Piraten machen Politik:Bereit zum Entern

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Immer mehr Musik- und Dateitauscher entdecken den Spaß an der Politik. Auch in Deutschland und Österreich entstehen Piratenparteien, die es auf das Urheberrecht abgesehen haben.

Torsten Kleinz und Nicola D. Schmidt

Der Name irritiert zunächst: Doch die Piratenparteien vertreten keine Seeräuber, sondern Internetnutzer, die über Börsen im Internet Musik, Filme und Fernsehserien tauschen. Für viele Internetnutzer gehören diese Börsen zum täglichen Alltag, doch die immer strengeren Urheberrechtsgesetze sehen für unerlaubten Datentausch empfindliche Strafen vor. Die Tauschbörsennutzer wollen nun gegensteuern. Selbstbewusst nennen sie sich "Piraten" und wollen neuen Schwung in die Politik bringen.

Piratenparteien schießen in ganz Europa aus dem Boden (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

"Die Politiker haben nicht auf ihre Wähler gehört, sondern auf die Interessen einer Industrie von vorgestern. Das hat dazu geführt, dass 20 Prozent der Wähler kriminalisiert wurden.", sagte Rick Falkvinge, einer der Gründer der schwedischen Piratenpartei, in einem Interview.

Piratebay wieder online

Er geht davon aus, dass es in Schweden 1,2 Millionen Nutzer von Internettauschbörsen gibt. Die Botschaft kommt an. Fast 8000 Mitglieder hat die Piratenpartei schon gewonnen, nun strebt sie die Parlamentswahl im September an. Um das zu erreichen, muss die Piratenpartei aber zirka 225.000 Stimmen zusammenbekommen.

Die Frage der Internettauschbörsen ist nicht nur innerhalb Schwedens hochpolitisch. So sollen die Vereinigten Staaten über die World Trade Organisation Druck auf die schwedische Regierung ausgeübt haben, um die Webseite "The Piratebay" lahm zu legen. Doch der Verstoß schlug fehl - die Seite ist weiterhin online.

Die meist jungen Tauschbörsen-Nutzer fühlen sich von den etablierten Parteien allein gelassen und einige Aktivisten gründeten Piratenparteien in den Vereinigten Staaten, in Belgien, Frankreich und in Spanien. In Deutschland ist die Parteigründung derzeit in Vorbereitung, im September soll es soweit sein.

Französische Piratenpartei will Urheberrecht abschaffen

Auch in Österreich hat sich eine Piraten Partei (PPÖ) gegründet. Sie befürchtet, dass jede Art von privater Kommunikation überwacht wird und fordern daher die Rücknahme der Vorratsdatenspeicherungsdirektive der EU. Die Partei fordert außerdem die straffreie Privatkopie und will die Schutzdauer für Werke auf fünf Jahre nach der Veröffentlichung kürzen.

Damit geht sie konform mit der Amerikanischen Pirate Party, die das in der Verfassung festgeschriebene Urheberrecht zeitlich begrenzen will. Die Französische "Parti Pirate Français" vertritt eher radikale Positionen und verlangt, das Urheberrecht ganz zu streichen und Informationen frei im Internet kursieren zu lassen. Die Piraten fordern außerdem ein absolutes Recht auf Anonymität sowie das Recht, digitale Daten ohne Einschränkungen tauschen zu dürfen.

Um mehr Schlagkraft zu bekommen, vernetzen sich die Piratenparteien international. So verkünden die deutschen Politpiraten auf ihrer Webseite, dass sie Kontakte knüpfen, um eine gemeinsame Liste für die Wahl zum Europaparlament zu gründen. Die ist im Jahr 2009 - so bleibt den Piraten Zeit die, zum Teil sehr unterschiedlichen, Parteiprogramme auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

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