Digitalkameras:Weg vom Pixelwahn

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Lange wetteiferten die Hersteller von Digitalkameras um immer höhere Auflösungen. Jetzt setzen sie auf Modelle mit Extra-Fähigkeiten.

Helmut Martin-Jung

Vorurteile können langlebig sein, vor allem dann, wenn sie aus Ziffern bestehen und den Verkauf von Produkten fördern. Auch auf vielen neuen Digitalkameras für den Hausgebrauch prangen noch immer Aufkleber, die angeben, wie viele Millionen Bildpunkte der elektronische Sensor einer Kamera hat. Dabei ist der Megapixelwahn in etwa genauso sinnvoll wie einen Kleinwagen mit 300 PS anzubieten. Aber die Zeiten scheinen sich zu ändern. Auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas setzte sich die 2008 begonnene Abkehr vom Pixelwahn nun fort - mit durchaus erstaunlichen Ergebnissen.

Neue Digitalkameras: Die Hersteller setzen auf Zusatzfunktionen wie Internetbrowser und Superzeitlupe für Videos. (Foto: Foto: Olympus)

Konnten manche Kameras schon zu Zeiten des herkömmlichen Films das Datum in die Aufnahmen einblenden, geht die jetzige Technik einen ganzen Schritt weiter. Sony beispielsweise bietet im GPS-CS3KA ein kleines Zusatzgerät an, das man auf Reisen mitnehmen und seine Bilder über GPS-Satelliten mit exakten Breiten- und Längengraden versehen kann. Damit können sie später automatisiert an Dienste wie Google Earth weitergegeben werden. Das etwa zigarettenschachtelgroße batteriebetriebene Gerät für das sogenannte Geotagging soll für rund 140 Euro zu haben sein.

Erste Kamera mit Internetbrowser

Kameras mit einem Chip für Drahtlos-Netzwerke (Wlan) gibt es zwar schon länger, Sonys CybershotG3 allerdings ist die erste mit einem Internet-Browser, der beliebige Adressen ansteuern kann. Über diese Software lassen sich wie von einem Computer aus Bilder auf Fotoportale oder das eigene Blog übertragen.

Casio hatte bereits vergangenes Jahr die Konkurrenz aufhorchen lassen und eine Kamera gezeigt, die nicht bloß Bilder schießt und Filmchen aufzeichnen kann, sondern auch beeindruckende Videos in Superzeitlupe. Die F1 lieferte extreme Zeitlupen mit bis zu 1200 Bildern pro Sekunde, kostete aber stolze 800Euro. Nun kommen in der FC100 und der FS10 zwei Geräte für weniger als die Hälfte dieses Preises auf den Markt, die sich davor kaum zu verstecken brauchen. Bei Extrem-Zeitlupen-Filmen etwa von platzenden Luftballons ist allerdings die Auflösung beschränkt. Filme mit 1000 Bildern pro Sekunde schaffen die Kameras nur noch mit 224mal 56 Bildpunkten. Für YouTube reicht das allerdings. Die Geräte sollen im Frühjahr auf den Markt gebracht werden.

Auf der nächsten Seite: Wie Sofortbilder ihr Comeback erleben und Kompaktkameras auch weiter entfernte Motive heranzoomen können.

Weitwinkel und Teleobjektiv für Kompaktkameras

Mit Kompaktkameras war es bisher nicht so einfach, in Innenräumen die gesamte Geburtstagsgesellschaft aufs Bild zu kriegen; aber auch weiter entfernte Motive konnte man nicht besonders nah heranzoomen. Auch das wandelt sich nun. Olympus beispielsweise bietet mit der SP-590UZ eine Kamera an, die vom Weitwinkel-Bereich bis zum extremen Teleobjektiv alles abdeckt. Ins herkömmliche Kleinbildformat umgerechnet, reicht die verfügbare Brennweite von 26bis 676 Millimeter.

Samsungs WB500 beginnt sogar schon bei 24 Millimeter, endet dafür aber bei nur 240 Millimeter. Das könnte letztlich aber die sinnvollere Alternative sein, denn ein so extremes Teleobjektiv wie das der Olympus kann man eigentlich nur am Stativ verwenden. Ansonsten kommt es zu Verwackelungen, mit denen erfahrungsgemäß auch die besten Korrekturmechanismen der Kameras nicht mehr fertig werden. Die Samsung-Kamera kann zudem auch Videos in hoher Auflösung aufzeichnen.

Revival der Polaroid-Kamera

In Polaroids PoGo-Kamera feiert schließlich auch noch das gute alte Sofortbild fröhliche Urständ. Mit Kristallen beschichtetes Papier wird dabei von einem Druckermodul ausgegeben, das direkt in die Kamera eingebaut ist. Den Drucker alleine gab es schon seit Mitte 2008, nun kommt er also auch noch mit integrierter Kamera. Die Bildqualität erinnert Testberichten zufolge an Polaroid-Bilder der siebziger und achtziger Jahre - nichts für Qualitätsfreaks, mehr ein Partyspaß.

Für alle, die es ernster meinen mit der Fotografie, kommt aber fast nur eine Spiegelreflex-Kamera in Frage. Die Mittelklasse-Modelle bieten nicht nur Mischungen aus Automatikprogrammen und manuellen Einstellmöglichkeiten und ein reichhaltiges Sortiment an Wechselobjektiven und anderem Zubehör. Sie versuchen auch wie beispielsweise Nikons D90 mit der Möglichkeit von HD-Video-Aufnahmen zusätzliche Kaufanreize zu bieten. Das ist durchaus ernstzunehmen. Amateurfilmer schätzen die guten Möglichkeiten, aufzunehmende Szenen vorab zu beurteilen. Da es für die Spiegelreflexkameras zudem auch ein großes Sortiment an Wechselobjektiven gibt, werden sie zumindest für den ambitionierteren Amateur zu einer interessanten Alternative.

© SZ vom 26.01.2009/tess - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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