IFA-Trend:Unbeschreiblich weiblich

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Schwarze Hifi-Geräte, überdimensionierte Lautsprecher - die Unterhaltungselektronik ist eine Männerdomäne. Doch die Industrie denkt um. Mit Glitzer und technischem Komfort versucht sie, Frauen zu gewinnen.

Manch einer aus der Branche der Unterhaltungselektronik mag auf der diesjährigen IFA nostalgisch werden: Wie einfach es war in den Anfangsjahren der digitalen Revolution, den Konsumenten durch schlichten Technikfortschritt in einen Käufer zu verwandeln.

Diana Jaffe sagt: "Der Kunde ist weiblich." (Foto: Foto: oH)

Doch die Zeiten, in denen MP3, Handykamera und LCD-Bildschirm noch Zauberworte waren, sind vorbei. Die Schlagworte der IFA 2007 - Full HD, 100-Hertz-Technik oder HD-Recording - sind oft zu abstrakt, noch öfter jedoch kein Verkaufsargument mehr: Die Branche marschiert im qualitativen Gleichschritt daher.

Die Lösung liegt im Gefühl, oder, wie es der Philips-Chefdesigner Stefano Marzano ausdrückt: "Wir alle erwarten Qualität, darum müssen wir dafür sorgen, dass der Kunde Zuneigung für ein Produkt verspürt."

Vom Scherzbegriff zum wichtigen Faktor

Es ist vor allem die Zuneigung der Frauen, auf die die Unternehmen spekulieren. Einerseits hat sich der "Women-Acceptance-Faktor" (WAF) von einem Scherzbegriff zu einem wichtigen Faktor in der Produktentwicklung gewandelt. Die Branche hat erkannt, dass Frauen als Entscheider eine große Rolle spielen, zum Beispiel, wenn Paare sich Wohnzimmerprodukte wie Flachbildfernseher oder HiFi-Systeme anschaffen oder weibliche Singles bei der Ausstattung ihrer Wohnung auf technischen Komfort Wert legen.

Gleichzeitig entsteht ein Markt für technikaffine Frauen, für die Stil und Design eine entscheidende Rolle spielt. "Apple hat hier viel Bewegung in den Markt gebracht", sagt Marketingexpertin Diana Jaffé, die sich in ihrem Buch "Der Kunde ist weiblich" mit dem Thema beschäftigt: "Als die Konkurrenz sah, wie viele iPods Apple verkaufte, wollten alle ein Stück dieses riesigen Kuchens. Der neue Fokus auf Design hat viele Produktsegmente stark verändert."

In den USA, so eine Studie der Consumer Electronics Association (CEA), geben Frauen bereits mehr für Elektronikprodukte aus als Männer: Im Jahr 2006 waren dies 55 Milliarden Dollar, das "starke Geschlecht" kam auf 41 Milliarden.

Weibliche Designexperimente

Diese Zahlen inspiriert die Unterhaltungsindustrie zu Designexperimenten. In der Handyindustrie, die das Potential der weiblichen Kundschaft schon lange entdeckt hat, brachte LG Anfang des Jahres das Fashion-Handy "Prada Phone" in Zusammenarbeit mit der italienischen Modefirma auf den Markt.

Auf der diesjährigen IFA will vor allem Philips die weibliche Kundschaft umgarnen: In der "Active Crystals"-Serie werden USB-Sticks und Kopfhörer mit Steinen der österreichischen Kristallfirma Swarovski besetzt angeboten, ein Hauch Exklusivität soll dadurch entstehen, dass die Geräte exklusiv in Swarovski-Geschäften und an Flughäfen angeboten werden. Auch andere Hersteller versuchen, ihr Design frauenfreundlicher zu gestalten. Sonys Vario-Laptop-Serie zum Beispiel soll Frauen durch modische Farben zum Kauf verleiten.

Allerdings, gibt die Hamburger Stilberaterin Beatrix Isabel Lied zu bedenken: "Wenn eine Frau im Businessbereich in den oberen Etagen arbeitet, ist ein rosafarbenes Notebook vielleicht nicht unbedingt förderlich." Dennoch macht für Lied eine weiblichere Ausrichtung der Branche Sinn: "Durch technische Geräte mit Stil kann eine Frau signalisieren: Ich bin jung, ich habe ein Gespür für Zeitgeist und nicht zuletzt - ich kann es mir leisten."

Typisch männliche Sichtweisen

Dennoch, glaubt Marketingfachfrau Jaffé, hat die Branche noch viel aufzuholen: "Oft kommen bei der Produktentwicklung für Frauen noch typisch männliche Sichtweisen zum Tragen. Anders ist es nicht zu erklären, dass alle Frauen ständig mit Bergen von Produkten konfrontiert werden, die ursprünglich für männliche Benutzer konstruiert wurden und später einen rosa Anstrich bekamen."

Dass sich Frauen in der Branche inzwischen größerer Achtung erfreuen, zeigen auch die Kataloge und Plakate auf der diesjährigen Funkausstellung. Die Zeiten, in denen Modells im sexy Outfit die Produkte der Unterhaltungselektronik ins rechte Licht rückten, gehen zu Ende. Immer öfter werden Frauen als aktive Konsumentinnen abgebildet, die im heimischen Wohnzimmer auf Entdeckungsreise in die Welt der Unterhaltungselektronik gehen.

Für sueddeutsche.de hat Diana Jaffé einige aktuelle Design-Ideen unter die Lupe genommen. Sehen Sie selbst.

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