"Generation Google":Die digitale Eisdiele

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Jugendliche leben heutzutage ausschließlich online und haben die neueste Technik mit der Muttermilch aufgesogen? Stimmt nicht, sagt eine aktuelle Studie.

Andrian Kreye

Eine neue Studie der Sheffield University hat ein Problem eingekreist, das so neu gar nicht ist. Demnach stimmt das positive Vorurteil nicht, dass die sogenannte "Generation Google", die mit den digitalen Medien aufgewachsen ist, das Internet so selbstverständlich benutzt wie ihre Eltern das Telefon. Im Gegenteil. Glaubt man der Studie, können viele Jugendliche, die im Jahr 1993 oder später geboren wurden, mit den Suchmaschinen kaum umgehen.

Überhaupt ist das Interesse der Teenager an neuen Technologien eher begrenzt. Ganze 20 Prozent der Jugendlichen klassifizierte die Studie als "digitale Dissidenten", die sich kaum mit Computern beschäftigen. Sie betrachten die digitale Welt nicht als Refugium der Jugend, sondern als Domäne ihrer Eltern. Weitere 57 Prozent benutzen das Internet eher desinteressiert.

Die einzigen Seiten, die Teenager häufig nutzen, sind soziale Netzwerke wie Facebook oder MySpace. Hier gibt es jene ominösen Paralleluniversen der Jugend, von denen die ältere Generation so viel mehr im Internet vermutet. Der schlichte analoge Vergleich wäre der, dass die Jugend früher ihre Nachmittage auch lieber in der Eisdiele als in der Bibliothek verbrachte. Und so kann man in den sozialen Netzwerken auch die einzigen sozialen Veränderungen unter Jugendlichen beobachten. Hier kommt es zu neuen Gruppendynamiken und zu radikalen Experimenten mit der gerade erst erwachten eigenen Identität.

Was die Studie in Sheffield nun belegt, ist die Tatsache, dass die Durchdringung der Gesellschaft mit digitalen Medien und Spielen zwar längst das Stadium der traditionellen Massenmedien erreicht hat. Die digitale Bildung allerdings hinkt noch weit hinter den Wunschträumen und Verheißungen vom digitalen Zeitalter als Ära des demokratisierten Wissens hinterher.

In den USA hat man diese Schieflage als Problem erkannt und handelt entsprechend. So hat der Educational Testing Service, der die genormten Prüfungen des amerikanischen Bildungswesens erstellt, vor zwei Jahren damit begonnen, ein "Information and Communications Technology literacy assessment" einzuführen. Dabei werden Studenten und Schüler auf ihre "digital literacy" geprüft - ob sie mit den neuen Medien und Suchmaschinen produktiv umgehen können.

Immerhin hat die Information mit dem Hypertext die zweidimensionale Linearität des geschriebenen Textes schon vor Jahren verlassen. Um diese Möglichkeiten zu nutzen, reichen herkömmliche akademische Methoden nicht mehr.

© SZ vom 24.4.2008/mri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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