Kaspersky-Interview:Teil III

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sueddeutsche.de: Lauert die Gefahr künftig auch im Kühlschrank und in der elektrischen Zahnbürste?

Kaspersky: Wenn ein Betriebssystem für Virenautoren ein interessantes Angriffsziel sein soll, muss es drei Voraussetzungen erfüllen: Es muss populär, dokumentiert und ungeschützt sein beziehungsweise Sicherheitslücken enthalten. Sobald diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, wird die Waschmaschine infizierte Nachrichten an die Kaffeemaschine senden.

sueddeutsche.de: Wird der Tag kommen, an dem wir uns keine Sorgen mehr über Computerviren machen müssen? Zum Beispiel, wenn die TCPA ihre Ideen in die Tat umsetzt.

Kaspersky: Ich glaube nicht, dass uns dieser Standard vor Viren schützt. Virenschreiber sind wie Hooligans. Wenn Sie eine Million Polizisten zu einem Fußballspiel schicken, mag das zwar den Krawall 90 Minuten lang fern halten, aber sobald das Spiel zu Ende ist, geht alles wieder von vorne los. Hooligans sind nicht aufzuhalten. TCPA hilft vielleicht die Quellen für Viren einzuschränken, aber nicht sie zu stoppen. Wenn ein System vorschreibt, dass nur noch Programme laufen dürfen, die auf einer bestimmten Liste aufgeführt sind, dann wird natürlich auch kein Virenprogramm mehr laufen. Aber kein Mensch wird so ein System kaufen. Oder würden Sie ein Auto von Mercedes Benz kaufen, das exakt den Straßenverkehrsvorschriften folgt und deshalb nicht mehr schneller als 40 Kilometer pro Stunde fährt?

sueddeutsche.de: Vermutlich nicht. Aber es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, Hackern und Viren einen großen Riegel vorzuschieben?

Kaspersky: Wir könnten etwas dafür tun, dass Viren und andere Schädlinge sowie Spam und Hacker-Angriffe immer weniger werden. Und zwar müssen die Regeln der Internet-Nutzung neu definiert werden. Das Internet muss ein Netz werden, für das die User-Identifikation obligatorisch ist.

sueddeutsche.de: Experten warnen immer wieder vor einem Cyberkrieg. Wie realistisch ist ein solcher?

Kaspersky: Ich glaube nicht, dass es wirklich zu einem Cyberkrieg kommt. Viel realistischer sind Hooligans, die Viren entwickeln, Kriminelle, die Trojaner schreiben, um persönliche Daten zu stehlen und Terroristen. Slammer zum Beispiel wurde von einem Hooligan entwickelt, aber das Ergebnis war Terrorismus. Ein anderes Beispiel ist "Code Red", der für groß angelegte Denial-of-Service-Attacken auf das Weiße Haus verantwortlich war. Dies führte dazu, dass diese Website zeitweise nicht mehr verfügbar war.

sueddeutsche.de: Haben aktuell in Konflikte verwickelte Länder wie Irak, Israel, USA und Deutschland bereits virtuell aufgerüstet?

Kaspersky: Darüber liegt mir keine Information vor. Ich glaube aber nicht, dass das möglich ist. Die meisten militärischen Services sind nicht direkt mit dem Internet verbunden. Das sind ganz andere Netzwerke. Und deren Betrieb ist nicht zu stoppen.

sueddeutsche.de: Herr Kaspersky. Wir bedanken uns für das Gespräch.

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