Netzwelt-Kolumne:Die Regeln des Web (5)

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Jedes Medium funktioniert nach seinen eigenen Prinzipien, die Regeln des Internets sind aber ständig in Bewegung. Deshalb schreiben wir sie hier einmal in der Woche auf - Folge fünf der Netzwelt-Kolumne: mit kreativem Protest, schwulen Holländern und Meilensteinen von Guido Westerwelle.

Dirk von Gehlen

Regel 17: Das Netz ist kreativ

"Schäuble" durchsucht das Netz, den Rechner des Nachbarn und die Datenbank des Einwohnermeldeamts. (Foto: Screenshot: kreis-jusos.de)

Es ist nicht mehr ganz neu und wurde auch schon auf vielen Seiten verlinkt, aber wir müssen es einfach auch zeigen (Schließlich gilt Regel 5: Das Netz funktioniert nach dem Prinzip weitersagen). Deutschland hat eine neue Suchmaschine und sie heißt Schäuble. Dabei handelt es sich übrigens nicht um ein sogenanntes Doodle - also eine offizielle Änderungen der Oberfläche der Suchmaschine Google wie zum Beispiel zur Beerdigung von Luciano Pavarotti in dieser Woche. Die Schäuble-Optik stammt von Jusos im Kreis Herford und ist eine der kreativen Protestformen, mit deren Hilfe einige Netz-Aktivisten gegen Online-Durchsuchung und Bundestrojaner demonstrieren - zu Schäublone und Eselsohr kommt jetzt also auch noch die Schäuble-Suchmaschine und beweist einmal mehr: Das Netz ist kreativ (ist ja auch kein Wunder, vgl. Regel 6: Das Internet bringt dich auf Ideen).

Regel 18: Das Internet hat seine eigene Geschichte

"Internet People" - eine geträllerte Hommage an das theatralische Erdhörnchen, lonelygirl15 und den niesenden Babypanda. (Foto: Screenshot: methminute39)

Es ist nur konsequent, dass der Ort, an dem eine eigene Sprache gesprochen wird (vgl. Regel 16: Das Netz spricht eine eigene Sprache) auch seine eigene Geschichte hat: Dieser Internet People genannte Film beweist es in drei eindrucksvollen Minuten. Dabei werden nahezu alle lustigen Video-Clips, die in den letzten Jahren von Freunden und humorvollen Menschen verschickt wurden, noch mal aufgewärmt: Das Star Wars Kid taucht auf genauso auf wie lonelygirl15, Evil-Bert und die Internet-Tanzband OK Go. Internet-People sollte das alles bekannt sein - alle anderen lernen sie in diesem Clip kennen.

Regel 19: Das Internet kennt keine Grenzen

Es gilt qualitativ, quantitativ und auch finanziell. Und seit dieser Woche gilt es auch in Sachen Physik und Metaphysik. Das Netz kennt keine Grenzen, Gott hat ein Blog. Das Basic Thinking Blog weist auf das Online-Tagebuch des Schöpfers hin, der laut Impressum offenbar einen technischen Bevollmächtigten in "53925 Kall" mit dem Bloggen beauftragt hat.

Die Grenzenlosigkeit des Web führt übrigens auch dazu, dass wir den Erfolg der niederländischen Schwulen-Band Bearforce 1, die es mit ihrem absurden Tanz dort sogar ins Fernsehen geschafft haben, auch hierzulande verfolgen können.

Regel 20: Das Netz neigt zum Größenwahn

Guido Westerwelle steht neben einer Topf-Pflanze in einem spärlich beleuchteten Gang und spricht tatsächlich von einem "Meilenstein für die politische Kommunikation in Deutschland". Was ist passiert? Die FDP, deren Vorsitzender Westerwelle ist, hat getan, was Tausende Menschen vor ihr auch gemacht haben: Sie stellt Videos ins Netz und hat dafür unter www.youtube.com/fdp jetzt einen eigenen sogenannten Channel eröffnet. Dort kann man andere FDP-Politiker sehen (viele ebenfalls in dem Gang), Ausschnitte aus Pressekonferenzen und Stellungnahmen der Fraktion. Vor lauter Begeisterung hat die FDP dabei vergessen, auch mal Videos auf YouTube anzuschauen. Sie behauptet nämlich, "die erste politische Institution in Deutschland" zu sein, die Clips hochlädt. Politik Digital weist aber darauf hin, dass man bereits Politiker-Stellungnahmen anschauen kann: Von der Linkspartei.

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