es aber auch etwa Gutes, wenn Funklöcher bleiben, in denen sich der Handynutzer seiner Nichterreichbarkeit gewiss sein kann: Einer Studie des Branchenverbandes BITKOM zufolge nimmt jeder dritte deutsche Handynutzer Phantom-Anrufe wahr, hat manchmal das Gefühl, dass sein Mobiltelefon entweder klingelt oder vibriert, obwohl er weder einen Anruf noch eine Kurzmitteilung bekommt.

© dpa/Dirk Averesch/heh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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