E-Sport:Traumberuf Computerspieler

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Die Championship Gaming Series, die weltweit erste Computerspiele-Liga, zahlt ihren Spielern Traumgehälter. Derzeit kämpfen die E-Sportler in Los Angeles um den Sieg - und weitere Millionenprämien.

Jürgen Schmieder

Seit Generationen lächeln Eltern milde, wenn ihr Kind freudestrahlend den Berufswunsch erklärt. Vor 20 Jahren war der Rennfahrer sehr beliebt, in den Neunzigern dann "irgendwas mit Medien", zuletzt war das Berufsbild des Popstars en vogue.

Könnte man Wetten abschließen, welche Profession in fünf Jahren von Kindern zum Traumberuf verklärt wird, muss auf der Liste ganz oben auftauchen: der Computerspieler. Das Daddeln an der Konsole ist längst nicht mehr nur Zeitvertreib. Elektronischer Sport (E-Sport) ist zu einem Beruf geworden, in dem die Profis so populär sind wie Popstars - und ebensoviel verdienen.

In Los Angeles findet derzeit das Finale der Championship Gaming Series (CGS) statt, der ersten Computerspiel-Liga weltweit, die ihren Spielern feste Gehälter zahlt. "Zumeist werden Akteure nur mit Prämien und Sachpreisen entlohnt, bei uns erhalten sie ein Salär, mit dem sie planen können", sagt Andy Reif, Geschäftsführer der CGS. Zum Grundgehalt von 30.000 Euro pro Jahr kommen Einsatz- und Siegprämien, so dass gute Spieler mehr als 100.000 Euro verdienen. Pro Jahr.

Dafür verlangt die Liga von ihren Akteuren professionelles Verhalten. Der Manager erstellt nicht nur Trainingspläne, sondern schickt seine Spieler auch zum Benimm-Kurs: Wie behandelt man Fans? Wie verhält man sich gegenüber Journalisten? Die Liga will den oft genannten Vorurteilen entgegenwirken, Computerspieler wären einsame Freaks, die nach extensivem Spiel vom Stuhl fallen oder irgendwann einmal Amok laufen.

Gamer als Profisportler

Sie portraitiert ihre Akteure als Jungs und Mädchen von nebenan, junge Menschen mit der Hand-Augen-Koordination eines Bomberpiloten, guten Manieren und vielen Freunden. "Gaming klingt nach Spaß und soll es auch sein", sagt Reif. "Doch wir sehen Computerspielen als eine der kommenden Sportarten." Also sollen sich die Spieler auch wie Profisportler verhalten.

Aus diesem Grund wurden die Sony Studios zu einem E-Sport-Stadion umgebaut. Die Bühne leuchtet zuerst in blau, dann in rot, schließlich in gold. Wenn ein Spieler seinen Platz einnimmt, wird Musik gespielt, die auch in einem Gladiatoren-Film zu hören sein könnte. Manchmal brüllt ein Akteur, als wäre er ein Gladiator. Am Rand stehen mehr als 15 Kameras und zeichnen jede Bewegung auf. Kein Wunder, die Übertragungsrechte liegen beim Medienimperium von Rupert Murdoch und sollen bis zu 350 Millionen Menschen weltweit erreichen.

Man sollte nicht den Fehler machen und den elektronischen Sport als kurzlebiges Phänomen einer Subkultur - wie etwa Skateboarden - abtun. Einer kürzlich erschienen Studie zufolge spielen in Deutschland mehr Kinder Computer als Fußball. Turniere gibt es bereits seit 1983, sie wurden an Arkade-Automaten ausgetragen.

Mit dem Siegeszug des Internets gingen die ersten Ligen an den Start. Die Electronic Sports League (ESL) etwa hat mehr als 700.000 registrierte Mitglieder, an den World Cyber Games (WCG) nahmen mehr als eine Million Spieler teil. Die CGS will ein Jugendsystem einführen, um junge Talente frühzeitig mit Profiverträgen auszustatten.

Bei den Vertragsverhandlungen geht es dann zu wie beim richtigen Sport: Wo gibt es den größten Ruhm? Wer zahlt das höchste Gehalt? Mit dem Unterschied zum realen Sport, dass nicht nur mit Mannschaften, sondern mit verschiedenen Organisationen verhandelt wird.

"Es gibt verschiedene Titel", sagt Reif. "Beim Fußball gibt es doch auch Bundesliga, Uefa-Cup und Weltmeisterschaft." Aber auch einen ordnenden Dachverband - der fehlt beim elektronischen Sport. So kommt es zu einer wahren Flut an zu gewinnenden Titeln, was den Spielern egal zu sein scheint. Sie spielen dort, wo es Ruhm und Geld gibt.

Sponsoren mischen mit

"Die Szene ist vergleichbar mit dem Boxen", sagt Daniel Jensen vom deutschen E-Sport-Magazin Readmore. "Es gibt keinen dominierenden Weltverband, dafür mehrere Turniere und Serien, die um die Topakteure ringen. Die einzelnen Veranstalter haben Angst, bei einem einheitlichen Verband Ansehen und Relevanz zu verlieren." So geht es auch den Sponsoren. Große Unternehmen haben das wirtschaftliche Potential von elektronischem Sport erkannt und unterstützen jeweils ein Turnier oder eine Liga.

Dann kann es zu unschönen Szenen kommen wie beim Finale der World Cyber Games in Seattle vor wenigen Wochen. Da verlor das koreanische Counterstrike-Team im Viertelfinale gegen Norwegen. Es marschierten Männer in die Halle, die Anzüge trugen und Plastik-Armbänder mit der Aufschrift "Sponsor". Nach einer kurzen Diskussion wurde das Spiel wiederholt, die Koreaner gewannen. Wie schon gesagt: E-Sport ist dem Boxen sehr nahe.

Die Verantwortlichen des digitalen Sports tun derweil alles, um die Stars und Wunderkinder zu vermarkten. Der erst neun Jahre alte Victor DeLeon etwa ist einer der besten "Halo"-Spieler weltweit. Er nennt sich selbst "Lil Poison" - kleines Gift - und muss seinen Berufswunsch nicht mit seinen Eltern diskutieren. Er kaufte ihnen von seinen Prämien ein Luxusauto.

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