Online-Bewertungen:Firmen kämpfen gegen Sterneschwund

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Auch die SZ wird auf Yelp bewertet (Foto: Yelp.com)

Ist das Restaurant um die Ecke eigentlich lecker? Kunden können auf Bewertungsportalen im Internet abstimmen, wie es schmeckt. Doch beim Marktführer Yelp sind plötzlich viele positive Stimmen verschwunden.

Von Maja Beckers

Carina Wagenleiters Glück sind die Stammkunden, die ihren Schönheitssalon nicht googeln. Die kommen noch. Wer im Netz nach ihrer beauty&soul GmbH sucht, findet als prominenten Treffer ein Bewertungsportal namens Yelp. Dort können Kunden und Menschen, die sich dafür ausgeben, öffentlich sagen, wie sie eine Firma finden: top - fünf Sterne, mies - ein Stern. Carina Wagenleiter hat einen Stern. Das schreckt ab. Früher hatte sie 30 Bewertungen, vor allem gute. Seit Herbst hat sie nur noch vier, und die sind schlecht. Deshalb hat sie eine einstweilige Verfügung gegen Yelp erwirkt: Das Portal soll die Verzerrung von Bewertungen unterlassen.

Ladeninhaber und Gastronomen in ganz Deutschland kämpfen gegen Yelp. Der Dienst ist so suchmaschinenoptimiert, dass er sich in vielen Fällen vor die Firmenseiten drängt - und somit das öffentliche Bild des Unternehmens prägt. Mehr und mehr Firmen wollen sich das nicht gefallen lassen. Der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke hat nun im Namen eines Musikinstrumentenbauers und eines anderen Schönheitssalons Klage gegen Yelp eingereicht. Auch bei ihnen hat Yelp positive Bewertungen aussortiert. "Das schädigt das Ansehen der Firma und verletzt das Unternehmerpersönlichkeitsrecht", sagt der Anwalt. Weitere Klagen würden folgen.

Ist es ein Problem, wenn Stammkunden Bewertungen schreiben?

Die Probleme für die Firmen begannen im Herbst. Damals schluckte der US-Marktführer Yelp den deutschen Konkurrenten Qype. Dort hatten viele Geschäfte eher positive Bewertungen. Wagenleiters Schönheitssalons wurde mit vier von fünf Sternen bewertet. Doch die Amerikaner haben einen Algorithmus mitgebracht, der Bewertungen aussortiert, die er für Fälschungen hält. Schließlich gibt es Unternehmer, die positive Berichte über sich selbst verfassen, oder ihre Freunde bitten, doch mal etwas Nettes zu schreiben.

Die betroffen Firmen behaupten, Yelps Algorithmus lasse vor allem positive Beurteilungen verschwinden. Die Firma verteidigt ihre Filtersoftware. Sie verweist auch auf unterschiedliche Strategien von Yelp und Qype: Der deutsche Dienst habe Geschäftsinhaber gebeten, andere zu Beurteilungen zu motivieren. Yelp hält so entstandene Bewertungen nicht für unabhängig und verbirgt sie. 25 Prozent der Bewertungen kämen von Nutzern, über die das Unternehmen wenig wisse. Darunter könnten auch Inhaber selbst oder deren Freunde und Verwandte sein, sagt eine Sprecherin. Manche Firmen beauftragen sogar Dienstleister, im Internet fünf Sterne für sie zu verteilen, beobachteten Verbraucherschützer.

Deswegen versuchen alle Bewertungsportale, gegen falsche Einträge vorzugehen. Yelp hat ein Video produziert, das das Filtersystem behandelt. Doch transparent ist der Algorithmus nicht, beklagen die Firmen.

Jetzt haben Carina Wagenleiters Mitarbeiter immer wieder verunsicherte Kunden am Telefon, die wissen wollen, ob es bei ihr wirklich so schrecklich ist. Viele bleiben auch gleich weg. Im Weihnachtsgeschäft habe sie es besonders deutlich gemerkt. Dass auch mal schlechte Bewertungen vorkommen, sei normal, aber sie wolle eine faire Darstellung, in die alle Kundenmeinungen miteinflössen.

Immerhin findet sich weiter unten auf der Google-Trefferseite eine positive Bewertung, unter einem Eintrag in einem Branchenverzeichnis: "Mein Mann und ich waren sehr zufrieden. Wir werden im Februar wieder nach München reisen und euch fest einplanen. Eure Ilse und Hartmut."

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