Datensicherheit in Googles "Chrome":"Bequem, aber kritisch"

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Googles neuer Browser ist schnell und hat allerlei Features, die das Herz eines Surfers höher schlagen lassen. Der Sicherheitsexperte Thomas Caspers allerdings sieht ein großes Problem.

Verena Wolff

Googles neuer Browser Chrome beeindruckt Fachwelt und Nutzer. Schnell und einfach funktioniert das Programm - genau so, wie es die Entwickler angekündigt hatten. Doch Chrome hat auch eine Art Gedächtnis - die so genannte Omnibox. Das ist die Verbindung des Browsers und der Suchmaschine. Wer in das Adressfenster ein paar Buchstaben eingibt, wird mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen versorgt. Sowohl von Seiten, die als Favoriten erkannt wurden und immer wieder besucht werden, als auch von Seiten, die die Suchmaschine im Programm hat und als Möglichkeiten offeriert. Sicherheitsexperte Thomas Caspers sieht das kritisch.

Google drängt mit Chrome auf den Browsermarkt. (Foto: Foto: ddp)

sueddeutsche.de: Wie sieht es mit der Privatsphäre beim neuen Browser Google Chrome aus? Eines der Features ist die Browserzeile, die ein Gedächtnis haben soll und sich die Favoriten des Nutzers merkt.

Thomas Caspers: Zunächst durchsucht der Browser bei dieser Funktion die lokalen Favoriten und die Historie der besuchten Seiten und macht daraus ein Ranking. Dann wird eine Verbindung zu den Google-Servern hergestellt und geschaut, welches die meistbesuchten Seiten mit den entsprechenden Buchstabenfolgen sind. Da passiert eine kleine Google-Suche, die aber zunächst keine Rückschlüsse auf den Nutzer zulässt.

sueddeutsche.de: Man ist also tatsächlich anonym unterwegs?

Caspers: Nein. Google weiß schon, wonach man sucht. Und über die IP-Adresse ist ein Nutzer natürlich auch identifizierbar.

sueddeutsche.de: Aber das ist noch nicht alles?

Caspers: Google hat eine Vision: Man soll nicht nur den Browser nutzen, sondern komplett mit Google online sein. Der Browser setzt dann ein Cookie auf das System, mit dem man als Person identifizierbar wird.

sueddeutsche.de: Der User soll also die ganze Zeit namentlich angemeldet surfen?

Caspers: Ja. So wie man sich heute schon bei googlemail oder iGoogle anmeldet. Damit kann Google dann ein individuelles Profil schaffen, auf dem zum Beispiel Werbung platziert werden kann. Außerdem will das Unternehmen den Browser als Plattform nutzen, um Applikationen an den Nutzer zu bringen und ihre Anwendungen im Markt zu platzieren.

sueddeutsche.de: Also erfahren immer mehr Stellen, wo ein User im Internet unterwegs ist?

Caspers: Bisher hat nur der Provider, über den man ins Internet geht, gewusst, welche Adressen man ansteuert. In Zukunft werden das dann der Provider und Google sein. Und vielleicht viele weitere Instanzen.

sueddeutsche.de: Ist dieses virtuelle Gedächtnis also ein bedenkliches Feature?

Caspers: Es ist zunächst bequem, gibt aber Informationen preis. Daher ist es kritisch zu sehen.

sueddeutsche.de: Google wird von Datenschützern ohnehin kritisch betrachtet.

Caspers: Als internationales Unternehmen kann Google schon in Konflikt mit nationalen Datenschutzbestimmungen geraten. Sicherheitstechnisch haben sich die Entwickler mit dem neuen Browser Mühe gegeben. Gut ist, dass wir hier noch einen quelloffenen Browser bekommen und keinen weiteren proprietären, also einen mit geheimem Quellcode, wie es der Internet Explorer ist. Damit ist Google transparent und gibt Nutzern die Möglichkeit, das Produkt weiterzuentwickeln. Man merkt, dass Google das Vertrauen der Nutzer gewinnen will.

sueddeutsche.de: Gibt es noch weitere positive Merkmale aus Sicht des Datenschützers?

Caspers: Gut ist die Idee, alle Tabs gegeneinander zu isolieren und sie nicht in nur einem Prozess laufen zu lassen. So bleiben die Daten in den anderen Tabs geschützt. Das trägt zur Sicherheit des Surfens bei.

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