Handy-Neuheiten:Im Zeichen des Apfels

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Seit zwei Jahren gibt das iPhone von Apple den Takt in der Mobilfunkindustrie an. Auf der Handymesse kommen jetzt Alternativen: Die Zahl der iPhone-Killer wächst.

Thorsten Riedl

Die wichtigste Handy-Neuheit der vergangenen Jahre war offiziell noch nie auf der Fira de Barcelona zu sehen. Dabei findet auf dem Messegelände der katalanischen Hauptstadt immer im Februar das bedeutendste Treffen der Mobilfunkbranche statt: die Mobile World. Steve Jobs aber wollte sich noch nie von anderen die Show stehlen lassen. Der Chef des Computerherstellers Apple sagte daher auf einer eigenen Veranstaltung: "Heute erfindet Apple das Telefon neu."

Handymesse in Barcelona: Erst jetzt werden Handys zu sehen sein, die dem iPhone wirklich das Wasser reichen können. (Foto: Foto: Reuters)

Das ist schon zwei Jahre her. Damals stellte Jobs das iPhone vor, das erste Handy mit Apple-Logo. 2009 nun zeigt sich, was an dem markigen Spruch von einst wirklich dran ist und wie viele Neuerungen Jobs in das Apple-Gerät gepackt hat: Die Branche schielt noch immer auf das iPhone. Das Gerät ist Vorbild einer ganzen Industrie. Auf der Mobile World werden von diesem Montag an die neuesten Handys und Dienste das Design, die Einfachheit und die Software-Vielfalt des Apple-Telefons kopieren. Am erfolgreichsten sind ausgerechnet Branchen-Neulinge - und Totgesagte.

Medialen Aufmerksamkeit

Genau 717 000-mal findet die Suchmaschine Google im Internet den Begriff "iPhone-Killer". Schon kurz nach Vorstellung des Apple-Handys gab es erste Geräte, die das neue Mobiltelefon ins Visier genommen hatten und von der medialen Aufmerksamkeit profitieren wollten. Doch erst diese Woche werden Handys in Barcelona zu sehen sein, die dem iPhone wirklich das Wasser reichen können.

Die Herausforderer erkennt auch der ungeschulte Beobachter sofort am berührungsempfindlichen Bildschirm. Das zeichnet das iPhone aus - und so hat auch die koreanische Firma LG ihr neuestes Handy gestaltet, das in Barcelona vorgestellt wird. Das Gerät sei vollgeladen mit Multimedia-Funktionen, verlautete schon vorab. Dreidimensionale Grafiken sollen den Nutzer durch das Menü des Telefons führen. Aber reichen Touchscreen und das Abspielen von Musik und Videos, um dem iPhone Paroli zu bieten?

Neue Einfachheit

Branchenkenner loben vor allem die neue Einfachheit, die mit dem Apple-Gerät Einzug gehalten hat. Untersuchungen des Marktforschungshauses Abi-Research zufolge gebrauchen Besitzer moderner Handys nämlich nicht einmal ein Zehntel der möglichen Funktionen. Apple hat sich beschränkt - darin liegt die Kunst. Was passiert, wenn ein Hersteller das nicht macht, lässt sich bei der Omnia-Serie von Samsung beobachten. Omnia, das ist lateinisch und bedeutet "Alles". Und alles hat Samsung versucht, in das Omnia SGH-i900 zu packen. Das macht die Bedienung ungeheuer komplex. So enthält etwa alleine der Unterpunkt Programme schon anfangs 46 Anwendungen. Durch Menüs, Untermenüs, Register-Reiter und Auswahlboxen muss der Nutzer sich umständlich klicken.

Das Geheimnis der Komplexität: Auf dem Samsung-Gerät läuft Windows Mobile. Das Microsoft-Betriebssystem für Handys eignet sich wegen der vielen Unterpunkte in den Menüs schlecht für die Bedienung per Finger und Touchscreen. Microsoft hat die Mängel erkannt und wird auf der Mobile World eine überarbeitete Version des Programms vorlegen.

Google liefert die Antwort

Softwarepatzer sind es auch, die den Blackberry-Storm von Research in Motion (RIM) zunächst unbedienbar gemacht haben. Erste Käufer beschwerten sich: "Mein Gerät stammt aus einem Stephen-King-Roman: Es ist besessen von einem eigenen Willen." Zwischenzeitlich hat der kanadische Hersteller nachgebessert, jetzt lassen sich mit etwas Übung auch kleinere Texte auf dem ersten Touchscreen-Handy von RIM tippen.

Die beste Antwort auf das iPhone kommt bislang aber ausgerechnet von Google, einem Internet-Konzern: Das erste Handy des Suchmaschinenanbieters lässt sich einfach bedienen und bietet trotzdem alle Funktionen, die ein Smartphone der neuesten Generation haben muss. In Barcelona wird das schon erhältliche G 1 einige Nachfolger bekommen. Google entwickelt das Handy-Betriebssystem Android des G 1 nicht alleine, sondern in Kooperation mit anderen Firmen, beispielsweise mit Samsung und der Mobilfunkgesellschaft Vodafone. Beide werden auf der Messe ihre neuen Android-Geräte zeigen.

Denkspiele oder Finanzprogramme

Was iPhone und Android-Handys besonders macht, ist die Vielfalt an kleinen Zusatzprogrammen. So können die Nutzer beim G 1 nachträglich schon 700 Anwendungen installieren; beim iPhone sind es gar weit mehr als 15 000. Software für die eigene Fitness zum Beispiel, Denkspiele oder Finanzprogramme gibt es. Um die Titel auf das Handy zu holen, muss das Gerät nicht mehr wie bisher umständlich mit einem Computer abgeglichen werden. Die Nutzer klicken am Handy einfach auf ein Symbol für den sogenannten App-Shop, suchen sich ein Programm heraus, schon wird die Software aufgespielt. Auf diese Weise haben iPhone-Kunden bereits mehr als eine halbe Milliarde Programme geladen. Ist die Software nicht gratis, verdient Apple je 30 Prozent vom Verkaufs- preis. Das lockt natürlich Nachahmer an: Nokia, Microsoft und Samsung stellen auf der Messe eigene Software-Shops für ihre Handys vor.

Mit der Software will auch Palm punkten. Lange totgesagt, stellen die Kalifornier in Barcelona ein Gerät namens Pre für Europa vor. Das Betriebssystem dafür wurde von Grund auf neu programmiert und eng mit dem Internet verzahnt. In Nordamerika war das Handy zu Jahresanfang vorab zu sehen - die ersten Stimmen waren euphorisch. Auf solchen Widerhall hofft wohl auch Acer: Der taiwanesische Computerbauer stellt an diesem Montag Abend sein erstes Mobiltelefon auf der Messe vor. Die Zahl der iPhone-Killer wächst weiter.

© SZ vom 16.2.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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