"Kampf der Konsolen":Möge die Schlacht beginnen

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Menschen prügeln sich, schlafen auf der Straße, bestehlen einander: Das Erscheinen der neuen Konsolen-Generation löst weltweit eine Hysterie aus, wie man sie nur noch aus Beatles-Dokumentationen kennt.

Jürgen Schmieder

Die Menschen huldigen nicht mehr Idolen aus Fleisch und Blut, sondern viereckigen Plastikboxen.

Die große Frage: Xbox 360, PlayStation 3 oder Wii? Ein Wettkampf der Hersteller, der oft martialisch ,,Kampf der Konsolen'' genannt wird. Einer muss gewinnen. Bei den niedrigen Preisen der letzten Konsolengeneration war es möglich, zwei Geräte zu kaufen. Nun ist nur noch Platz für eines unterm Weihnachtsbaum. Die Xbox 360 kostet zwischen 299 und 399 Euro, eine PlayStation 3 je nach Festplattengröße 499 oder 599 Euro. Am billigsten ist die Wii: 249 Euro.

Für den Aufruhr in der Branche gibt es zwei Gründe: Nun sind endlich alle drei Geräte auf dem Markt, die in den kommenden fünf Jahren das Leben der Gamer bestimmen werden. Uwe Bassendowski, Deutschland-Chef von Sony, geht noch weiter: ,,Die PlayStation 3 könnte zehn Jahre aktuell bleiben.'' Das Erscheinen von Nintendos Wii am Freitag war der Startschuss. Jetzt werden die Marktanteile vergeben, die entscheiden, wessen Philosophie die richtige ist.

Warten aufs Votum der Zielgruppe

Das ist der zweite Grund für die Nervosität der Hersteller. Nie zuvor waren die Hardware-Strategien unterschiedlicher. Sony und Nintendo positionieren sich an den Polen der Gamer-Szene, die Spieler müssen sich entscheiden. Ein Kampf der Philosophien - auch wenn die Hersteller versuchen, das herunterzuspielen. ,,Nintendo ist kein Rivale für uns. Wir haben unterschiedliche Zielgruppen'', sagt Bassendowski. Aber genau darum geht es: Welche Zielgruppe setzt sich durch?

Sony hat einen multimedialen Alleskönner gebastelt. Im Gehäuse steckt ein starker Prozessor, dessen Leistung nur knapp hinter der zentralen Recheneinheit eines PCs liegt. Dazu eine kraftvolle Grafikkarte und höchste Auflösung bei Filmen durch ,,Blue Ray''-Kompatibilität: Die Spielkonsole kann DVDs der neuesten Generation abspielen - weshalb sich Sony gerne vom Begriff der Spieleplattform trennen würde. ,,Die PlayStation ist ein vollwertiger Computer, ein PC ist überflüssig'', sagt Studioboss Phil Harrison. Noch. In drei Jahren wird es neue Prozessoren und Grafikkarten geben, während die PlayStation dann immer noch mit dem Equipment von heute ausgestattet sein wird - und damit veraltet sein könnte.

Nintendo dagegen setzt voll auf die Kraft des neu entwickelten Controllers. Der sogenannte Wii-Mote besteht aus zwei Fernbedienungen. Mit der linken Hand steuert der Spieler die Bewegungen der Figur, mit der rechten kann er Aktionen ausführen - eine Vorhand beim Tennis etwa. Schwingt der Spieler seinen Arm nach vorne und kippt dabei den Controller, wird die Figur im Spiel einen Topspin-Ball übers Netz prügeln - sechsdimensionale Beschleunigungssensoren machen es möglich. Der Prozessor der Wii allerdings ist schwach, die Grafik hat wenig Atemberaubendes zu bieten. Nintendo setzt auf ein familientaugliches Spaßgerät.

Zwischen den polarisierenden Philosophien steht Microsoft mit der Xbox 360, die seit Dezember 2005 erhältlich ist. Der Prozessor ist schwächer als der von Sony, die Steuerung nicht so innovativ wie die des Nintendo-Geräts. Dafür hat Microsoft den Zeitvorsprung genutzt, um einen virtuellen Treffpunkt aufzubauen: Xbox Live. Dort treten Spieler online gegeneinander an, kaufen neue Spiele, chatten. Seit zwei Wochen ist es gar möglich, Spielfilme herunterzuladen. Offiziell nur in den Vereinigten Staaten. Viele Spieler geben deshalb bei der Anmeldung als Standort ,,USA'' an.

Innerhalb von elf Monaten hat sich eine gewaltige Community gebildet, mehr als vier Millionen Menschen nutzen Xbox Live. Die Gemeinschaft wird weiter wachsen, wenn der Marktplatz künftig auch über mobile Geräte wie das Handy erreichbar sein wird. Ein Vorsprung, den Sony und Nintendo nun aufholen müssen. An der PlayStation 3 kann sofort online gespielt werden, für Wii soll das von Mitte 2007 an möglich sein.

Der Spieler kann nun wählen, zum ersten Mal unterscheiden sich die Systeme grundlegend. Weil die PlayStation 3 in Europa erst am 31. März erscheint, ersteigerten sich viele Menschen ein Exemplar über das Internet. Oder flogen nach New York, um sich eine Konsole zu sichern.

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